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und dennoch gingen sie sofort wieder auf die gefahrvolle
Reise, bis der Tag anbrach, ein wohlverdienter Ruhetag.
Am 8. Mai gingen sie wieder hinaus und holten noch
zwei Tote. Der letzte lag in einem tiefen Bachlauf und
kostete sie harte Mühe, bis er geborgen war.
Und als sie mit dem letzten Toten heimkamen, streckten
sich ihnen viele dankbare Hände entgegen.
„Bravo, Kameraden! Bravo, Kamerad Brautzsch
Der Führer Brautzsch ward nicht bloß von hoher Stelle
laut belobt, daß er in hohem Maße die soldatischen Eigen-
schaften besäse, die zur Erringung eines Sieges von ganz
außerordentlichem Werte seien. Er erhielt auch die höchste säch-
sische soldatische Auszeichnung, die St. Heinrichsmedaille.
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„Kerls, zeigt, daß ihr tapfere Sachsen seid!“
In der sogenannten Tempelhofstellung in Haudon war
es und geschah im Juni des zweiten Kriegsjahres. Da
tat der bewährte Unteroffizier Friedrich Wilbelm
Schulz beim ersten Mörserzug 202
Nr. 12, der Korps-Fernsprech-Abteilung, der Sanitäts-
Kompagnie und etwa so Mann vom Fußartillerie-Ba-
taillon Nr. 19 in Paradeaufstellung.
Der Kaiser traf 3 Uhr 30 Minuten nachmittags mit
Gefolge ein und begrüßte den Kronprinzen von Sach-
sen und Prinz Friedrich Christian, sowie den Kom-
mandierenden General General der Infanterie d'Elsa mit
besonders herzlichen Worten. Die Truppen präsentierten
und brachten ein dreimaliges Hurra aus, worauf der
Kaiser die Front der Truppen abschritt und hierbei jeden
einzelnen Truppenteil begrüßte. Anschließend fand ein ein-
maliger Vorbeimarsch statt. Infanterie in Zugkolonne,
Kavallerie in Zügen, Artillerie in Batteriefront.
Nach dem Vorbeimarsch hielt der Kaiser an die ver-
sammelten Offiziere etwa folgende Ansprache: „Es ist
mir eine große Freude, den Herren auch hier mündlich,
von Person zu Person, zu danken für das, was das
12. Armeekorps bisher Vortreffliches geleistet hat. Das
Korpo hat schwere Tage gehabt. Es hat sich heldenhaft
mit der bekannten sächsischen
Dienst als Batterieoffizier. Die Rycken-
holt-Ferme nahm er unter Feuer und
räucherte die feindliche Besatzung mit
ihren zahlreichen Maschinengewehren
heraus. Südöstlich von Ramskapelle
stopfte er einer feindlichen Batterie mit
nur fünf gutsitzenden Volltreffern die
Mäuler. Das Kriegstagebuch der Bat-
terie berichtet, daß währenddes der Zug
Schulz selber mit starkem Feuer belegt
war: 80 schwere Granaten pro Stunde.
Die Deckungen flogen auf, die Mörser
wurden verschüttet und die Leute am
Mörser verwundet. Schulz ließ weiter-
schießen, denn die Entfernung lag gut.
Wenn man so prächtig eingeschossen ist,
läßt man das Feuer nicht stopfen um
ein paar Schock Granaten, die über
der Batterie liegen.
Ein Ziegel flog Schulz an den Kopf.
Es spritzte Splitter und Steine. Er
schüttelte nur den Kopf und lachte seine
junge Mannschaft an den Grschützen
an. Sie standen ungedeckt wie er im
Schrapnellhagel. Wenn nur die Muni-
tion und die Unterkunft für die Ruhepausen bombensicher über
Tag und Trommelfeuer aushielten, dann war ihm wohl.
Den Zug Schulz hat bein Feindesfeuer stumm gemacht.
Wo einmal einer von den jungen Soldaten am Geschütz
die Wimpern zuckte, scholl es herüber, wo der Führer stand,
Unteroffizier Schulz:
„Kerlo, zeigt, daß ihr tapfere Sachsen seid!“
Der Kaiser bei den Sachsen
Den Besuch des Kaisers beim 12. Armeekorps
Mitte März lols schildert ein Bericht des 12. A.-K.:
Sämtliche verfügbaren Truppen des Korps hatten bei
einer Ortschaft in der Nähe des Korpo-Hauptquartiera
Paradeaufstellung genommen. Unter Befehl des Divisions-=
kommandeurs der 32. Infanterie-Division Generalleutnants
Edlen von der Mlanitz standen hier Abordnungen sämtlicher
Regimenter, mit Ausnahme des 2. Grenadier-Regiments
Nr. 101, dessen 1. Bataillon an anderer Stelle von Sr.
Majestät begrüßt wurde, bereit. Es befanden sich von jedem
Infanterie-Regiment 2 Kompagnien, vom Husaren-Regi-
ment 18 und 20 je 1 Eskadron, von jedem Artillerie=
Regiment 1 Batterie, ferner 1 Kompagnie des Jäger-
Bataillons Nr. 12, je ein Zug des Pionier-Bataillons
Der Kompagnie-Schneider
Zähigkeit, Aufopferung und
Unerschrockenheit unter der
Führung seines tapferen Komman=
dierenden Generals geschlagen und er-
neut unvergängliche Lorbeeren um seine
Fahnen geschlungen.
Ich werde Sr. Majestät dem König
von Sachsen Napport erstatten über die
vorzügliche Haltung der Truppen, die
ich heute als Abordnung aller Teile
des Korps gesehen habe.
Se. Majestät der König von Sach-
sen hurra! hurra! hurra!“
Der Kaiser beauftragte den Kom-
mandierenden General ausdrücklich,
daß jedem Offizier, Unteroffizier und
Mann, auch denen, die heute nicht in
Parade vor ihrem Allerhöchsten Kriegs-
herrn stehen konnten, die allerhöchste
Anerkennung, die das 12. Armeekorps
bisher durch seine kriegerische Tätig-
keit gefunden hat, bekanntzugeben sei.
Hierauf begab sich der Kaiser mitdem
Kommandierenden General und Be-
gleitung nach dem Korps-Hauptquar=
tier, um das dort auf dem Kirchplatz in Parade aufgestellte
1. Bataillon des Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm II.,
König von Preußen, Nr. 101 zu begrüßen. Auf dem
rechten Flügel stand der Kommandeur der 23. Infanterie=
Division Generalleutnant Freiherr v. Lindeman, der
Regiments-Kommandeur Generalmajor Meister und der
Führer des 1. Bataillons Major v. Zeschau. 2. und 3.
Bataillon des Regiments befanden sich zurzeit im Kampfe,
konnten daher Abordnungen nicht entsenden. Nach Präsen-
tieren und dreimaligem Hurra der Truppe schritt der Kaiser
die Front des Bataillons ab und hielt folgende An-
sprache:
„Es ist mir eine besondere Freude, nachdem ich schon
oft die Aucßzeichnung gehabt habe, mein schönes Grenadier=
Regiment Sr. Majestät dem König von Sachsen im Frie-
den vorzuführen, ein Bataillon dieses Regiments heute
hier auf feindlichem Boden, auf dem wir stehen, zu be-
grüßen. Das Regiment hat sich mit Ruhm be-
deckt und durch sein heldenhaftes Verhalten unvergäng-
lichen Lorbeer an seine Fahnen geheftet. Ich spreche euch
meine vollste Zufriedenheit aus und habe mich gefreut,
daß das Regiment auch allerhöchste Anerkennung und
Beifall Sr. Majestät des Königs von Sachsen gefunden
hat. Daß das Regiment auch fernerhin unverzagt, tapfer