3. Art. 5 Abs. 2 Reichsverfass. gibt dem Präsidium in
einigen Zweigen der Gesetzgebung ein Einspruchsrecht; es kommt
also ein Bundesratsbeschluß nicht zustande, wenn die Stimme
des Präsidiums sich gegen den betr. Antrag, also für Aufrecht-
erhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.'“') Für
Neuerungen, welche Preußen befürwortet, gilt das Ausschlag-
recht Preußens demnach nicht.
Es liegen also zwei Voraussetzungen für die Annahme des
Vorschlages vor, einmal ein dafür sich erklärender Mehrheits—
beschluß des Bundesrates und dann ein nicht bestehender Wider—
spruch oder die zustimmende Erklärung des Präsidiums. 5q)
Falls Preußen nicht abstimmt, so ist der Antrag bei diesem
günstiger Stimmenmehrheit angenommen. %
a. Es kommen hier in Betracht Gesetzesvorschläge, welche
Anderungen in den bestehenden Einrichtungen des Militär-
wesens und der Kriegsmarine, 1) ferner im Zollwesen oder in
der Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes
und Tabaks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben
oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers
und Syrups herbeiführen wollen.:) Damit kann gegen den
78) Über die Wortfassung der Verfassungsurkunde in diesem Falle
äußert sich v. Martitz, S. 43, A. 36 folgendermaßen: „Das heißt unnützer
Weise Worte machen. Die Beschlüsse des Bundesrats haben immer nur
die Absicht, das Bestehende abzuändern. Beibehaltung des Bestehenden ist
nicht Objekt einer Beschlußfassung.“
79). Präsidium ist nicht der Kaiser als Organ des Reiches, sondern
die Krone Preußen. Das Vetorecht der Präsidialgewalt wird nur inner-
halb des Bundesrates geltend gemacht, aber nicht vom Kaiser gegenüber
einem Beschlusse von Bundesrat und Reichstag. (Vgl. v. Seydel, Komm.,
S. 119; Laband, Staatsr. I. S. 238; Proebst, S. 58.)
80) Es ist dies zum Unterschiede von dem vorhin erwähnten Fall des
Art. 78, Abs. 2, wo zur Durchsetzung des Antrags die Stimme des berech-
tigten Staates in der Mehrheit enthalten sein muß, besonders zu betonen.
(Vgl. den verschiedenen Wortlaut der Art. 5, Abs. 2 und 78, Abs. 2 Reichs-
verfass.) — In beiden Fällen kann von einem Sanktionsrecht weder des
Kaisers noch des Sonderberechtigten gesprochen werden.
81) Art. 5, Abs. 2 Reichsverfass.; § 6, Abs. 1. Z. 1 Geschäftsordn. f.
den Bundesrat. ·
82) Art. 5, Abs. 2 Reichsverfass., Art. 35 Reichsverfass.; § 6, Abs. 1,
Z. 2 Geschäftsordn. f. d. Bundesrat.