Gelehrten, der in der gesamten Kulturwelt das größte Ansehen ge-
noß. „Manchester Guardian“ schrieb von ihm während des Krieges:
Sein Name werde auch hbeute noch in England geliebt. Das alles stellte
man diesem Manne eindringlich vor. Nach kurzer Bedenkzeit gab er
die niederschmetternde Antwort: Es widerstrebe ihm als Zivilisten, sich
um militärische Dinge zu kümmern.
„Alle diese Erfahrungen waren dazu angetan, zur Hoffnungslofigkeit
zu stimmen. Da war im Spätjahr 1916 der Generalstäbler Oberst-
leutnant v. Haeften in Berührung mit diesem Kreis gekommen. Er
hatte mehrfach den Lektorenkonferenzen beigewohnt; ihm lag daran,
so rasch wie möglich wichtige Informationen aus der feindlichen Presse
dem General Ludendorff zuzuleiten.
„Ein Vorfall war bezeichnend. Haeften fragte die Lektoren nach der
Wirkung der belgischen Deportationen. Einer nach dem anderen
stellte den Schaden fest, den diese Maßnahmen dem deutschen Namen
gebracht, den unschätzbaren Dienst, den sie dem Feinde erwiesen hatten.
Haeften war entsett; aber sofort kam ein Aufleuchten in sein Gesicht,
das jedem Anwesenden kund tat: bier springt ein Wille auf, der Ab-
hilfe schaffen kann. „Ich bitte die Herren, Vorschläge zu machen, wie
die Maßnahmen ohne deutschen Prestigeverlust rückgängig gemacht
werden könnten.“
„Heute scheint die Aufhebung der belgischen Deportationen gesichert.
„Ihn leitete ein untrügliches Situationsgefühl im Verkehr mit der
Offentlichkeit und einzelnen Menschen. Im Gegensatz zu unseren Intel-
lektuellen verabscheute er den Hiatus, der in Deutschland zwischen Ein-
sicht und Tatentschluß zu klaffen pflegt.
„Er hatte wahrlich eine leichte und glückliche Hand. Während der
Kämpfe vor Verdun widersprachen sich wieder einmal die deutschen und
die französischen Heeresberichte über den Besitz von Fort Douaumont.
Der Korrespondent einer argentinischen Zeitung, Oberst Kinkelin, kam
zu ihm und bat ihn um die Wahrheit. Haeften ging ans Telephon,
rief in Gegenwart des Korrespondenten auf seiner direkten Leitung
das Große Hauptgquartier an, fragte nach der Verdun-Armee und ließ
sich dann mit dem Stab, der die Douaumont-Operationen leitete, ver-
binden. „Wer hält in diesem Augenblick Douaumont? fragte er. Er hörte
die Antwort und wandte sich an den Korrespondenten: Die Franzosen.““1
1 Ugl. R. Swing, „Chicago Daily News“, Ende 1917: „Dies eine Mal
wurde der rechte Mann für die außerordentlich delikate Aufgabe gefunden, mit den
neutralen Korrespondenten umzugehen. Es war Oberstleutnant v. Haeften, der vor
dem Kriege in der historischen Abteilung des Generalstabs gearbeitet hatte. Er ist
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