Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

anteil hin einem Fürsten oder einer Stadt zum Waffen- 
dienst verpflichten. In den Rechnungsbüchern der meißni- 
schen markgräflichen Kanzlei finden sich noch zahlreiche Aus- 
gaben an solche Führer und ihre „Gesellschaften“ (socie- 
tates) für Sold, für ein verlornes Rüstungsstück, für ein 
getötetes oder auf den schlechten Straßen zuschanden ge- 
rittenes Pferd und dergleichen. 
Daneben besteht das Lehnsaufgebot der Vasallen 
fort, und auch die Landfolge, die Dienstpflicht der 
Städte und sonstigen Grundberrschaften, wie der 
Klöster, ist festgelegt; Städte und Stifter stellen nicht bloß, 
fallo sie lehnspflichtige Landgüter besitzen, ihre bestimmte 
Zahl Lehnpferde, das heißt Berittene, Reisige, sondern auch 
Fußmannschaften und Kriegorüstwagen; aus dem Jahre 
1347 ist eine solche Heerwagenliste der Stidte und Klöster 
Meißens, Thüringens und des Osterlandes erhatten. 
Unter dem Markgrafen Wilhelm I. von Meißen (1381 
bis 1407) entbrannte hierzulande die Dohnaische Fehde 
1401—1402, wobei die Markgrafen die fast unabhängige 
Macht der Burggrafen von Dohna brachen. Zuers fiel nach 
langer Belagerung die feste Burg Dohna durch Sturm 
in die Hände der Meißner; ein Leipziger Einwohner erstieg 
zuerst die Mauern der stattlich über dem Müglitztale auf- 
ragenden Hauptfeste. Nach Dohnas Fall konnten sich die 
Burgen Wesenstein und Königstein nicht lange halten, 
und die Erwerbung dieses ausgedehnten Landstrichs festigte 
zugleich die Südgrenze der Mark Meißen gegen das König- 
reich Böhmen. Von Wilhelms Neffen, den Söhnen seines 
Bruders Friedrichs des Strengen (7 1381), ist Friedrich 
der Streitbare (1381—1428) am bekanntesten als 
Stifter der Universität Leipzig 1400, Erwerber des Herzog- 
tumo und der Kurwürde von Sachsen 1423 und als Vor- 
kämpfer gegen die Hussiten. 
Die Hussitenkriege 
Die hussitische Bewegung war keineswegs nur ein An- 
sturm reformfreundlicher Kreise gegen den sehr verbesse- 
rungsbedürftigen Katholizismus des ausgehenden Mittel- 
alters, sondern zugleich und in hohem Grade eine von 
tschechischer Seite geschickt benutzte und fanatisch betriebene 
Deutschenheße. Die meißnisch-sächsischen Lande waren 
um so mehr bedroht, als das wettinische Gebiet über den 
Gebergskamm binunter in die nordböhmische Ebene reichte, 
wo Brüx, Dux, die Herrschaft Riesenburg bei Ossegg und 
anderes dazu gehörten und auf der beherrschenden Höhe des 
Brürer Schloßberges ein sächsischer Haup#imann gebot. Als 
nur dieses Schloß noch der Wut der hussitischen Ketzer 
widerstand, führte Friedrich ein Heer gegen sie und brachte 
ihnen am §F. August 1421 bei Brüx eine starke Nieder= 
lage bei. Die folgenden Jahre sind aber eine für die 
deutsche Kriegführung wenig rühmliche Zeit; Lässigkeit bei 
Aufbringung der Geldmittel und Ausrüstung, Lauheit der 
Kriegführung, Zwiespältigkeit der Heeresleitung auf der 
deutschen, katholischen Seite, ungestüme, todverachtende 
Tapferkeit, schreckenverbreitende, die Abwehr lähmende 
Grausamkeit auf Seite der tschechischen Ketzer wirkten zu- 
sammen zur Erzielung der hussitischen Erfolge. Als 1426 
die von den Sachsen besetzte Stadt Aussig bedroht war, ließ 
statt ihres abwesenden Gemahls die Kurfürstin Ka:harina 
die Aufgebote an Lehnsleute und Bürger ergehen; bei Bo- 
britzsch (südöstlich von Freiberg) sammelte sich ein stattliches 
Heer von Rittern, Bürgern und Bauern. Aber troß aller 
Tapferkeit und seiner Überlegenheit an JZahl verblurete das 
sächsische Heer in der Schlacht bei Aussig 1426 guten- 
teils beim unbesonnenen Ansiurm auf die Wagenburg der 
Hussiten und erlag dann deren vernichtendem Gegenstoß, so 
daß allein von ritterlichen Leuten gegen So0 und 12 Grafen 
fielen. Die Folge dieser Unglücksschlacht waren fürchterliche 
Naub-, Brand= und Mordzüge der Hussiten in die nörd- 
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lichen Nachbarlande. Wohl hören wir auch da von mancher 
tapferen Tat und von todesmutiger Aufopferung, wie der 
einer Handvoll wackerer Bürger des kleinen, nahe an 
der böhmischen Grenze gelegenen Bergstädtchens Gott- 
leuba, die sich einer über den Kamm des Gebirges her- 
überstreifenden Tschechenhorde in einem Engpasse oder Hohl- 
weg südlich der Stadt entgegenwarfen, um sie wenigstens 
eine Zeitlang aufzuhalten und ihren überraschten Mit- 
bürgern die Möglichkeit der Flucht zu bieten. Vielfach aber 
versagte angesichts der Schrecken, die die Hu sizen über er- 
stürmte Orte verhängten, die Entschlossenheit der Gegen- 
wehr; man erkaufte den Abzug durch Lösegelder oder er- 
bettelte die Rettung durch hinausgeschickte Kinder von einer 
  
Grabplatte des Kurfürsten Kriedrich l. des Streitbaren 
im Dom zu Meißen 
gnädigen Laune des Hussitenfeldherrn. Zur Aufstellung 
größerer Feldheere und Führung eines Krieges großen Stils 
gegen die allgemeine Landplage aller umgrenzenden deut- 
schen Gebiete kam es nach dem Mißerfolge der deutschen 
Reichsheere nicht mehr. Erst nach über zehn Jahren gelang 
Friedrichs Sohn, dem Kurfürsten Friedrich II., dem 
Sauftmütigen (1428—1464), ein glücklicher Schlag. 
Auf Geheiß des deutschen Königs Albrecht II. war er 1438 
mit einem sächsischen Heere nach Prag gezogen; die Heim- 
ziehenden wurden am 23. September bei Sellnitz (bei 
Bilin) von den Böhmen angegriffen, erwehrten sich aber 
nicht bloß der Angreifer, sondern schlugen sie empfindlichst 
und nahmen ihnen zahlreiche Gefangene ab. 
Leider untergrub die spiter zwischen Friedrich II. und 
seinem Bruder Herzog Wilhelm llI., dem Tapferen 
(1428—1482), ausbrechende Zwietracht die Entwicklung der 
sächsischen Macht; der 1446—14 51 geführte sächsische
	        
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