Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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war etwa 6 Meter breit, sehr tief, seine Ufer weithin völlig 
versumpft. Ein § Meter breites Drahthindernis lag jenseits 
des Bacho vor der durchlaufenden Neustellung der Eng- 
länder. Sogar diesseits des Baches hielten sich an einzelnen 
Stellen noch englische Maschinengewehrnester. Betonierte 
Blockhäuser machten die Stellung hinter dem Steenbach 
zunächst unüberwindlich, bis schwere Artillerie heran war, 
um die einzelnen Blockhäuser zu zerstören. Dazu wurden 
vier schwere Haubitzbatterien für nötig erachtet; die aber 
waren nicht vorwärts zu schaffen. So mußte auch der für 
den 18. April befohlene Infanterleangriff abbefohlen werden. 
Die 83. Infanteriedivision links rückwärts versagte in dem 
furchtbaren Trichtergelände vollständig. Ihre Regimenter 
mußten, stark erschöpft, am Abend des 18. April bis West- 
roosebeeke und Houthoulster Wald zurückgenommen werden. 
Bei einem Regiment zeigte sich offene Widerspenstigkeit. 
Leute entfernten sich aus den Reihen. 
Am Steenbach bam die kurze Offensive nunmehr zum 
Stehen. Der Ubergang zur Abwehr gelang trotz unmittel- 
barer Kampfberührung mit dem rührigen Feind. Seit 
2 . Februar in Stellung, seit 16. März im Kampfe, erlitt 
die Truppe in dem unwirtlichen Gelände ohne Dach und 
Fach im nassen Flandernnachwinter schnell Einbuße an ihrer 
Kampfkraft. Doch blieb die Stimmung ausgezeichnet. 
Am 2". April nahm der linke Flügel der vierten Armee 
den Angriff wieder auf. Da zu hoffen war, daß der Feind 
auch nördlich von Ypern weiter zurückgehen würde, mußte 
sich die Division zu neuem Vorgehen bereithalten. In der 
Nacht zum 27. April drangen Stoßtrupps des Infanterie- 
regiments 107 über den Steenbach vor. Im Laufe des 27. 
folgte das ganze Regiment. Oie beiden anderen Regimenter 
fanden weiter rechts noch zähen Widerstand. Erst am 
29. April stürmte Neserve-Infanterieregiment lo## die Stütz- 
punkte vor seiner Front, die Belgier vom 10. Regiment zäh 
verteidigten. 675 Tote beerdigten die Vorfeldtrupps in 
den nächsten Tagen, die dort inmitten der bisherigen Feindes- 
front seit Wochen und Monaten lagen, ein Zeichen der un- 
glaublichen Gemütsroheit unsrer Gegner. 
Wieder kam das Vorgehen ins Stocken. Die bisherigen 
Verluste wurden durch 314 Mann Ersatz vom Rekruten- 
depot ersetzt, aber die mangelnde Körperpflege drückte nun- 
mehr sichtlich auf den Gesundheitszustand der braven In- 
fanterie. Trotzdem hielt sie zäh an dem Offensivgedanken 
fest. Am s. Mai gelang wieder ein Ruck nach vorwärts, 
aber der Wille des Gegners, weiter am Steenbach stand- 
zuhalten, war nicht zu brechen. 
Vom 12. Mai ab löste die 49. Reservedioision endlich die 
58. Infanteriedioision ab. Diese fand hinter der Front um 
Isegem burze Ruhe, ergänzte sich aus dem Rekrutendepot 
(3109 Mann) und wurde dann vom 17. Mai ab dem X. 
Reservekorps in den Naum von Tourcoing zugeführt. Vor 
der Abfahrt begrüßte die tapferen Truppen Se. Majestät 
der König bei Isegem. Feindliche Flieger warfen dabei 
mehrere Bomben ab, die aber als Blindgänger keinen 
Schaden anrichteten. Auch der bommandierende General des 
Gardekorps sprach den Truppen der Dioision seine vollste 
Anerkennung aus. " 
Bei der neuen Gruppe wurde die Division sofort wieder 
eingesetzt, und zwar in dem besonders wichtigen Kemmel- 
abschnitt westlich von Wytschaete, 
Sachsenblut hatte fließen sehen. 
der auch sehon viel 
11. Am Kemmel 
vom 20. Mai bis 24. August 1918 
Siebe Skizze 21 auf Seite 40 
Wie im allgemeinen Teil näher ausgeführt ist, hatte im 
April der deutsche Vorstoß gegen die Kanalbäfen auf dem 
rechten Flügel zur Einnahme des beherrschenden Kemmel- 
berges geführt. Darüber hinaus war es aber nicht ge- 
lungen, den deutschen Angriff vorzutragen. Seitdem ruhte 
dort der Kampf bis zum Eintreffen der §8. Infanterie- 
division nicht mehr. 
Ihr Einsatz am Kemmel gestaltete sich besonders schwierig, 
da gleichzeitig Teile zweier Dlvisionen abzulösen waren und 
ein neuer Divisionsabschnitt gebildet werden mußte. 
Am ersten Ablösungstag, dem 20. Mai, griff der Fran- 
zose am Kemmel an. In der Nacht darauf rückte Infanterie- 
regiment 106 dorthin vor. Der junge Ersatz, der eben erst 
eingestellt war, hielt sich gut. ODie kurze Nast einiger Tage 
hatte bei der Truppe vorzüglich gewirkt. Die Stimmung 
war zuversichtlich. 
Infanterieregiment 107 und Reserve-Infanterieregiment 
103 bezogen in den folgenden Nächten ihre Stellungen. Die 
Division kam nach Bousbecque und übernahm am 24. Mai 
den Befehl im Abschnitt. Am 27. Mai nahm das II. Bataillon 
Reserve-Infanterieregiments 103 an einem Angriff der linken 
Nachbardivision teil. II. und III. Bataillon Infanterieregi- 
ments 106, die am Kemmel selbst in der nie ruhigen Kampf- 
stellung lagen, wurden am 20. Mai durch I. und III. Ba- 
taillon Infanterieregiments 107 abgelöst. Sie hatten er- 
heblich gelitten. Zudem brach bei Infanterieregiment 105 
die Grippe aus. Das Regiment bedurfte dringend der Ruhe, 
auch das I. Bataillon, das am 30. Mai auch vorn ab- 
gelöst werden mußte. Die hygienisch vernachlässigte Stellung 
am Kemmel wurde von den ordnungsliebenden Sachsen bald 
wieder gesäubert und erträglich gemacht. 
Am 4. Jum machte Reserve-Infanterieregiment 103 einen 
Vorstoß bis zum Kemmelbach, wobei Gefangene von zwei 
französischen Divisionen eingebracht wurden. Bis zum 
14. Juni wurde die Division zu einer vierzehntägigen Er- 
bolung aus der Stellung gezogen und in Quartiere um 
Menin und Kortryk verlegt. Der Krankenstand ging als- 
bald erfreulich zurück. Die Ausbildung wurde nachdrücklichst 
gefördert, besonders der Schießbienst. 
Zwischen 20. Juni und 1. Juli übernahm die Dioision 
wieder den Kemmelabschnitt und einen Teil des links an- 
schließenden Abschnitts, dazu trat das 21. bayerische Reserve- 
Infanterieregiment vorübergehend zur Division. Von rechts 
nach links standen bayerisches Reserve-Infanterieregiment 
21, Infanterieregiment 107, Infanterleregiment 106, Re- 
serve-Infanterieregiment 103. 
Vor der Front befanden sich zwei französische und eine 
englische Division, die gleichzeitig wie die 58. Infanterie- 
division in die Kemmelfront einrückten. Das stellte ein 
Soldat vom Infanterieregiment 107, Stemmier, fest. Er 
schlich sich bei hellem Tage, 7 Uhr vormittags, an die feind- 
liche Stellung heran und holte drei dort schlafende Engländer 
als Gefangene heraus. Er erhielt das Eiserne Kreuz 1. Klasse. 
Ebenso holte der Vize-Feldwebel Lehmann der 6. Kompagnie 
Infanterieregiments 107 am 21. Juli mit zwei Mann 
bei hellem Tageslicht sieben Engländer der 41. Infanterie- 
division aus dem feindlicher Vorfeld. 
Die Kriegslage blieb den ganzen Juli über gespannt. 
Beide Parteien erwarteten den Angriff und sicherten sich 
durch rege Wachsamkeit dagegen. Der schwere Dienst drückte 
den Gesundheitszustand wieder herab. Das bayerische Re- 
serve-Infanterieregiment 21 mußte Ende Monats wegen 
starker Grippe herausgezogen werden. An seine Stelle trat 
Reserve-Infanterieregiment 103. Auch Infanterieregiment 
107, das drei Wochen lang allein den Kemmel gehalten 
hatte, wechselte nunmehr mit Infanterieregiment 106, bis- 
her links von ihm, ab. Die Kampfstimmumg blieb rege. 
Patrouillen erbrachten weiterhin schöne Erfolge, so hob eine 
Patrouille von Reserve-Infanterieregiment 103 am 30. Juli, 
die unter Leutnant der Reserve Janssen im Getreide vor- 
kroch, drei Engländer aus. Die Engländer lösten im Ver- 
lauf des Juli die Franzosen dort ab.
	        
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