niederung entbrannt. Auch bei der 24. Infanteriedivision
war die Schlacht im Gange.
Um die außerordentlich schwierige Lage verständlich zu
machen, in welche die 192. Infanteriedivision bei weiterem
Schlachtverlauf kam und um das Schicksal des Regiments
Bellmann zu verfolgen, muß ich auf die Vorgänge am
rechten Gruppenflügel näher eingehen.
Das Regiment Bellmann lag auf beiden Flügeln ohne
Anlehnung im Kampfe zwischen Beaucourt und Cayeux.
Der von der 225. Infanteriedivision an das Regiment ge-
gebene Befehl, zunächst zur Einnahme einer Aufnahme-
stellung in Linie Cayeux—Beaucourt, kurz nachher zum
Gegenstoß gegen Höhe 102—Maison Blanche, um die hier
in Feindeshand gefallenen Batterien der 225. Infanterie-
division wiederzunehmen, wurde vom Gange der Ereignisse
überholt. Eben im Begriff zum Vorgehen in westlicher Rich-
tung, wurde das Regiment Bellmann überraschend in beiden
Flanken und rechts im Rücken von englischer Kavallerie an-
gegriffen, der leichte, dann schwere Tanks folgten. In Er-
kenntnis, daß ein Gegenstoß in westlicher Richtung das
Regiment in sehr schwierige Lage bringen mußte, außerdem
der Gegenstoß bei den feindlichen Erfolgen zu beiden Seiten
für die Gesamtlage nur Nachteile bringen konnte, nahm
das Regiment eine Aufnahmestellung längs der Straße
Beaucourt-Cair bis zur Höhe 96 ein. Die mehrmals an-
greifende Kavallerie wurde völlig zusammengeschossen. Die
feindlichen Tanks wurden teils erledigt, teils zur schnellen
Umkehr gezwungen.
10,30 Uhr vormittags teilte das Generalkommando mit,
daß der Gegner von Westen und Norden bereits auf Har-
bonnières im Vorgehen sei. Die bei Quesnel zusammen-
gezogene 1. Reservedivision sollte bis in die Linie Beaucourt
—Fresnoy vorgehen. Die Linie Beaucourt—Fresnoy—les-
sier sollte von der 1. Reservedivision und der 192. Infan-
teriedivision unbedingt gehalten werden.
Um 12,30 Uhr nachmittags meldete die 102. Infanterie=
brigade der Division, daß sie durch Vorgehen feindlicher
Schwadronen mit Tanks aus der Richtung Cayeur nach
Süden erneut bedroht würde. "
Unter dem Drucke des Gegners, der abermals von Flanke
und Rücken den rechten Flügel des Regiments Bellmann
umging, wurde das Regiment, das jeden Anschluß mit der
225. Infanteriedivision verloren und sich selbständig wieder
dem Befehl der 192. Infanteriedivision unterstellt hatte,
in eine neue Front entlang der Straße Caix —Quesnel
zurückgenommen.
Kurz nach 1 Uhr nachmittags traf der Stab der 119.
Infanteriedivision, deren Truppen in Lastkraftwagen auf
Vrély unterwegs waren, auf dem Gefechtsstand der 192.
Infanteriedivision bei Vrély ein.
Unterdessen drang der Gegner über Cayeur und Cair
weiter nach Osten vor. Halbwegs Cai—Vrély wurde dem
Vorgehen des Feindes durch schnell zusammengeraffte Ver-
sprengte Halt geboten.
3 Uhr nachmittags mußte der Divisionsstab seinen Ge-
fechtsstand westlich Vrélh räumen. Der Stab begab sich
nach dem Schloß Warvillers, wohin der Stab der 119.
Infanteriedivision bereits gefahren war, um seine ankom-
menden Bataillone bei Warvillers aufzuhalten.
.4,20 Uhr nachmittags wurde der 102. Infanteriedivision
gemeldet, daß das Regiment Bellmann, welches nunmehr
in der Linie Parb Beaufort—Quesnel stand, von Norden
her angegriffen wurde. Gegen Abend drang der Feind in
Quesnel ein und schwenkte gegen Beaufort—Wardillers ein.
Die Lage wurde bitter ernst. Endlich war die 119. In-
fanteriedivision soweit versammelt, daß sie 90 Uhr abends
zum Gegenstoß einsetzen konnte. Er führte zur Herstellung
einer neuen Front von Vrély nach dem Park von Beaufort.
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Von hier bis Quesnel stand das tapfere Regiment Bellmann,
dem es gelungen war, seine Stellung zu behaupten.
Während dieser Ereignisse in Flanke und Rücken der
Avrefront spielten sich im Avreabschnitt zwischen Moreuil
und la Neuville, dem eigentlichen Kampfabschnitt der 102.
Infanteriedivision, im Laufe des Tages schwere Kämpfe ab.
Der erste Infanterieangriff gegen und über die Arre er-
folgte bei der Genonwille-Ferme, die schon 6,30 Uhr vor-
mittags in die Hand des Feindes fiel. Jedes weitere Vor-
gehen des Gegners, der nur schwache Teile auf das östliche
Ufer übergesetzt hatte, ebenso der Versuch, bei Genonville=
Ferme eine Brücke zu schlagen, mißlang in dem Kreuzfeuer
von Maschinengewehren und leichten Minenwerfern des
Infanterieregiments 183 und des Infanterieregiments 192
und in dem vom Infanterieregiment 183 hierher angefor-
derten Vernichtungsfeuer der 6. Batterie des Feldartillerie-
regiments 192. Vorgehende Stoßtrupps des Infanterie-
regiments 192 kamen vorübergehend wieder in den Besitz
der Genonville-Ferme.
Nach dem Mißlingen des ersten Versuchs zum Über-
schreiten der Avre verdoppelte der Gegner seine Artillerie=
wirkung gegen den Abschnitt der Dioision.
Nach etwa einstündigem Feuer setzte der Gegner seine
Angriffe zunächst nur gegen Infanterieregiment 183 fort.
Im Abschnitt der 14. bayerischen Infanteriedivision, wo er
bereits das östliche Avreufer im Besitz hatte, ging er 8,30
Uhr vormittags in dichten Massen aus dem Granatenwald
von Norden gegen Moreuil vor. Durch Feuer der auf dem
rechten Flügel des Infanterieregiments 183 eingesetzten
Maschinengewehre wurde sein Versuch des Aufrollens der
Front auch im Abschnitt der Division zunächst zum Stehen
gebracht. Als der Gegner um den Granatenwald herum
in den Rücken des Regiments 183 gelangte, war ein Halten
unmöglich geworden. Stützpunkt für Stützpunkt wurde
zäh verteidigt, die Maschinengewehre feuerten bis zur letzten
Patrone und fügten dem Gegner schwere Verluste zu. Die
stark zusammengeschossenen Kompagnien entzogen sich der
völligen Umzingelung durch allmähliches Ausweichen nach
Süden in den Abschnitt des Infanterieregiments 192 und
auf Plessier. Hier nahmen sie weiter am Kampf teil. Ein
Bataillon des Infanterieregiments 183 kämpfte in dem
vorspringenden Avrewinkel verzweifelt weiter. Nach Besitz-
nahme des Genonvillewaldes durch den Gegner wurde ihm
jeder Rückweg abgeschnitten. Trotzdem gelang es schwachen
Teilen sich durchzuschlagen. Der Führer des Bataillons,
Hauptmann Ehrhardt, meldete noch 10, 30 Uhr durch Brief-
taube, daß er sich mit Teilen seines Bataillons nach allen
Seiten gegen überlegenen Gegner un Nahkampf behauptete.
Die im Abschnitt des Infanterieregiments 183 eingesetzten
Batterien bonnten bei dem schnellen Erscheinen starker feind-
licher Kräfte im Nücken nicht mehr geborgen werden. Sie
wurden von den Resten der Besatzung gesprengt.
Während dieser Kämpfe im Abschnitt des Infanterie-
regiments 183 hatten auch beim Infanterieregiment 192
und vor dem Reserve-Infanterieregiment 245 die Infan-
terieangriffe wieder begonnen. 8,30 Uhr und 0 Uhr vor-
mittags versuchte der Gegner, mit starken Kräften die Avre
in dem großen Avrebogen nordwestlich von la Neuville zu
überschreiten. Die in dichten Haufen vorgehenden sehwarzen
Franzosen versuchten zum Teil, die Sumpfniederung ohne
Brückenstege zu überwinden. Beide Angriffe wurden rom
Infanterieregiment 192 unter schwersten Verlusten für den
Gegner zusammengeschossen. Ein gleichzeitig gegen das Re-
serveinfanterieregiment 245 auf la Neuville geführter star-
ker feindlicher Angriff brachte den Gegner in den Besitz
dieses Ortes. Weiteres Vordringen aus la Neuville heraus
wurde durch das Kampfbataillon des Reserve-Infanterie-
regiments 242, welches seine vordersten Kompagnien in die
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