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höheres Ziel lockte, die durch Johann Sobieskis Tod 1696
erledigte polnische Königskrone; aber sächsische Truppen
unter dem Befehl des Feldzeugmeisters Grafen Reuß
blieben auch ferner in Ungarn und hatten Anteil an dem
großen Türkensiege des Prinzen Eugen von Savoyen
bei JZenta am 1. September 1697. Die sächsischen Ver-
luste hierbei waren an Zahl nicht beträchtlich, unter ihnen
befand sich aber der Oberkommandierende der Sachsen,
Feldzeugmeister, zuletzt Feldmarschall Graf Reuß selbst,
der am 11. Oktober seiner Verwundung erlag.
Bei seiner Erhebung zum König von Polen hatte Au-
gust in den Pacta conventa, dem zwischen ihm und der
Johann Matthias Graf von der Schulenburg,
sächsischer Genecalleutnant
Republik Polen vereinbarten Wahlvertrag, beschwören müssen,
die Festung Kamienier in Podolien, die 1672 von den
Türken erobert worden war, zurückzugewinnen. Er unter-
nahm desöhalb bereits 1608 einen Feldzug zur Rückerwer-
bung Podoliens und der Ukraine, wobei ihn besonders der
Gedanke mit antrieb, dem polnisch-sächsischen Handel einen
Ausgang nach dem Schwarzen Meere zu verschaffen. In-
folge des unsicheren Zustandes der polnischen Kronarmee
und der litauischen Armee, die weniger ein Machtmittel
des Herrschers, als ein gefährliches Werkzeug in der Hand
ihrer oft unbotmäßigen Führer, des Krongroßfeldherrn und
des litauischen Feldherrn, waren, war die Stellung eines
Polenkönigs ziemlich machtlos, wenn er sich nicht auf eine
ihm wirklich treue und zuverlässige Truppenmgcht stützen
konnte; daher war es Augusts Streben, einen Teil seiner
sächsischen Armee, die damals schon zu fast drei Vierteln
aus ausgehobenen sächsischen Landeskindern bestand, in Polen
bei sich zu haben, ein Streben, das freilich bei den Polen auf
wenig Gegenliebe stieß, da ihnen sowohl der Unterhalt
dieser Truppen lästig, wie ihre Anwesenheit an sich schon
als Hemmnio ihrer politischen Umtriebe verhaßt war. Lang
andauernde, heftige Streitigkeiten zwischen dem König und
seinen rebellischen Untertanen über die Belassung oder Ent-
fernung der sächsischen Truppen in Polen haben sich daher
jahrelang hingezogen und bildeten besonders in den Jahren
nach Augusts Wiederfestsetzung auf dem Thron nach 1700
bis 1717 den Anlaß heftigsten Widerspruchs und sogar
erbitterten Bürgerkriegs.
Zunächst aber beim Regierungsantritt war diese Stim-
mung unter den Polen noch nicht verbreitet und sie ließen
es sich recht wohl gefallen, daß sächsische Truppen bei
Lemberg in Galizien zusammengezogen wurden, um ver-
eint mit den Polen gegen die Türken zu fechten. Es
kam jedoch nicht zu ernsteren Kämpfen; der herannahende
Winter und dann am 12. Januar 1690 der Friede von
Carlowitz zwischen Österreich, Polen und der Türkei be-
endeten den Krieg, August räumte die in der Moldau be-
setzten Plätze und gab der Türkei dieses Land zurück, wo-
gegen der Sultan Mustafa lI. seine Truppen aus der
Ukraine und Podolien mit Kamieniec zurückzog, so daß
August sein der Republik gegebnes Versprechen der Rück-
gewinnung dieser Grenzfestung einlösen konnte.
Der Schwedisch-Polnische Krieg 1700—1706
Es galt nun, auch die Provinz Livland, die Polen be-
anspruchte, den Schweden abzunehmen. Die Gelegen-
heit schien günstig, da gegen den jungen Schwedenkönig
Karl XlI. sich ein übermächtig scheinender Bund von Dine-
mark (zu dem damals auch Norwegen gehörte), Sachsen—
Polen und Rußland bildete. Ein Handstreich sächsischer
Regimenter gegen Riga selbst im Winter 1699 auf 1700
scheiterte zwar, aber außer anderen bleinen Befestigungen
wurde die Hafenfestung von Riga, Dünamünde, be-
stürmt und mußte am 23. März kapitulieren, am 30. Jull.
1700 wurde ein schwedisches Heer bei Jungfernhof ge-
schlagen, Niga selbst eingeschlossen, am 7. Oktober Koben-
husen an der Düna oberhalb Rigas erstürmt. Karlo XII.
Sieg bei Narwa am 20. November vernichtete aber das
russische Heer Peters des Großen und die Sachsen bezogen
an der Dünga Verteidigungsstellungen, die teil-
weise den Stellungen entsprechen, in denen mehr als zwei
Jahrhunderte später, seit dem Herbst 1015, auch sächsische
Truppen die Dünalinie behaupteten, nur daß im Jahre
1700 die Sachsen auch drei Brückenköpfe auf dem rechten
nördlichen Ufer hielten, während lols feindliche Streit-
bräfte auch noch Teile des Südufers innehatten. Sächsischer
Befehlshaber war Feldmarschall Steinau, unter ihm Ge-
neral von Paykul. Oberhalb Rigas gelang aber den Schwe-
den im folgenden Jahre 1701 unter Benutzung von Ka-
nonenboten überraschend der Dünaübergang und sie konnten
nun am 1o. Juli die sächsische Stellung auf dem linken
Ufer aufrollen, zumal von den Sachsen nur 4400 gegen
über 20 Oco Schweden im Gefecht gewesen waren. Das
sächsische Heer wurde nach Sachsen zurückgeführt. Nur die
kleine Festung Dünamünde (die Sachsen hatten sie
bei der Besetzung Augustusburg umbenannt) blieb von 1047
Mann, meist Grenadieren aus verschiedenen Regimentern
unter dem Obersten von Kanitz besetzt und wahrte in
einer halbjährigen schweren Belagerung trotz andauernder
Beschießung, Nahrungomangel, Krankheiten und völliger
Aussichtslosigkeit von Entsatz die Ehre des sächsischen
Heeres. Von Juli bis Dezember hielten die Wackeren gegen
zehnfache Ubermacht stand, bis sie auf 16 Hffiziere und
53 Mann zusammengeschmolzen waren, die am 21. De-
zember 1701 mit kriegerischen Ehren abzogen und in die
Heimat zurückkehren durften; selbst ein so energischer,
rücksichtsloser Soldat wie ihr königlicher Gegner Karl XII.
war voll Lobes ihrer mutigen, heldenhaften Ausdauer.
Ungehindert, da Polen auch in diesen kritischen Zeiten in
Prrteiungen gespalten blieb und die polnischen Truppen
zur in geringer Jahl zusammenkamen, rückten die Schwe-
den in Litauen und im Frühjahr 1702 in Polen selbst
ein und besetzten Warschau; die neu hinbeorderten sächsi-
schen Truppen marschierten nach Krakau, wurden aber
am 10. Juni 1702 bei Klissow (nordöstlich von Krakau)