Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Am 6. Januar fand in der amerikanischen Handelsgesellschaft ein Essen 
statt, bei dem Botschafter Gerard, kürzlich von persönlicher Besprechung 
mit der Regierung in Walhington zurückgekehrt, der Welt verkündete: 
die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland seien 
nie besser gewesen. 
Am 12. Januar antwortete die Entente dem Präsidenten Wilson. Kriegs- 
ziele wurden proklamiert, wie sie die Mittelmächte nur nach einer vernich- 
tenden Niederlage annehmen konnten. Neben Räumung und Entschädi- 
gung sämtlicher besetzten Gebiete wurde die Rückgabe Elsaß-Lothringens, 
die Aufteilung Osterreich-Ungarns, die Austreibung der Türken aus 
Europa gefordert. 
Am 20. Januar erhielt ich die Nachricht, daß die Ankündigung des 
verschärften U. Bootkrieges bereits beschlossen sei. 
Am 22. Januar 1917 wurde eine neue Friedensbotschaft Wilsons ver- 
öffentlicht. Von der Plattform des amerikanischen Senats aus wurde das 
große Wort in die öffentliche Meinung der Welt geworfen: „Ein Friede 
ohne Sieg“". Das Gleichgewicht der Mächte sollte durch die Gesellschaft der 
Nationen ersect werden, der Amerika beizutreten bereit wäre. Wilson for- 
derte ferner: die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker; 
nach Möglichkeit den freien Zugang zum Meer für alle Nationen, die 
Freiheit der Meere und die Beschränkung der Rüstungen. 
Ende Januar 1917 war ich in Berlin. Ich hatte in Gefangenenangelegen- 
heiten im Kriegsministerium und im Auswärtigen Amt zu tun. Außer- 
dem wollte ich den Kanzler sprechen, um zu sehen, wie weit er bei den Be- 
mühungen um den russischen Separatfrieden meine Dienste gebrauchen 
könnte. 
Die Entscheidung über den U.Bookkrieg war gefallen: die Stimmung 
in Berlin war voller Widersprüche; Beklemmungen und Hoffnungen 
lösten sich ab, je nachdem, mit wem man sprach. 
Auf der einen Seite schwirrten die optimistischen Zahlen der Marine 
herum; mit mathematischer Präzision wurde der Monat, beinahe der Tag 
ausgerechnet, an dem England auf die Knie gezwungen wäre. 
Die Militärs zeigten dagegen keine übermütige Zuversicht; sie hatten 
in schwerer Besorgnis über die militärische Lage zum lecten Mittel ge- 
griffen. Sie glaubten daran, daß im Jahre 1917 das in Rom beschlossene 
Programm der Alliierten zur Ausführung kommen würde: eine gleich- 
zeitige Generaloffensive auf allen Fronten; dabei wurde auch mit einer 
erneuten Brussilow-Offensive gegen Osterreich gerechnet. Nach den schweren 
Erfahrungen des Sommers 1916 sei es Deutschlands Oflicht, jedes Mittel 
zu versuchen, um die Gewalt des feindlichen Ansturms zu schwächen: eine 
53
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.