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war etwa 6 Meter breit, sehr tief, seine Ufer weithin völlig
versumpft. Ein § Meter breites Drahthindernis lag jenseits
des Bacho vor der durchlaufenden Neustellung der Eng-
länder. Sogar diesseits des Baches hielten sich an einzelnen
Stellen noch englische Maschinengewehrnester. Betonierte
Blockhäuser machten die Stellung hinter dem Steenbach
zunächst unüberwindlich, bis schwere Artillerie heran war,
um die einzelnen Blockhäuser zu zerstören. Dazu wurden
vier schwere Haubitzbatterien für nötig erachtet; die aber
waren nicht vorwärts zu schaffen. So mußte auch der für
den 18. April befohlene Infanterleangriff abbefohlen werden.
Die 83. Infanteriedivision links rückwärts versagte in dem
furchtbaren Trichtergelände vollständig. Ihre Regimenter
mußten, stark erschöpft, am Abend des 18. April bis West-
roosebeeke und Houthoulster Wald zurückgenommen werden.
Bei einem Regiment zeigte sich offene Widerspenstigkeit.
Leute entfernten sich aus den Reihen.
Am Steenbach bam die kurze Offensive nunmehr zum
Stehen. Der Ubergang zur Abwehr gelang trotz unmittel-
barer Kampfberührung mit dem rührigen Feind. Seit
2 . Februar in Stellung, seit 16. März im Kampfe, erlitt
die Truppe in dem unwirtlichen Gelände ohne Dach und
Fach im nassen Flandernnachwinter schnell Einbuße an ihrer
Kampfkraft. Doch blieb die Stimmung ausgezeichnet.
Am 2". April nahm der linke Flügel der vierten Armee
den Angriff wieder auf. Da zu hoffen war, daß der Feind
auch nördlich von Ypern weiter zurückgehen würde, mußte
sich die Division zu neuem Vorgehen bereithalten. In der
Nacht zum 27. April drangen Stoßtrupps des Infanterie-
regiments 107 über den Steenbach vor. Im Laufe des 27.
folgte das ganze Regiment. Oie beiden anderen Regimenter
fanden weiter rechts noch zähen Widerstand. Erst am
29. April stürmte Neserve-Infanterieregiment lo## die Stütz-
punkte vor seiner Front, die Belgier vom 10. Regiment zäh
verteidigten. 675 Tote beerdigten die Vorfeldtrupps in
den nächsten Tagen, die dort inmitten der bisherigen Feindes-
front seit Wochen und Monaten lagen, ein Zeichen der un-
glaublichen Gemütsroheit unsrer Gegner.
Wieder kam das Vorgehen ins Stocken. Die bisherigen
Verluste wurden durch 314 Mann Ersatz vom Rekruten-
depot ersetzt, aber die mangelnde Körperpflege drückte nun-
mehr sichtlich auf den Gesundheitszustand der braven In-
fanterie. Trotzdem hielt sie zäh an dem Offensivgedanken
fest. Am s. Mai gelang wieder ein Ruck nach vorwärts,
aber der Wille des Gegners, weiter am Steenbach stand-
zuhalten, war nicht zu brechen.
Vom 12. Mai ab löste die 49. Reservedioision endlich die
58. Infanteriedioision ab. Diese fand hinter der Front um
Isegem burze Ruhe, ergänzte sich aus dem Rekrutendepot
(3109 Mann) und wurde dann vom 17. Mai ab dem X.
Reservekorps in den Naum von Tourcoing zugeführt. Vor
der Abfahrt begrüßte die tapferen Truppen Se. Majestät
der König bei Isegem. Feindliche Flieger warfen dabei
mehrere Bomben ab, die aber als Blindgänger keinen
Schaden anrichteten. Auch der bommandierende General des
Gardekorps sprach den Truppen der Dioision seine vollste
Anerkennung aus. "
Bei der neuen Gruppe wurde die Division sofort wieder
eingesetzt, und zwar in dem besonders wichtigen Kemmel-
abschnitt westlich von Wytschaete,
Sachsenblut hatte fließen sehen.
der auch sehon viel
11. Am Kemmel
vom 20. Mai bis 24. August 1918
Siebe Skizze 21 auf Seite 40
Wie im allgemeinen Teil näher ausgeführt ist, hatte im
April der deutsche Vorstoß gegen die Kanalbäfen auf dem
rechten Flügel zur Einnahme des beherrschenden Kemmel-
berges geführt. Darüber hinaus war es aber nicht ge-
lungen, den deutschen Angriff vorzutragen. Seitdem ruhte
dort der Kampf bis zum Eintreffen der §8. Infanterie-
division nicht mehr.
Ihr Einsatz am Kemmel gestaltete sich besonders schwierig,
da gleichzeitig Teile zweier Dlvisionen abzulösen waren und
ein neuer Divisionsabschnitt gebildet werden mußte.
Am ersten Ablösungstag, dem 20. Mai, griff der Fran-
zose am Kemmel an. In der Nacht darauf rückte Infanterie-
regiment 106 dorthin vor. Der junge Ersatz, der eben erst
eingestellt war, hielt sich gut. ODie kurze Nast einiger Tage
hatte bei der Truppe vorzüglich gewirkt. Die Stimmung
war zuversichtlich.
Infanterieregiment 107 und Reserve-Infanterieregiment
103 bezogen in den folgenden Nächten ihre Stellungen. Die
Division kam nach Bousbecque und übernahm am 24. Mai
den Befehl im Abschnitt. Am 27. Mai nahm das II. Bataillon
Reserve-Infanterieregiments 103 an einem Angriff der linken
Nachbardivision teil. II. und III. Bataillon Infanterieregi-
ments 106, die am Kemmel selbst in der nie ruhigen Kampf-
stellung lagen, wurden am 20. Mai durch I. und III. Ba-
taillon Infanterieregiments 107 abgelöst. Sie hatten er-
heblich gelitten. Zudem brach bei Infanterieregiment 105
die Grippe aus. Das Regiment bedurfte dringend der Ruhe,
auch das I. Bataillon, das am 30. Mai auch vorn ab-
gelöst werden mußte. Die hygienisch vernachlässigte Stellung
am Kemmel wurde von den ordnungsliebenden Sachsen bald
wieder gesäubert und erträglich gemacht.
Am 4. Jum machte Reserve-Infanterieregiment 103 einen
Vorstoß bis zum Kemmelbach, wobei Gefangene von zwei
französischen Divisionen eingebracht wurden. Bis zum
14. Juni wurde die Division zu einer vierzehntägigen Er-
bolung aus der Stellung gezogen und in Quartiere um
Menin und Kortryk verlegt. Der Krankenstand ging als-
bald erfreulich zurück. Die Ausbildung wurde nachdrücklichst
gefördert, besonders der Schießbienst.
Zwischen 20. Juni und 1. Juli übernahm die Dioision
wieder den Kemmelabschnitt und einen Teil des links an-
schließenden Abschnitts, dazu trat das 21. bayerische Reserve-
Infanterieregiment vorübergehend zur Division. Von rechts
nach links standen bayerisches Reserve-Infanterieregiment
21, Infanterieregiment 107, Infanterleregiment 106, Re-
serve-Infanterieregiment 103.
Vor der Front befanden sich zwei französische und eine
englische Division, die gleichzeitig wie die 58. Infanterie-
division in die Kemmelfront einrückten. Das stellte ein
Soldat vom Infanterieregiment 107, Stemmier, fest. Er
schlich sich bei hellem Tage, 7 Uhr vormittags, an die feind-
liche Stellung heran und holte drei dort schlafende Engländer
als Gefangene heraus. Er erhielt das Eiserne Kreuz 1. Klasse.
Ebenso holte der Vize-Feldwebel Lehmann der 6. Kompagnie
Infanterieregiments 107 am 21. Juli mit zwei Mann
bei hellem Tageslicht sieben Engländer der 41. Infanterie-
division aus dem feindlicher Vorfeld.
Die Kriegslage blieb den ganzen Juli über gespannt.
Beide Parteien erwarteten den Angriff und sicherten sich
durch rege Wachsamkeit dagegen. Der schwere Dienst drückte
den Gesundheitszustand wieder herab. Das bayerische Re-
serve-Infanterieregiment 21 mußte Ende Monats wegen
starker Grippe herausgezogen werden. An seine Stelle trat
Reserve-Infanterieregiment 103. Auch Infanterieregiment
107, das drei Wochen lang allein den Kemmel gehalten
hatte, wechselte nunmehr mit Infanterieregiment 106, bis-
her links von ihm, ab. Die Kampfstimmumg blieb rege.
Patrouillen erbrachten weiterhin schöne Erfolge, so hob eine
Patrouille von Reserve-Infanterieregiment 103 am 30. Juli,
die unter Leutnant der Reserve Janssen im Getreide vor-
kroch, drei Engländer aus. Die Engländer lösten im Ver-
lauf des Juli die Franzosen dort ab.