Man soll nicht glauben, daß man unser Heer beleidigen kann, ohne
unser Volk an der Ehre zu treffen. Schlimme Einzeltaten und maß-
nahmen hat es in jeder Armee gegeben, aber der Grundwille des Volks-
beeres lehnt sie ab. Als die Worte gesprochen wurden, daß der Geist
des Roten Kreuzes geradesogut zu einem rechten Heer gehört wie der
Offensivgeist, kam überwältigende Zustimmung gerade aus Kreisen der
Armee, und es kam die Bestätigung von christlichen Soldaten aus
Feindesland, die gegen Deutsche gekämpft haben.
„Meine Herren, unsere Soldaten haben es heute furchtbar schwer. Sie
kämpfen mit Sorgen um die Heimat, sie kämpfen mit dem Gedanken an
den Frieden und halten stand. Wir danken ihnen, wir vertrauen ihnen,
wir rufen ihnen zu: Die Heimat läßt euch nicht im Stich! Was ihr
braucht und was sie bergeben kann an Menschen, an Mitteln und Mut,
das soll euch werden.“
Die Vertreter der Majorität kamen zuerst zu Wortz sie sekundierten wie
erwartet. Nur legte Ebert Wert darauf, keinerlei Zufriedenheit mit der
bisher geleisteten Reformarbeit zu zeigen, offenbar bestrebt, vor den Massen
als der vorwärtsdrängende Arbeiterführer dazustehen. Er forderte die
Begnadigung der 1917 wegen Meuterei bestraften Matrosen, protestierte
gegen die harten Urteile, die in Finnland und Litauen gegen Sozial-
demokraten gefällt würden, und warnte die Alldeutschen, die gegen die
Regierung hetten, vor einem Volksgericht. Wohl schlug er den nationalen
Ton an, der ihm natürlich war, und bekannte sich erneut zur Landesvertei-
digung „heute wie am 4. August 1914“, aber er schloß seine Rede mit
Worten, die der ungestümen Friedenssehnsucht des Volkes bedenklich ent-
gegenkamen:
„Geht es nach unserem Willen, dann soll es nicht zum
Verzweiflungs kampf kommen .. Die erste deutsche Reichs-
leitung, in der Sozialdemokraten sitzen, soll eine Friedens-
regierung sein.
„. Was auch kommen mag, wir bleiben stehen in der Mitte Europas
als ein zahlreiches, tüchtiges, ehrliebendes Bolk. .“ Wenn die Feinde
uns „als Auswurf der Menschheit und als ihre Schuldknechte behandeln,
so rufen wir ihnen zu: Nehmt euch in acht, jede Knechtschaft hat
einmal ein Ende . Wir glauben an die Menschbeit. Er-
leben wir eine Enttäuschung, so werden wir nicht ver-
zagen, denn wir glauben an unser Volk. Zu ihm wollen
wir dann in Treue stehen, bis auch ihm die Freiheitsst unde
schlägt."
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