Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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Tardenois — Ville en Tardenois bezogen. Die Bewegung 
vollzog sich glänzend, an bedrohtester Stelle zwischen Chäteau 
Thierry und Fere en Tardenois bewegte sich die 23. In- 
fanteriedivision, die unerschüttert über die Marne zurück- 
gelangt war. Sie nahm vom 24. Juli ab die 24. Reserve- 
division bei Fère en Tardenois auf. Die letztere Dioision 
hat dann bis Ende August unter schwierigsten Verhältnissen 
die Wacht an der Vele gehalten. 
Der Endkampf 
Der „schwarze Tag des deutschen Heeres“, der 8. August 
lols, begann mit dichtem Nebel über den Wasserläufen 
zwischen Albert und Moreuil. Nach bünstlicher Verstärkung 
desselben griffen Engländer und Franzosen mit starken 
Tankgeschwadern, im übrigen aber mit keiner großen Über- 
legenheit, an. Zwischen Somme und Lucebach drangen sie 
tief in unsere Front ein. Die dort stehenden Diolsionen 
ließen sich vollständig überrennen. Südwärts wurde die 
Stellung bis Moreuil sehr bald aufgerollt. Dort gebot das 
sächsische Infanterieregiment 170 dem feindlichen Überfall 
Halt, sein Kommandeur, Oberstleutnant v. d. Bussche, er- 
bielt dafür den hohen preußischen Orden pour le merite. 
Nördlich der Somme wurde der Angriff der Engländer 
abgewiesen. Im Verlaufe des 8. und 9. Augusts gelang 
es, den Stoß beiderseits des Lucebachs aufzufangen etwa in 
Linie westlich Braye—Lisons— Arvillers. Am 0. August 
schlugen sich die Reste der Truppen, die am 8. August kopf- 
los gewichen waren, wieder gut. Reserven stellten die neue 
Abwehrfront her. Der Feind verfügte nicht über die nötigen 
Reserven, um den leichten Sieg, wie möglich war, zur vollen 
Niederlage der Deutschen auszubauen. 
Die achtzehnte Armee schwenkte in der Nacht zum 10. Au- 
gust unangefochten in die Anschlußfront Roye—Nibécourt 
zurück. Erst am nächsten Morgen griff der Feind auch deren 
Front beftig an. Nachhuten wichen planmäßig aus. Viel 
Gerät mußte zurückbleiben. 
Starke Gefangenenzahlen zeigten dem Feind den ver- 
minderten Heeresgeist. Worte wie „Streikbrecher“ und 
„Kriegsverlängerer“ waren den frisch und tapfer an- 
greifenden Truppen von elenden Feiglingen zugeschrien 
worden. Die Kriegsfähigkeit des deutschen Heeres war 
dahin. Das war die Erkenntnis, die sich der Heeres- 
leitung aus dem Verlauf des 8. August aufzwang. 
General Foch schritt ohne Verzug zur Ausnutzung des 
Erfolges auf der ganzen Front von Arras bis Reims. Nach- 
einander hämmerte er mit Teilangriffen gegen die wichtigsten, 
erfolgversprechendsten Teile der deutschen Front los. 
Wie erwartet, begann er zwischen Oise und Aisne. Dort 
wurden die deutschen Vortruppen am 17. August auf die 
Hauptwiderstandslinie zurückgedrängt. Einzelne Divisionen 
erlitten dabei wieder schwere Einbuße ihrer Kam#fkraft. 
Am 20. August erfolgte dann der Hauptangriff, der die 
deutsche Linie zwischen Noyon und Soissons stark einbeulte. 
Der Angriff war vorausgesehen und von der Heeresleitung 
geschehen, was möglich war. Aber die Nerven der dort 
eingesetzten Divisionen waren dem gewaltigen Artillerie= 
feuer und dem Tankansturm nicht mehr gewachsen. Auf 
Befehl wurde das Gelände vorwärtso des Ailettekanals in 
der Nacht zum 22. August geräumt. Der Feind drängte in 
Richtung auf Laon aus dem Oise-Aisnewinkel scharf vor. 
Aber die neunte Armee hielt an der Ailette unter ihrem 
neuen Oberbefehlshaber, dem sächsischen General der In- 
fanterie v. Carlowitz, zäh stand. Er übernahm für General 
v. Boehn, der die neue Heeresgruppe nach dem 8. August 
übernommen hatte, dessen bisherige Armee. 
Vor ihren bewährten Divisionen, 1. Garde-Infanterie- 
division unter Prinz Eitel Friedrich von Preußen, Garde- 
Kavallerieschützendivision und sächsische 10. Ersatzdi#ision, 
der der Abschnitt von Folembray vom 20. August bis 7. Sep- 
tember anvertraut war, zerstob der Tankschrecken und jeder 
Angriff. 
Jenseits der Oise bis zur Somme dauerte der Kamfsf seit 
dem 8. August noch an. Die Hauptdruckstelle des Feindes 
lag beiderseits von Roye. Es wurde behauptet. Vorsorglich 
wurde eine rückwärtige Stellung Bapaume — vorwärts 
Péronne — vorwärts Hem—Noyon ausgebaut, die so- 
genannte Kanalstellung. 
Noch weiter nördlich verlegte die Heeresgruppe Kronprinz 
Rupprecht ihre Stellungen etwas zurück unter Räumung 
des Kemmels und Abschrägung des Lysbogens. Die sieb- 
zehnte Armee, bei der ein Angriff zunächst drohte, sollte 
zwischen Arras und der Ancre den Kampf in der 1917 aus- 
gebauten, etwa vier Kilometer zurückliegenden „Wotan“= 
stellung führen und durch Ausweichen dahin den ersten 
Sturm brechen. 
Der Engländer griff am 21. August zwischen Arras und 
der Ancre an. Der Kampf dauerte bei der Heeresgruppe 
Kronprinz Rupprecht nunmehr ununterbrochen bis in den 
November an. Die siebzehnte Armee wich rechtzeitig aus, 
der englische Ansturm verpuffte. Ein Gegenstoß der sieb- 
zehnten Armee am 22. August hatte vollen Erfolg, kostete 
aber wieder wertvolle Kräfte. 
Nunmehr verlegte der Engländer den Schwerpunkt zwischen 
Albert und Braye. Zwei Tage focht er erfolglos mit starken 
Verlusten, dann gewann er Gelände, besonders auf Ba- 
paume zu. Künstliche Vernebelung und gewaltige Artillerie= 
wirkung gingen dem Masseneinsatz von Tanks voraus. Diese 
öffneten schmale, tiefe Gassen, die bei deutschen Divisionen 
mit gesunkenem Geist zu Erfolg, bei noch kampfkräftigen oft 
zu schweren englischen Schlappen führten. So versagte eine 
Didision an der Ancre völlig. Die deutsche Front wurde in 
das Trichtergebiet der Sommekämpfe zurückgeworfen, die 
Lage der zweiten Armee bot keine Gewähr mehr für sichereo 
Halten der Front. So verfügte die Oberste Heeresleitung 
für Ende August das ZJurückgehen in die Stellung Ba- 
paume—Noyon. Die Bewegung wurde auf der ganzen 
Front in der Nacht zum 27. August durchgeführt. Dabei 
war die sächsische 40. Infanteriedivision seit 21. August 
an kritischer Stelle nördlich von Bapaume tätig, die 23. In= 
fanteriedivision links an sie anschließend von Ende August 
bis 4. September in schwere Kämpfe bei Beugnätre östlich 
von Bapaume verstrickt. 
Hielt bei Bapaume der rechte Flügel der zweiten Armee 
tapfer stand, so versagte deren linker Flügel bei Peronne 
mehr und mehr. 
Noch schwerer spitzte sich die Lage an der Straße Arras— 
Cambrai zu. Dort griff der Marschall Haig am 26. August 
an, links bis zur Scarpe ausholend. Offenbar wollten die 
Engländer die Wotanstellung überrennen, um in den Rücken 
der Siegfriedstellung nördlich Croisilles— Moeuvres zu ge- 
langen. 
Die ersten Tage hielt die deutsehe Abwehr. Am 2. Sep- 
tember aber überrannte ein starber englischer Tankansturm 
die Wotansiellung und zwang zur Zurücknahme der Front 
bis an den Kanal Arleur—Moeuvres. Dieser Bewegung 
mußten alle Armeen südlich davon bis zur Vesle nunmehr 
folgen. 
Der Rückmarsch in die Siegfriedstellung vollzog sich auf 
der ganzen Front glatt. Bei der achtzehnten Armee, die 
den weitesten Weg zurückzulegen hatte, war er am 7. Ser- 
tember beendet. Auch der Msbogen von Ygern bis zum 
La Basséekanal wurde aufgegeben, die Sehnenstellung Wyl- 
schaete —Armentières—Givenchy statt dessen beretzt. 
Eine neue Stellung — Hermannstellung — entstand 
hinter den beiden nördlichsten Heeresgruppen von der hollän- 
dischen Grenze östlich Brügge—Ly#-Kortryk—Schelde-Va- 
lendiennes—Solesmes—de Cateau—Guise. Sie ging süd- 
westlich von Marle in die Hunding—Brunhildslellung über.
	        
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