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Neubearbeitungen des Dienst- und Exerzierreglements für
die Infanterie von 1722, für die Karallerie von 1728 ent-
standen nach den Entwürfen des Königs und unter seiner
persönlichen Kontrolle und Mitwirkung; 1729 reihte sich
ein Montierungs-, Ausrüstungs= und Armaturreglement an.
Alo Bildungsstätte des Offiziernachwuchses entstand auf An-
regung des Generals, späteren Generalfeldmarschalls Wacker-
barth für das Kadettenkorps 1725 die Ritterakademie; der
Versorgung der alten, nicht mehr voll dienstfähigen Krieger
diente das 1727 errichtete Invalidenkorps. Der König
stellte selbst die Etats auf, sowohl den Gesamtetat der
Armee, wie Etats von einzelnen Regimentern und sonstigen
Formationen, und prüfte alle Einzelheiten der Bekleidung
und Bewaffnung, worüber er auch mit seinem königlichen
Nachbar von Preußen korrespondierte; er traf selbst ein-
gehende Bestimmungen über die Ausbildung, über die Ver-
pflegung, Löhnung usw. Da er sich die Ernennung aller Offi-
ziere vorbehielt und dadurch die Armee fester mit der Person
des Landesherrn verband, lag ihm daran, sich ein selbstän-
diges Urteil über sie zu bilden; Konduitenlisten wurden ein-
geführt und der König legte sich auch selbst Personallisten
an, die er mit kurzen, meist sehr bezeichnenden Charakteri-
stiken der Betreffenden versah oder versehen ließ; so zum
Beispiel „Gersdorf guter Offizier, nicht. interessiert, kein
Plauderer; Pentzig braver Offizier; Nosiitz etwas jung,
sonst guter Offizier; Watzdorf guter Offizier, agissant, ver-
nünftig; Nordmann brav, der sein Handwerk versteht“; als
Gegenstück: „étourdi, capricieux, poltron, raisonneur, fan-
faron, disputateur, Träumer, Spieler, Säufer, Lügner,
alter Jabruder, incapabel einem Regimente vorzustehen;
ist nichts nütze, ein Säufer, brutal; ziemlich honnet, der
sein Metier versteht, hat aber nun eine Frau genommen,
an die er mehr attachlret ist, alß an seine Charge“.
Die lebhafteste Neigung brachte August dem Befestigungs-
wesen entgegen; Fortifikationolehre war seit seiner Jugend
sein Lieblingsfach. Eine Menge eigenhändiger Skizzen Au-
gusts von ganzen Festungsanlagen, einzelnen Teilen davon,
Forts, Brückenköpfen, Außenwerken, Feldbefestigungen und
anderem liegen heute noch vor, manche gedacht als Pläne
für bestimmte, wirkliche Ortlichkeiten, andere nur als theo-
retische Lösungsversuche angenommener militärtechnischer
Probleme. Der Bau beziehentlich verstärkte Ausbau des
die Elbe deckenden Festungs= und Befestigungssystems, das
von Wittenberg über Torgau, Strehla, Meißen, Dresden,
Pirna zum Königstein sich erstreckte, hat ihn eingehend
beschäftigt, vor allem die Verstärkung des Königsteins, in
dessen Bereich neue Befestigungen auf dem Lilienstein rechts
der Elbe und auf dem Pfaffenstein und Quirl im Hintr-
lande einbezogen werden sollten. Die Verwirklichung dieser
Idee hätte von vornherein die Katastrophe von 1756 wohl
verhindert.
Seine Feldzüge hatten ihn gelehrt, daß Reglements und
alle Einrichtungen auch praktisch erprobt und den Truppen
selber durch einen dem Ernstfall nahekommenden Gebrauch
vertraut gemacht werden müßten. Zu diesem Zwecke ver-
anstaltete August wiederholt Mansver mit Felddienstübungen
aller Waffengattungen: go“ 1718 bei Dresden, 1723 bei
Pillnitz, wo Anlage und V Verteidigung, Belagerung, Angriff
und Erstürmung einer Festung mit einein ung beute wohl
etwas theatralisch anmutenden Aufputz, aber sonst in durch-
auo sachlicher, belehrender Weise vorgeführt wurden; in Er-
innerung an Augusts Teilnahme an Türkenkriegen stellte
sie eine türkische Festung vor, die ein Pascha von drei Roß-
schweifen tapfer verteidigte und die ein christliches Heer
mit Aufgebot aller Kampfmittel zu nehmen suchte, wie Be-
schießung, Heranarbeiten mit Laufgräben, Minensprengungen,
Sturm, wobei zugleich die Heranschaffung und Abführung
von Truppen zu Wasser und zu Lande, Flußübergänge usw.
mit ausgeprobt wurden. Gleichzeitig fanden auch bei Elster
(an der Elbe oberhalb Wittenberg) Truppenübungen statt,
ferner 1728 bei Dresden, 1731 bei Czerniakow (südlich
bei Warschau). Am großartigsten waren die Ubungen, die
1730 in dem weltberühmten Lager von Zeithain oder Rade-
witz (wie es damals vielfach heißt, nordöstlich von Riesa)
abgehalten wurden. Der Prunkliebe des Königs und dem
ganzen Zeitgeiste entsprechend trat auch hier die glanzvolle
Aufmachung, der höfische Festcharakter stark hervor; des
Königs Absicht war aber keineswegs, sich der Mitwelt, be-
sonders seinem Hauptgaste, dem Soldatenkönig Friedrich.
Wilhelm I. von Preußen, der mit seinem Kronprinzen, dem
späteren Friedrich dem Großen, erschien und auf dessen
fachmännisches Urteil er viel gab, als unübertrefflichen
Festveranstalter und Lebenokünstler zu betätigen, sondern
eine Probeleistung seiner neugebildeten Armee zu zeigen
und dieser Armee selbst die Möglichkeit besserer Selbst-
erkenntnis zu bieten. Er selbst legte dies eigenhändig dar:
„Müßiggang, Untätigkeit, zumal eine Ruhezeit von 18 bis
16 Jahren sind den Truppen sehr schädlich, Generäle, Offi-
ziere und Soldaten vergessen in dieser Zeit ihr Kriegshand-
werk und die Ubungen; die Alten sterben und die Neuen
verstehen nicht, was zum Soldaten gehört. Dies hat mich
bewogen, hierin Ordnung zu schaffen. Truppen und Offi-
ziere bennen sich nicht, da sie sich seit jener Zeit nicht mehr
versammelt fanden. Man mußte daher neue Reglements
schaffen und die Armee gleichsam als neu betrachten. Man
hat sie versammelt, um ihnen Verständnis beizubringen,
um sie alles das ausführen zu lassen, was zum Kriegs-
handwerk gehört, so gut das die kurze Zeit erlaubt, was
in der Folge fortgesetzt und gesteigert werden kann. Man
muß das Militär wie eine Schule betrachten, wo man das
Alphabet lernt, das heißt die Bewaffnung und was davon
abhängt; das Buchstabieren sind dann die Ererzitien, die
Wörter sind die Formationen der Truppenkörper und diese
zusammen ergeben den Gebrauch, den man von den Truppen
machen muß, ebenso wie von den Worten, deren man sich
bedient.“ Er wünschte auch, daß die Generäle ihre Mei-
nungen über das Vorgeführte sagen und selbst Vorschläge
machen sollten; gerade die Offentlichkeit und die dadurch
ermöglichte Kritik durch Fremde sollte anspornen, nichts
zu zeigen, woran etwas auszusetzen sei. Es sei auch gut,
solche größere Ubungen aller drei Jahre zu veranstalten,
dazwischen kleinere, zum Beispiel regimenterweise im ersten
Jahre, in besonderen Korps im zweiten Jahre, und zwar
im September, wo nichts auf dem Felde stehe. So würden
die Truppen im Frieden geübt, daß ihnen dann im Kriegs-
falle nichts fremd sei. Es sind allgemeine Grundsätze, so
vernünftig, sachgemäß und uns heute als selbstverständlich
anmutend, daß bkein moderner Truppenführer sich von an-
dern Gesichtspunkten leiten lassen dürfte, so sehr auch ent-
sprechend den neuzeitlichen Verhältnissen die Einzelbestim-
mungen heute von denen vor 200 Jahren verschieden sein
müssen; damals aber waren es vielfach neue Gedanken
und Anregungen, bei deren Auggestaltung sich August seine
eignen, vielfach ungünstigen Erfahrungen in früheren
Kriegen zur Lehre dienen ließ und besonders auch das, was
anderwärts, wie im preußischen Heere, erprobt war, zum
Muster nahm. Stark war seit 1717 auch das Heer ver-
mehrt worden. Fast 30 coo Mann, für jene geit ein statt-
liches Heer, waren bei Zeithain zusammengezogen und in
den vier Wochen, die das Lagerleben dauerte, wechselten
— untermischt mit Festen, Banketten, Illuminationen und
dergleichen — die einzelnen militärischen Vorführungen ab,
Gesamtrevüen und Aufstellungen des Ganzen, Besichte
gungen einzelner Regimenter, Marsch= und Manövrier=
lbungen in kleinen und größeren Verbänden, Angriff und
Verteidigung von Schanzen, Erzwingung des Elbübergangs
durch ein feindliches Korps mit dem Bau verschiedenartiger
Brücken usw. Wenn auch diese soldatische Friedensarbeit