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und schritt, nachdem er herzliche Worte der Begrüßung
an den kommandierenden General, General der Infanterie
d'Elsa, gerichtet hatte, die Front der Truppen ab, wobei er
jeden Truppenteil besonders begrüßte. Anschließend fand
ein einmaliger Vorbeimarsch statt, Infanterie in Zug-
kolonne, Kavallerie in Zügen, Artillerie in Batteriefront.
Nach dem Vorbeimarsch richtete der König an die
Truppen folgende Ansprache:
„Ich freue mich, hier draußen einen großen Teil der
Truppen des 12. Armeekorps begrüßen zu können. Das
Korps hat, seitdem ich es das letztemal gesehen habe,
harte Kämpfe ruhmvoll und ehrenvoll bestanden. Es drängt
mich, den tapferen Kämpfern von Craonne und den Hel-
den, die bei P. in schwerstem Artilleriefeuer ausgeharrt
und ihr Blut vergossen haben, persönlich meine vollste
Anerkennung augzusprechen. Nach glanzvoller Vergangen-
heit seit Beginn des Krieges sehe ich heute einen großen
Teil des Korps, das ich selber mehrere Jahre hindurch —
leider nur im Frieden — zu führen Gelegenheit hatte, um
mich versammelt. Wenn ich bedenke, daß die Truppe seit
nunmehr fast acht Monaten ihr Blut und Leben täglich
für das Wohl des Vaterlandes geopfert hat, so kann ich
nurmeine vollste
will ich auch äußerlich durch Verleihung von Auszeich-
nungen zum Ausdruck bringen. Ich erwarte, daß Sie
durchhalten, bis der Sieg endgültig ist!“.
Kapitänleutnant von Mücke
Zwei Tage vor Kriegsausbruch verließ der deutsche
Kreuzer „Emden“ den Kriegshafen zu Tsingtau in Ostasien
und dampfte ins Gelbe Mecr. Hier empfing der Komman-=
dant der „Emden“, Fregattenkapitän von Müller, durch
Funkspruch Mitteilung von der Kriegserklärung und bezog
sofort die erste Kriegswache auf der Brücke. In sehr
dunkler, unsichtiger Nacht, aber bei starkem Meerleuchten
stieß die „Emden“ durch die Tschuschimastraße nach Wladi-
wostok vor. Hier hatten lgo die Japaner der russischen
Flotte den Garaus gemacht. Nun fuhr das dußerste deutsche
Kriegsschiff verstohlen in finsterer Nacht diese Straße,
kriegsbereite Männer an Bord, die bloß erst vom Kriege
gegen Rußland und Frankreich wußten, Japans Tücke
noch nicht kannten. Die zweite Kriegswache der „Emden“
bezog um 12 Uhr nachts, den Kapitän ablösend, der erste
Offizier, Kapitänleutnant Hellmuth von Mücke, aus
· Zwickau in Sach-
Zufriedenheit
und meinen auf-
richtigsien Dank
für die ausge-
zeichnete Hal-
tung und die
Strammbeit
meiner TLruppen
aussprechen.
Mein Dank gilt
nicht nur denen,
die heute als Ab-
ordnung vor mir
stehen, sondern
auch allen, die
augenblicklich
nahe an dem
Feinde liegen. «
Alle Truppen haben, auch im Verein mit hervorragenden
preußischen Truppenteilen, schier Ubermenschliches
geleistet und dauernd die sächsische Waffenehre hochge-
halten. Um der Freude über die Leistungen meiner Truppen
Auedruck zu geben, habe ich beschlossen, heute eine Anzahl
Auszeichnungen zu verleihen.“
Bei jenem zweiten Besuche des Königs auf dem west-
lichen Kriegsschauplatz hatten ferner am 24. März 1915
das 2. Bataillon des Infanterie-Regiments Kronprinz
Nr. 104, eine Abordnung des 6. Feldartillerie-Regiments
Nr. 68 und ein Rekrutendepot die Ehre, besichtigt zu werden.
Damit wurde den beiden erstgenannten Truppenteilen für
ihren hervorragenden Anteil an den letzten harten Kämpfen
bei Neuve Chapelle eine besondere Ehrung erwiesen. Der
König schritt die Front der Truppen ab und zeichnete viele
Offiziere und Mannschaften durch leutselige Ansprachen
aug. Alodann richtete der König folgende Ansprache
an die Truppen:
„Es freut mich, daß ich heute Truppenteile begrüßen.
konnte, die an den jüngsten Kämpfen Anteil gehabt haben.
Trotz schwerer Verluste haben Sie unter besonders schwie-
rigen Verhältnissen im furchtbarsten Granatfeuer ausge-
halten und weit überlegenen feindlichen Kräften Trotz
geboten. Sie haben damit unseren alten sächsi-
schen Waffenruhm bewahrt und erneuert.
Ihr jungen Mannschaften vom Rekrutendepot, nehmt euch
jene Helden von Neuve Chapelle zum Vorbild, wenn ihr
demnächst zur Front kommt. Meinen königlichen Dank
S. M. Kl. Kreuzer „Emden“
sen, 1885 ge-
boren als der
zweite Sohn des
im Jahre darauf
in Halle ver-
storbenen Haupt-
mannsa.D. Kurt
von Mücke, der
1870/71 bei Se-
dan schwer ver-
wundet wurde
und als Fähn-
rich für hervor-
ragende Tapfer-
keit das Eiserne
Kreuz und die
Goldene
St. Heinrichs-
medaille erhielt. Kapitänleutnant von Mücke stand bis 4 Uhr,
ohne Verdächtiges zu sichten, und wurde wiederum vom
Kommandanten abgelöst. Kaum in seiner Kammer, hörte
Hellmuth von Mücke das Signal: Klar Schiff zum Gefecht!
Im Morgengrauen tauchte ein Schiff am Horizonte auf,
anscheinend ein russischer Kreuzer. Man stieß mit höchster
Fahrt auf ihn zu. Zum Kampfe ging's, zum Kamrfel Alle
Augen flammten. Aber der Russe drehte weg und entwich
in außerster Fahrt. „Stoppen Sie!“ flog das Signal auf
der „Emden“ hoch, und ein Signalschuß wurde gelöst.
Der Russe lief alle Knoten. Da schlug die „Emden“ einen
schärferen Ton an, Granaten vor Bug und Bord des Aus-
reißers. Auf dreitausend Meter Entfernung setzte er in
allen Toppen die russische Flagge, der russische Freiwilligen-
dampfer „Rjäsan“, in der ersten Kriegsnacht die erste Prise
der „Emden“. Auf Umwegen wurde die Beute nach Tsing-
tau geschleppt und dort der „Rjäsan“ zum deutschen Hilfs-
kreuzer armiert. Aus der deutschen Kolonie in vollem
Kriegsbetriebe und voller deutscher Begeisterung brach die
„Emden“" dann zum Südseegeschwader des Admirals Grafen
Spee auf, wurde aber bereits am 13. August von ihm
entlassen, mit dem Befehl, Kreuzerkrieg im indischen
Ozean zu führen.
Und nun begann die beispiellose Ruhmesszeit des ersten
deutschen Kaperschiffes und seiner Helden. Alle Welt er-
füllte sie mit ihren kecken Taten, und selbst die Feinde
versagten ihr nicht eine gewisse Anerkennung höchster see-
männischer Bravour. Der „vierte Schornstein“ der „Em-