Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

war, blieb eine einheitliche artilleristische Abwehr zunächst 
unmöglich. Auch der Angriff vom Infanterieregiment 103 
wurde schon beim Anheben im Mittelwald zerschlagen. Der 
Feind hatte in der Nacht seine vorderste Linie stark aus- 
gebaut. Die Verbindung mit der 214. Infanteriedivision 
rechts riß ab. Dort erstürmte das sächsische Infanterieregi- 
ment 177 um diese Zeit — Vormittag des 18. April — 
gerade den Hochberg wieder und hielt Pöhl- und Keilberg 
gegen französische Angriffe. 
Infanterieregiment 107 hielt unentwegt Aubérive weiter. 
Erst in der folgenden Nacht räumte es den doppelt um- 
faßten Ort und besetzte den Stengelgraben nördlich davon. 
Reserve-Infanterieregiment 103, nur noch 450 Gewehre 
stark, gab am 18. weiter nach, hielt aber die Reserve-1- 
Stellung. Ebenso hielt Infanterieregiment 106, noch s40 
Gewehre stark, Granatlöcher rechts vorwärts von Reserve- 
Infanterieregiment 103. 
Da traf im Laufe des 18. April das Grenadierregiment 
101, als Vorhur der 23. Infanteriedivision, in der Re- 
serve-1-Stelbung ein. An diesem Tage mußte auch die 
Rückverlegung der wenigen, noch vorhandenen Kampfbatte- 
rien der 53. Infanteriediovision eingeleltet werden. 
In der Nacht zum 19. April baute sich der Feind auf dem 
Pöhlberg im Abschnitt der 214. Infanteriedivision ein. Die 
Lage der §8. Infanteriedivision wurde dadurch noch mehr 
erschwert. Die 23. Infanteriedivision sollte durch Gegen- 
angriff Entlastung bringen. Sie übernahm den Befehl zu- 
nächst im rechten Drittel des bisherigen Abschnittes der 
58. Infanteriedioision. Das Weitere über die Tätigkeit der 
23. Infanteriedivision ist bei deren Geschichte ausgeführt. 
Als im Laufe des Tagec der ganze Abschnitt unter den Be- 
fehl der 23. Infanteriedivision trat, sammelten sich die 
Trümmer der §8. Infanteriedivision nach und nach in der 
Reserve-2-Stellung, die Versprengten in Bethénioille, 
einzelne tapfere Kampfgruppen schlossen sich den Regi- 
mentern der 23. Infanteriediolsion an und harrten weiter 
in der Feuerhölle westlich von Aubérive aus. Was an 
Material noch zu bergen war, wurde in der folgenden Nacht 
zurückgeführt. , 
Am 20. April hielten die beiden Sachsendivisionen, stark 
vermischt, noch das Gelände vom Osthang des Pöhlbergs 
bis zur Suippes. Am Nachmittag erfolgte wieder ein zu- 
sammenhängender Angriff auf der ganzen Front. Nach 
zäher Gegenwehr gaben einige Kampfgruppen am Mittel- 
wald nach. Endlich am Abend des 21. April kam Befehl 
zum beschleunigten Herausziehen der 38. Infanteriedivision. 
Zuerst gelang es Reserve-Infanterieregiment 103, In- 
fanterieregiment lob und die Sturmtrupps der Oivision 
zurückzjunehmen. Am 24. April übergab auch Infanterie- 
regiment 107 seinen tapfer verteidigten Stengelgraben. Die 
Truppen biwakierten zunächst in den Waldstücken südlich 
von La Neuville. Dann marschierten sie nach den Einlade- 
bahnhöfen nordwestlich von Vouziers. An der Front trat 
überraschend schnell vollste Ruhe ein. Auch der Feind war 
auf das Außerste erschöpft. 
Am 25. April trat die Division die Fahrt nach dem Östen 
an. Ihr tapferes Ausharren in der schwerumkämpften 
Bergfront westlich von Aubérive hatte die Anerkennung des 
Königs und Armee-Oberbefehlshabers gefunden. Ihre Ver- 
luste an Menschen und Material waren leider sehr hoch. 
Über Koblenz—Torgau—Glogau traf sie gegen Ende 
April in Brest-Litowsk ein. 
9. In Rußland 
vom Anfang Mai bis Anfang Öktober 10917 
Siehe Skizze 78 auf Seite 104, 
Die Division versammelte sich in den ersten Maitagen 
1917 in und um Brest-Litowsk, dem Hauptquartier von 
147 
Oberost. Die Dioision wurde der Heeresgruppe Linsingen 
überwiesen und sollte zunächst die frisch aufgefüllten Ver- 
bände zu einer Kampftruppe zusammenschweißen. Dazu 
waren etwa 14 Ubungstage in Aussicht gestellt worden, aber 
bereits am 12. Mai wurde die Division über Grodno und 
Wilna zur zehnten Armee der Heeresgruppe Eichhorn ge- 
fahren. Dort ging sie südlich des Narotschsees sofort in 
Stellung. Sie übernahm den Abschnitt von Schemo, löste 
dort die 121. Infanteriedivision ab und erhielt die 9. 
Landwehr-Infanteriebrigade zugeteilt. Diese bildete den 
rechten Abschnitt der Division zwischen Wischnewsee und 
Ostupibruch. Von dort bis zum Narotschsee sicherte die 
116. Infanteriebrigade, rechts Infanterieregiment 106, 
Mitte Infanterieregiment 107 und links Reserve-Infanterie- 
regiment 103. Südlich grenzte die Division an die sächfische 
123. Infanteriedivision, nördlich an die 31. Infanteriedivi- 
sion an. Sie unterstand dem XXI. Armeekorps in L##ntupy. 
Jedes Regiment hatte zwei Bataillone vorn, das dritte 
ruhte 14 Tage und benutzte die Zeit zur Ausbildung. Vor 
der Front befand sich ein elektrisch geladenes Fronthindernis. 
Es herrschte Ruhe. ODie Zersetzung der russischen Armee 
machte sichtlich Fortschritte. Befehlsgemäss war jeder Zu- 
sammenstoß mit dem Feinde zu vermeiden. So fand die 
Dioision Jeit, um an der Wiederherstellung ihrer Kampf-= 
kraft tüchtig zu arbeiten. Herrliches Maiwetter machte den 
Aufenthalt in der waldreichen Umgebung der großen Binnen- 
seen anziehend. Die Dürre verursachte mehrere große Brände 
in Wäldern und den belegten Dörfern. Die Instandhaltung 
der tiefsandigen Wege erforderte viel Arbeit. Die feind- 
liche Artillerie schoß Ende Mai häufiger, zu anhaltender Er- 
widerung fehlte die Munition, die deutscherseits im Westen 
dringend gebraucht wurde. 
Anfang Juni wurde das Rekrutendepot der §8. Infan-- 
teriedivision demjenigen der zehnten Armee überwiesen und 
die Sturmabteilung der Division in eine Kampfschule für 
Nahkampfmittel umgewandelt. Sägewerke, Köhlereien, Ge- 
müsebau und Meiereien, Fischzucht und Fettschmelzen sorgten 
für den wachsenden Bedarf der Heimat. 
Waldbrände, durch Brandgeschosse hervorgerufen, brachen 
beiderseits der Front in dem heißen Sommer 1917 mehr- 
fach aus. Jagdkommandos mußten zur Unterdrückung des 
Bandenwesens im Etappengebiet abgegeben werden. 
Am 9. April suchte Se. Majestät der König die Division 
auf. Bald darauf wurde es lebhafter an der Front. Die feind- 
liche Artillerie schoß häufiger, aber scheinbar planlos. In 
der Nacht zum 22. Juli stieß der Feind sogar in die Gräben 
zwischen 6. und 7. Kompagnie Reserve-Infanterieregiments 
103 vor, wurde aber sofort wieder verjagt. Lebhafter ging es 
weiter südlich zu. Deshalb wurden Negimentsstab 106, 
I. Bataillon Infanterieregiments 106 und II. Bataillon In- 
fanterieregiments 107 am 22. Juli, tags darauf auch I. Ba- 
taillon Reserve-Infanterieregiments 103 und Pionierkom= 
pagnie 115 nach bedrohten Frontstellen mit der Bahn ge- 
fahren. I. Bataillon Infanterieregiments 106 kehrte schon am 
31. Juli zurück, die übrigen Truppen erst sehr viel später, 
II. Bataillon Infanterieregiments 107 am 21. August, 
I. Bataillon Reserve-Infanterleregiments 103 verblieb bis 
Anfang Oktober beim III. Reservekorps. 
Mitte August schwoll das feindliche Artilleriefeuer wiede: 
an. Auch Patrouillen wagten sich vor. In der Nacht zum 
10. August fand deshalb ein stärkeres Gasschießen deutscher- 
seits statt, das seinen starken Eindruck auf die Russen nicht 
verfehlte. Das feindliche Feuer unterblieb fortan. Uber= 
läufer trafen zahlreicher ein. Sie berichteten von dem zu- 
nehmenden Friedenswillen des russischen Feldheeres, das 
mit Kerenski, der den Krieg neu beleben wokle, unzufrieden 
sei. So blieb es bis Ende September an der ganzen Divi- 
sionsfront ruhig. Am 30. September ging der Befehl zur 
Überführung der Dioision nach Flandern ein. Bis -. Oktober 
10“
	        
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