815. Eines Schmieds Tochter in Platten ist vom Teufel be-
sessen. (Zu Nr. 239.)
Nach „Loci theologici histori### oder Theologisches Exempel-Buch (Leipzig
1684)“ S. 137 lautet diese Sage:
Anno Christi 1559 ist dies schreckliche Ding geschehen, auf der
Platten, zwei Meilen Weges von Joachimsthal. Daselbst hat ein
Schmied eine Tochter gehabt, die fromm, züchtig und gottesfürchtig ge-
wesen, fleißig zur Kirche gegangen, hat auch das hochwürdige Sakrament
oft empfangen. Diese ist durch Verhängnis Gottes vom Teufel besessen,
ohngefähr in Fastnachten, und hat sie der böse Feind oft niedergeworfen,
als hätte sie die fallende Sucht. Die Eltern haben hierüber bei Wahr-
sagern Rat gesucht, daß der Teufel nachmals hat zu Schutz seiner Ge-
walt angezogen. Nach Ostern hat der Teufel begonnen, leibhaftig aus
der Jungfrau zu reden, hat sich in der Stube sehen lassen, wie ein
Kuckuck, Rabe, Hummel und dergleichen, auch also, wie solche Vögel
pflegen, geschrieen. Hat grausame, wunderliche Dinge aus ihr geredet,
daß nicht genugsam davon zu schreiben, und ist ein großer Zulauf vom
Volke, auch von vielen Fremden worden, diese wunderliche Dinge zu
hören. Und haben sich viele fromme Christen unterstanden, mit ihm
zu reden, denen er allen Antwort genug gegeben.
Aber die Jungfrau ist stets geduldig gewesen, hat oft selber
mit zu Gott gebetet, und wenn sie um Erlösung im Namen Jesu Christi
gerufen, hat sich bald der böse Geist wieder funden, ihr in den Augen
gesessen und dieselben aus dem Kopfe herausgetrieben, so groß wie ein
Hühnerei, die Zunge wie eine zusammengeflochtene Weide, einer Spannen
lang zum Munde herausgesteckt, auch ihr das Angesicht auf den Rücken
gewendet, also jämmerlich, daß es nicht genugsam zu beschreiben. Wenn
sie Ruhe gehabt, und man sie gefragt, wie es ihr gehe, hat sie alle-
wege geantwortet, es dünke sie, wie sie auf einem Wasser liege und
müsse ertrinken, so kämen doch allewege viel fromme Leute, die ihr
davon hülfen.
Es sind alle Priester, so des Orts umher gewesen, dahin
kommen und haben mit ihr Gespräch gehalten, denen der Teufel über
die Maßen höhnische Antwort aus der Jungfrau gegeben, und wenn
man von Christo Jesu ihn gefragt, ist er allewege auf eine höhnische
Fabel gekommen, daß es nicht gut, so spöttlich zu schreiben. Da er
auch befraget, wie er in sie gekommen, hat er gesagt: Sie habe es in
einem Trunk Bier einges , zu Fastnacht in einer Fliegen Gestalt,
denn er sei ihr zwei Jahr nachgegangen, und da die Eltern zur Wahr-
sagerin gelaufen, habe er desto besser Platz bekommen.
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