Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

niederung entbrannt. Auch bei der 24. Infanteriedivision 
war die Schlacht im Gange. 
Um die außerordentlich schwierige Lage verständlich zu 
machen, in welche die 192. Infanteriedivision bei weiterem 
Schlachtverlauf kam und um das Schicksal des Regiments 
Bellmann zu verfolgen, muß ich auf die Vorgänge am 
rechten Gruppenflügel näher eingehen. 
Das Regiment Bellmann lag auf beiden Flügeln ohne 
Anlehnung im Kampfe zwischen Beaucourt und Cayeux. 
Der von der 225. Infanteriedivision an das Regiment ge- 
gebene Befehl, zunächst zur Einnahme einer Aufnahme- 
stellung in Linie Cayeux—Beaucourt, kurz nachher zum 
Gegenstoß gegen Höhe 102—Maison Blanche, um die hier 
in Feindeshand gefallenen Batterien der 225. Infanterie- 
division wiederzunehmen, wurde vom Gange der Ereignisse 
überholt. Eben im Begriff zum Vorgehen in westlicher Rich- 
tung, wurde das Regiment Bellmann überraschend in beiden 
Flanken und rechts im Rücken von englischer Kavallerie an- 
gegriffen, der leichte, dann schwere Tanks folgten. In Er- 
kenntnis, daß ein Gegenstoß in westlicher Richtung das 
Regiment in sehr schwierige Lage bringen mußte, außerdem 
der Gegenstoß bei den feindlichen Erfolgen zu beiden Seiten 
für die Gesamtlage nur Nachteile bringen konnte, nahm 
das Regiment eine Aufnahmestellung längs der Straße 
Beaucourt-Cair bis zur Höhe 96 ein. Die mehrmals an- 
greifende Kavallerie wurde völlig zusammengeschossen. Die 
feindlichen Tanks wurden teils erledigt, teils zur schnellen 
Umkehr gezwungen. 
10,30 Uhr vormittags teilte das Generalkommando mit, 
daß der Gegner von Westen und Norden bereits auf Har- 
bonnières im Vorgehen sei. Die bei Quesnel zusammen- 
gezogene 1. Reservedivision sollte bis in die Linie Beaucourt 
—Fresnoy vorgehen. Die Linie Beaucourt—Fresnoy—les- 
sier sollte von der 1. Reservedivision und der 192. Infan- 
teriedivision unbedingt gehalten werden. 
Um 12,30 Uhr nachmittags meldete die 102. Infanterie= 
brigade der Division, daß sie durch Vorgehen feindlicher 
Schwadronen mit Tanks aus der Richtung Cayeur nach 
Süden erneut bedroht würde. " 
Unter dem Drucke des Gegners, der abermals von Flanke 
und Rücken den rechten Flügel des Regiments Bellmann 
umging, wurde das Regiment, das jeden Anschluß mit der 
225. Infanteriedivision verloren und sich selbständig wieder 
dem Befehl der 192. Infanteriedivision unterstellt hatte, 
in eine neue Front entlang der Straße Caix —Quesnel 
zurückgenommen. 
Kurz nach 1 Uhr nachmittags traf der Stab der 119. 
Infanteriedivision, deren Truppen in Lastkraftwagen auf 
Vrély unterwegs waren, auf dem Gefechtsstand der 192. 
Infanteriedivision bei Vrély ein. 
Unterdessen drang der Gegner über Cayeur und Cair 
weiter nach Osten vor. Halbwegs Cai—Vrély wurde dem 
Vorgehen des Feindes durch schnell zusammengeraffte Ver- 
sprengte Halt geboten. 
3 Uhr nachmittags mußte der Divisionsstab seinen Ge- 
fechtsstand westlich Vrélh räumen. Der Stab begab sich 
nach dem Schloß Warvillers, wohin der Stab der 119. 
Infanteriedivision bereits gefahren war, um seine ankom- 
menden Bataillone bei Warvillers aufzuhalten. 
.4,20 Uhr nachmittags wurde der 102. Infanteriedivision 
gemeldet, daß das Regiment Bellmann, welches nunmehr 
in der Linie Parb Beaufort—Quesnel stand, von Norden 
her angegriffen wurde. Gegen Abend drang der Feind in 
Quesnel ein und schwenkte gegen Beaufort—Wardillers ein. 
Die Lage wurde bitter ernst. Endlich war die 119. In- 
fanteriedivision soweit versammelt, daß sie 90 Uhr abends 
zum Gegenstoß einsetzen konnte. Er führte zur Herstellung 
einer neuen Front von Vrély nach dem Park von Beaufort. 
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Von hier bis Quesnel stand das tapfere Regiment Bellmann, 
dem es gelungen war, seine Stellung zu behaupten. 
Während dieser Ereignisse in Flanke und Rücken der 
Avrefront spielten sich im Avreabschnitt zwischen Moreuil 
und la Neuville, dem eigentlichen Kampfabschnitt der 102. 
Infanteriedivision, im Laufe des Tages schwere Kämpfe ab. 
Der erste Infanterieangriff gegen und über die Arre er- 
folgte bei der Genonwille-Ferme, die schon 6,30 Uhr vor- 
mittags in die Hand des Feindes fiel. Jedes weitere Vor- 
gehen des Gegners, der nur schwache Teile auf das östliche 
Ufer übergesetzt hatte, ebenso der Versuch, bei Genonville= 
Ferme eine Brücke zu schlagen, mißlang in dem Kreuzfeuer 
von Maschinengewehren und leichten Minenwerfern des 
Infanterieregiments 183 und des Infanterieregiments 192 
und in dem vom Infanterieregiment 183 hierher angefor- 
derten Vernichtungsfeuer der 6. Batterie des Feldartillerie- 
regiments 192. Vorgehende Stoßtrupps des Infanterie- 
regiments 192 kamen vorübergehend wieder in den Besitz 
der Genonville-Ferme. 
Nach dem Mißlingen des ersten Versuchs zum Über- 
schreiten der Avre verdoppelte der Gegner seine Artillerie= 
wirkung gegen den Abschnitt der Dioision. 
Nach etwa einstündigem Feuer setzte der Gegner seine 
Angriffe zunächst nur gegen Infanterieregiment 183 fort. 
Im Abschnitt der 14. bayerischen Infanteriedivision, wo er 
bereits das östliche Avreufer im Besitz hatte, ging er 8,30 
Uhr vormittags in dichten Massen aus dem Granatenwald 
von Norden gegen Moreuil vor. Durch Feuer der auf dem 
rechten Flügel des Infanterieregiments 183 eingesetzten 
Maschinengewehre wurde sein Versuch des Aufrollens der 
Front auch im Abschnitt der Division zunächst zum Stehen 
gebracht. Als der Gegner um den Granatenwald herum 
in den Rücken des Regiments 183 gelangte, war ein Halten 
unmöglich geworden. Stützpunkt für Stützpunkt wurde 
zäh verteidigt, die Maschinengewehre feuerten bis zur letzten 
Patrone und fügten dem Gegner schwere Verluste zu. Die 
stark zusammengeschossenen Kompagnien entzogen sich der 
völligen Umzingelung durch allmähliches Ausweichen nach 
Süden in den Abschnitt des Infanterieregiments 192 und 
auf Plessier. Hier nahmen sie weiter am Kampf teil. Ein 
Bataillon des Infanterieregiments 183 kämpfte in dem 
vorspringenden Avrewinkel verzweifelt weiter. Nach Besitz- 
nahme des Genonvillewaldes durch den Gegner wurde ihm 
jeder Rückweg abgeschnitten. Trotzdem gelang es schwachen 
Teilen sich durchzuschlagen. Der Führer des Bataillons, 
Hauptmann Ehrhardt, meldete noch 10, 30 Uhr durch Brief- 
taube, daß er sich mit Teilen seines Bataillons nach allen 
Seiten gegen überlegenen Gegner un Nahkampf behauptete. 
Die im Abschnitt des Infanterieregiments 183 eingesetzten 
Batterien bonnten bei dem schnellen Erscheinen starker feind- 
licher Kräfte im Nücken nicht mehr geborgen werden. Sie 
wurden von den Resten der Besatzung gesprengt. 
Während dieser Kämpfe im Abschnitt des Infanterie- 
regiments 183 hatten auch beim Infanterieregiment 192 
und vor dem Reserve-Infanterieregiment 245 die Infan- 
terieangriffe wieder begonnen. 8,30 Uhr und 0 Uhr vor- 
mittags versuchte der Gegner, mit starken Kräften die Avre 
in dem großen Avrebogen nordwestlich von la Neuville zu 
überschreiten. Die in dichten Haufen vorgehenden sehwarzen 
Franzosen versuchten zum Teil, die Sumpfniederung ohne 
Brückenstege zu überwinden. Beide Angriffe wurden rom 
Infanterieregiment 192 unter schwersten Verlusten für den 
Gegner zusammengeschossen. Ein gleichzeitig gegen das Re- 
serveinfanterieregiment 245 auf la Neuville geführter star- 
ker feindlicher Angriff brachte den Gegner in den Besitz 
dieses Ortes. Weiteres Vordringen aus la Neuville heraus 
wurde durch das Kampfbataillon des Reserve-Infanterie- 
regiments 242, welches seine vordersten Kompagnien in die 
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