Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

234 
und Unterkunftsorte. Die Zeit verlief infolgedessen eintönig. 
Gleich nach der Ankunft im Stellungsbereich half die säch- 
sische Landtwehr wacker beim Bergen der Ernte. 
Di. 47. Landwehrdivision umfaßte auch hier ihre bij- 
herigen Truppen: Grenadier-Landwehrregiment 100, Land- 
wehr-Infanterieregimenter 104 und 106, Landwehr-Fel?- 
artillerieregiment 19, 2. Eskadron Husarenregiments 20, 
1. Kompagnie Reserve-Pionierbataillons 22 und 6. Kom- 
pagnie Pionierbataillons 22 sowie Minenwerferkompagnie 
347. 
Die ersten 14 Tage herrschte meist schlechtes Wetter. 
Es mußte viel an der Stellung gebaut werden. Auch der 
Feind schanzte sichtlich, aber nur zur Erhaltung seiner Stel- 
lung. Der Oberbefehlshaber, Generaloberst von Woyrsch, 
besuchte Ende Juli die Stellung und lobte die musterhafte 
Ordnung, die sich allenthalb kenntlich zeigte. Der König 
hatte bereits in den ersten Tagen nach Einzug der Dioi- 
sion an der Russenfront, am 7. Juli, seine braven sächsi- 
schen Landwehrleute aufgesucht. 
Vor der Front lagen abwechselnd Russen aus Sibirien, 
Mittelasien und dem Südosten des europäischen Rußlands, 
neben den Sachsen Österreicher der verschiedensten Volks- 
stämme, meist Slawen verschiedener Abart, Ungarn und 
Slowaken. Dahinter arbeiteten an der zweiten Stellung 
italienische Kriegsgefangene, ein buntes Völbergemisch in- 
mitten der polnisch-weißrussisch-jüdischen Bevölkerung de#- 
Bezirks. 
Am 25. August kam es zu einer Patrouillenneckerei bei 
Landwehr-Infanterieregiment 104 und 1o06, am 15. Sep- 
tember brachte eine Patrouille des Landwehr-Infanterie- 
regiments 106 unter Leutnant Werner Sibirier von der 
8. sibirischen Schützendivision nach kurzem Handgranaten- 
kampf ein. Die russische Infanterie, offenbar ganz un- 
genügend ausgebildet, wurde immer nervöser, schoß nachts 
ohne jede Veranlassung, nur auf Geräusche vor dem Hin- 
dernis hin, mit Maschinengewehren und Handgranaten und 
liess die Scheinwerfer spielen. 
Am 4. Oktober schied die 1. Kompagnie des Reserve- 
Mionierbataillons 22 aus der Kriegsgliederung der Dioision 
aus und wurde nach dem Westen verladen. Ende Oktober 
trafen zum Austausch soo Jungmannschaften aus der 
Heimat ein. Dafür wurden die entsprechenden kriegsver- 
wendungsfähigen Mannschaften zwischen 20 und 35 Jahren 
nach dem Westen abgegeven. 
Am 12. November wurde von der rechts anschließenden 
201. Infanteriedivision Gas ohne weiteren Erfolg abgeblasen. 
Der Russe verhielt sich gleichgültig dagegen. Seine Artillerie 
war offenbar weiter rückwärts verlegt. Aus den Hinder- 
nissen entnahmen die vorn eingesetzten Russen die Pfähle 
als Brennholz. Die fleißig von unseren Patrouillen nach 
dem russischen Drahtverhau gebrachten Aufklärungsschriften 
fanden regelmäßig ihre Abnehmer. Die direbte Aufforderung 
zu Verhandlungen am 28. November lehnte aber die 8. si- 
birische Schützendivision ab. Bereits zwei Tage später aber 
siegte bei den Russen die Friedenspartei, auch bei dem III. 
sibirischen Korps, das bisher für Ausharren gewesen war. 
Bei den Gesprächen mit russischen Offizieren ir der Mühle 
von Olschany stellte sich beraus, daß die russischen Offiziere 
bereits völlig machtlos gegenüber ihren Leuten waren. Diese 
trieben sich vor den eigenen Stellungen herum bis zu un- 
serem Drahthindernis. Verkehr der beiderseitigen Mann- 
schaften unterblieb aber, selbst als am 17. Dezember der 
Waffenstillstand zustande kam. 
Bereits vorher wurde das k. und k. XII. Armeekorps ab- 
befördert. Auch die Heeresgruppe Woyrsch wurde nach dem 
Westen gezogen. An ihrer Stelle übernahm die Heeresgruppe 
Linsingen den Abschnitt Slonim, den das Generalkommando 
des XXXXN. Reservekorps an Stelle der Armeeabteilung 
Woyrsch nunmehr leitete. Ihm wurde die 47. Landwehr- 
division unterstellt. Sie übernahm zugleich die Verwa#tung 
eines Teils des bisher dem k. und k. XII. Armeekorps unter- 
stellten Abschnittes. 
Die Verhältnisse bei den Russen spitzten sich schnell zu. 
Die Zufuhr von Verpflegung stockte, wilde Gerüchte regten 
die Massen auf. Die Offiziere wurden entwaffnet, mußten 
Posten stehen usw. Die Engländer und Franzosen bei Stä- 
ben und technischen Waffen waren entfernt worden. Ge- 
rüchte, daß die deutsche Flotte meutere, kamen von den 
Russen herüber. Inzwischen hatte General Kaledin die Ge- 
genrevolution begonnen. Die Russen versuchten mittels 
deutscher Schriftstücke auch bei unseren Leuten Stimmung 
zu machen. Die mündlichen Berichte von Überläufern, Rück- 
wanderern und entwichenen österreichischen Gefangenen ve.= 
änderten täglich das Bild. Pferde, Speck, Gummi, Gas- 
masken und Seife wurden allerorts angeboten. Die Stel- 
lung bei Zirin war schon bei Jahresschluß von den Russen 
geräumt. Ende Januar wurde auch die übrige Serwetsch- 
front aufgegeben. Inzwischen war strenger Winter mit viel 
Schnee eingetreten, ganze Kompagnien mußten zurückverlegt 
werden, um die Gleise der Feldbahnen, welche die Zufuhr 
sicherstellten, vom Schnee freizuhalten. 
Drüben herrschte Kampf aller gegen alle. Als sich die 
Vorfriedensverhandlungen zerschlugen, hofften die besseren 
russischen Kreise auf den deutschen Vormarsch, im Ver- 
trauen, daß dann alsbald wieder geordnete Zustände ein- 
treten würden. Mitte Februar mußten Höchstpreise für 
Lebensmittel eingeführt werden, weil die Städter, dem 
Hungertod nahe, auf dem Lande zu jedem Preise einzulaufen 
suchten. Als am 18. Februar mittags der Waffenstillstand 
ohne Friedensschluß zu Ende ging, wurden einige Kanonen= 
schüsse abgefeuert. Bergekommandos ergriffen Besitz von 
dem in den feindlichen Stellungen noch lagernden Material. 
Die zahlreichen sich stellenden Russen wurden in die Heimat 
entlassen, nur rote Gardisten als Gefangene behandelt. 
Nach Aufräumung der russischen Stellung begann die Be- 
setzung des Gebietes bis über den Onjepr hinaus. 
Die Division trat zur Armeeabteilung Gronau (XXXXI. 
Reservekorps). 
4. Ostlich von Gomel auf Grenzschutz in der 
Ukraine 
von März bis Feldzugsende 
Eine zusammenhängende Darstellung des Einmarsches in 
die Ukraine ist bei der 45. Landwehrdivision gegeben. Dort 
findet sich auch die für das Folgende nötige Kartenskizze. 
Die 47. Landwehrdivision wurde vom Bahnhof Chwojewo 
aus über Luniniec und Rjeschitza am Onjepr vom 6. März 
ab nach Gomel vorbefördert. Die bisherige Stellung über- 
nahm die 4. Landwehrdivision. 
Bereits am 9. Februar war der Frieden mit Rußland 
geschlossen worden. An der Grenze zwischen Großrußland 
und Ubkraine sollten die deutschen Besatzungstruppen bis 
über den Sosch hinaus Ordnung schaffen, bolschewistische 
Banden zersprengen, den Bahnverkehr einrichten und schützen 
und den Warenaustausch zur Behebung der Hungersnot 
in Deutschland beschleunigt einrichten. In der alten Stel- 
lung blieb eine Art von Grenzschutz zur Überwachung des 
Übergangsverkehrs zurück. 
So hofften Heeresgruppe Linsingen und Armeeabteilung 
Gronau am schnellsten den Frieden für die Heimat nutzbar 
zu machen. 
Die Division übernahm am 12. März in Gomel den 
Befehl. Dort stand zu dieser Zeit bereits die 2 16. Infanterie- 
brigade. Sie hatte Fühlung mit schwachen Bolscheivisten- 
banden. Sofort wurde auf allen vier von Gomel ausstrah- 
lenden Bahnlinien Bahnschutz eingerichtet. Inzwischen war 
die deutsche Hauptkampftruppe, die 224. Infanteriedivision,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.