Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

auf unsere ersten Posten stieß und diese mich dann weiter 
transportierten. 
Paul Hahn, 6. Komp., Ers.-Btl. 32. 
Oberst Freiherr von Düring 
Es war am Tage, als die ersten Eisernen Kreuze für 
unsere Brigade kamen. Darunter war eins für den Kom- 
mandeur und auch eins für mich. Eins — für — mich! 
Ich hatte gerade zur Division reiten müssen, weil die 
Sprechdrähte wieder zerschossen waren. Und wie ich zurück- 
kam, da überreichte es mir mein Oberst mit Worten, die 
zu schön waren für meine Taten. 
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Und langsam stand er auf und ging tiefer in den Wald 
zurück. Er hatte baltes Blut, unser Kommandeur. 
Tags drauf sollte vor unserer Stellung ein Wald ab- 
gebrannt werden, der das Schußfeld zu sehr behinderte. 
Mein Oberst wollte dabei sein. 
Der dicke Qualm verriet dem Feinde unser Vorhaben 
— drei Lagen Granaten legte er in den Waldrand. 
Ein Eisenfetzen zerschmetterte meinem Kommandeur 
den Schädel. Er war sofort tot. 
Wir alle haben seinen Heldentod betrauert. 
Er war ein tapferer Soldat und em guter Mensch. 
Ihr habt ihn ja auch gekannt, Kameraden! 
Georg Haupt-Heydemark, 
  
Und erst nachdem er es mir 
angelegt hatte — da erst zog 
er sein Kreuz aus der Tasche 
und sagte: „So — jetzt darf 
ich meins auch tragen!“ 
Ich bin in meinen Unter- 
stand gegangen, um allein zu 
sein. Es gibt Geschehnisse, die 
zwei Menschen fester zusam- 
menkitten, als Blut es kann. 
Zwei Wochen danach ver- 
lieh ihm der Kommandierende 
General im Namen Seiner 
Majestät des Kaisers das 
Eiserne Kreuz Ersier. V 
Ich brachte es ihm von mel- 
nem Verbindungsritt zur Divi- 
sion mit und durfte es ihm in 
die Hand kegen. 
Er war erschüttert. 
„Das — das habe ich 
noch nicht verdient,“ stieß er 
hervor. 
Und tags drauf hatte er's. 
* * 
Er war tapfer, mein Oberst. 
Vormittag und Nachmittag 
vorn im Graben. 
Einen Tag vor seinem Tode 
standen wir beide am Wald- 
rand und beobachteten mit dem 
Glase die feindliche Stellung. 
  
  
Zum Gedächtuis an 
Erstarb für sein Laterlaud 
Brigadeadjutant. 
„Ich bin ein sächsischer 
Pionier!" 
Um die feindliche Artillerie= 
stellung bei K. zu erkunden, 
wurden mehrere freiwillige Pa- 
trouillen der 1. Kompagnie des 
sächsischen Pionier-Bataillons 
Nr. 22 vorgeschickt. Mit großen 
Zwischenräumen schlichen sie 
sich an den Gegner heran; 
80 Meter von den feindlichen 
Gräben entfernt, wurden sie 
heftig beschossen, so daß sie sich 
hinlegen mußten. Da das Feuer 
nicht nachließ, gab der Führer 
der einen Patrouille den Befehl 
zurückzugehen, um die Erkun- 
dung an anderer Stelle erneut 
zu versuchen. Dieser Befehl er- 
reichte jedoch den Gefreiten der 
Reserve Strobel aus Naum- 
burg a. d. Saale nicht, da er zu 
weit von den Kameraden ent- 
fernt lag. Er hatte sich etwa 
30 Meter vor der feindlichen 
Stellung mit seinem Seiten- 
gewehr eingegraben. Bei Nach- 
lassen des Feuers schlich er sich 
weiter vor und nahm in einem 
  
  
„Penk, penk!“ 
Ein Scharfschütze versuchte 
uns abzuschiessen. 
„Herr Oberst, die drüben haben uns gesehen — wir 
wollen weiter!“ 
Er schüttelte lächelnd den Kopf. 
„Nein!“ 
Gut, ich schwieg. 
„Tüüuh — tack!“ 
Ein paar kleine Aste fielen neben uns von der Kiefer 
herunter. 
Er nahm das Glas nicht vom Auge. Ich hütete mich, 
ihm noch etwas zu sagen. Es hätte wie Feigheit ausgesehen. 
„Tjüuhl! Ffft!“ 
Einen Schritt links von uns spritzten die Kiefernnadeln 
auseinander — im schwarzen Waldboden ein kleines Loch. 
Er sah mich an. 
„Nanu? Was war das?“ 
Ich wies nach drüben. 
„Der Knallmar hat uns auf dem Korn, Herr 
Oberst!“ 
„Sol — Na, dann wollen wir lieber weiter!“ 
Das sächsische Gedenkblatt für gefallene Krieger 
Granatloch Deckung, eine mit- 
gebrachte Sprengladung vorzu- 
bereiten. Gerade als er diese 
einlegen wollte, erhielt er einen Knochenschuß in den linken 
Unterarm. Trotzdem sprang er vor, warf die Ladung 
in den feindlichen Graben und kroch dann in ein Granat- 
loch, wo er sich verband. An dem Schreien und Stöhnen 
im feindlichen Graben konnte er merken, daß er gut ge- 
troffen hatte. Mählich schwand ihm das Bewußtsein. Als 
Strobel wieder zu sich kam, graute der Morgen. Beim 
Zurückkriechen geriet er an einen Schützengraben, den er 
für einen deutschen hielt. Auf seinen Zuruf: „Schießt 
nicht Kameraden, ich bin ein sächsischer Pio- 
nier“, empfing ihn heftiges Feuer. Glücklicherweise fand 
er das ihm zur Deckung dienende Granatloch wieder. 
Hier hielt er sich den Tag über auf und trat in 
der Dämmerung den richtigen Weg zu seiner Kom- 
pagnie an. . 
Sofort nach seiner Meldung beim Kompagniechef wurde 
Strobel zum Brigadekommandeur gerufen, der ihm in An- 
erkennung seines wackeren Verhaltens sein eigenes Eisernes 
Kreuz überreichte.
	        
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