Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Neuntes Kapitel 
Vergebliche Versuche, den Kaiser aufklären zu lassen. 
Das Gutachten der Generale v. Gallwitz und v. Mudra 
Die Verfassungsänderungen waren in den letzten drei Tagen durch die 
drei Lesungen hindurchgebracht worden, und zwar in einer Hetze, die kaum 
mit der Verfassung und sicher nicht mit der Würde vereinbar war, 
begleitet von dem Triumphgeheul der Dolen und unter andauerndem 
Gezänk mit den Konservativen und Anabhängigen, die beide durchaus die 
Besprechung der Wilson-Note im Hlenum erzwingen wollten. 
Auf dem Wege der Verfassungsreformen konnte ich mich auch nicht 
durch den Brief des Generalfeldmarschalls aufhalten lassen, den ich in 
diesen Tagen empfing. Er appellierte an den Prinzen und Offizier, in 
keine Schmälerung der Rechte des Obersten Kriegsberrn einzuwilligen: 
„Wie soll unser bis ins innerste Mark kaisertreues Offizierkorps es hinnehmen, 
wenn sein Allerhöchster Kriegsherr in der anscheinend beabsichtigten Weise seiner 
Kommandogewalt verlustig geht? Muß es da nicht seinen Halt verlieren?“ 
Ich glaubte dem Generalfeldmarschall durch Haeften Beruhigung 
geben zu können: allen Vorschlägen war die Spitze abgebrochen, die 
geeignet waren, soldatische Gefühle zu kränken oder an dem Gefüge 
der Armee zu rühren. General Scheüch hatte mit seinem Rücktritt gedroht, 
als von der Vereidigung auf die Verfassung oder der Unterstellung des 
Chefs des Generalstabs unter den Kriegsminister die Rede war. Payer, 
ich und besonders Gröber hatten ihm nach Kräften sekundiert. 
Was dann schließlich an Anderungen übrigblieb, entsprach entweder 
dem allgemeinen Bedürfnis — schon 1908 hätte sich für die Gegenzeich 
nung kaiserlicher politischer Kundgebungen (Interviews usw.) eine Ma- 
jorität im Reichstag gefunden — oder kam sogar manchen Wünschen 
im Offizierkorps entgegen, oder stellte — wie die Gegenzeichnung der 
Ernennungen durch den Kriegsminister — einen Zustand her, wie er in der 
1 Am 26. Oktober 1918 konnte der Kriegsminister im Kabinett mitteilen, daß 
Hindenburg den Verfassungsänderungen zugestimmt habe. 
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