Viertes Kapitel
Die Passivität der berufenen Faktoren. Neue Verbindungen
Unmittelbar nach A#berreichung unserer Note am 31. Januar 1917 war
die Gewißheit gegeben: Amerika bricht die diplomatischen Beziehungen
ab, und die Kriegserklärung ist nur eine Frage von Wochen oder Monaten.
Aber dieser Verlauf der Dinge war ja von Anfang an erwartet worden.
Es blieb nichts anderes übrig, als sich nach Kräften gegen pessimistische Ein-
flüsterungen zu wehren und zu hoffen, daß die Marine recht behalten würde.
In einem anderen wichtigen Punkte wollte ich ebenfalls nicht an die
düstere Prognose der Zentralstelle glauben. Ich hielt die Möglichkeit
eines russischen Separatfriedens noch immer für gegeben, wenn nur der
Zar zu der Einsicht gebracht werden könnte, daß der Friede die letzte
Hoffnung biete, Thron und Aeich zu rerten.
Auf der anderen Seite konnte ich nicht leugnen, daß ich durch die Erleb-
nisse der letzten Januartage in meiner ehrfürchtigen und gläubigen Haltung,
gegenüber den Lenkern unseres Schicksals erschüttert worden war. Wo
war der lange gestaltende Wille? Ich war erschrocken über die Gewichts-
verteilung, die sich zwischen staatsmännischen Erwägungen und mili-
tärischen Notwendigkeiten herausgebildet hatte. Die inneren Schwierig-
keiten in Rußland und England wurden vielleicht von der Zentralstelle
zu hoch eingeschägzt, aber ich fühlte, sie waren zu leicht befunden worden,
ohne daß man sie gebührend gewogen hatte.
Für mich ergab sich aus meinen Eindrücken eine klare Folgerung: von
dem nachdenkenden Patrioten wird beute mehr verlangt als kritiklose Ge-
folgschaft. Er ist verpflichtet, mit geschärfter Wachsamkeit die großen
kriegspolitischen Entscheidungen zu verfolgen und hat sich so umfassend
und genau zu informieren, wie es seine Stellung ermöglicht.
Ich blieb noch den Februar über in Berlin und bat Noeggerath, der
als Amerikaner dauernd mit seiner Abreise rechnen mußte, mir die gleichen
Informationsquellen zu erschließen, die ihm in den letzten Jahren zur Ver-
fügung gestanden hatten. So lernte ich eine Reihe von Herren aus dem
Nohrbachschen Kreise persönlich kennen und wurde in die Interna der
Zentralstelle für Auslandsdienst eingeweiht. Die erst zu Anfang des Krieges.
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