Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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und 25. April den Rhein, rückte Mitte Mai an den Alsenz- 
bach vor und stand am 24. bei Kallbach östlich Meisenheim. 
Ende dieses Monats wurde es dem Erzberzog Karl unter- 
stellt und zog in die Gegend von Baumholder. Märsche, 
Hunger, schlechte Unterkunft, Krankbeiten, Uneinigkeit der 
Führer, Geldmangel, kurz der ganze Reichsjammer bei 
allen Anstrengungen! Die Stimmung war schlecht unter 
den Mannschaften; wofür und zu welchem Zwecke sie 
bungerten und in fremdem Lande herumzogen, war keinem 
klar. Noch schlimmer wurde die Lage, als am 31. Mai der 
Waffenstillstand, den beide Parteien während des Winters 
  
Generalleutnant und Generalinspekteur der Kavallerie 
Maximilian Ernst von Gersdorff, geb. 1737, gest. 1804 
geschlossen hatten, endete. Zwar drangen die Sachsen zu- 
nächst bis Kirn an der Nahe vor und hatten am 2. Juni 
ein Gefecht, am 3. aber mußten sie bereits wieder in die 
Meisenheimer Gegend zurück. Die Gesamtbriegslage nötigte 
sogar zum Rückzuge über den Rhein. Am 9. Juni zog Lindt 
durch Mainz, dann über Friedberg nach Großrechtenbach 
zur Unterstützung des k. k. Generals Freiherrn von Wer- 
neck. Als es am 15. zum Gefecht kam, gingen die Sachsen 
durch Wetzlar nach Hermannstein und Aktenberg vor. Die 
Franzosen räumten alsbald die Gebiete der Lahn und Sieg 
wieder. . 
Am 24. Juni rief ein neuer Auftrag das Korps nach 
Käfertal bei Mannheim, am 1. Juli erreichten sie die Nähe 
von Philippoburg und wandten sich gegen Pforzheim. 
Allein nun ging auch der rechte französische Flügel über 
den Nhein, am 18. fiel Stuttgart, und die Reichsarmee 
mußte schleunigst über den Neckar zurückgenommen werden. 
Das rasche Vordringen des Feindes brachte bald Franken 
in Gefahr, Würzburg fiel in französische Gewalt, Be- 
stürzung und Kopflosigkeit ergriff das ganze Reich. Die 
Stände riefen schleunigst ihre Truppen zum Schutze der 
Heimat ab, das Reichsheer brach völlig zusammen, und 
man sah in jedem Frieden, bringe er, was er wolle, 
Rettung und Heil. Bei dem überstürzten Rückzuge waren 
die Sachsen unter Lindts geschickter und kräftiger Hand bis 
Pegnitz gekommen, als Leutnant von Vieth den Befehl des 
Kurfürsten brachte, das Reichsheer zu verlassen und in 
ein Lager bei Plauen im Vogt.and abzumarschieren. Der 
Leutnant war viele Tage geritten, er hatte die Sachsen 
nicht finden können. Nun gönnte ihm Lindt eine kurze 
Nast, dann sandte er ihn mit seinen Berichten nach Dres- 
den zurlick, das er nach 134tägigem Reiten todmüde er- 
reichte. 
Das ganze Elend eines sinnlos überhasteten Rückmarsches 
mußten die Sachsen noch durcherleben, ehe sie die vogt- 
ländischen Berge erreichten. 
Die unglückseligen „Koalitionskriege“ hatten damit für 
Sachsen ihr Ende gefunden. Unsägliche Anstrengungen, 
gewaltige Märsche, Hunger, Krankheit und Elend, das war 
das Ergebnis der vier Feldzüge, die keln Strahl des Ruhms 
in der Erinnerung verklärt. — Reichsarmeeschicksal! 
1161 Mann Gesamtverluste hatte der sächsische Heeres- 
teil in diesen Krieg zu tragen. Die Jahl der Gefallenen, 88, 
und der Verwundeten, s4, ist klein im Verhiltnis zur 
langen Dauer; groß aber ist der Abgang, den das Elend 
bedingte, 762 Mann starben an Krankheit, 224 entliefen. 
Am 13. August schloß Oberst von Lecoq in Erlangen 
eine Ubereinkunft Sachsens mit den Franzosen ab. 
Bemerkenswert ist, daß am 2. August im Lager von 
Bindloch bei Münchberg zum ersten Male die vom Kur- 
fürsten gestifteten Goldenen und Silbernen Tapferkeits- 
medaillen an Unteroffiziere und Mannschaften verliehen 
wurden. 
Eine zehnjährige Ruhepause trat ein. Fortschritte in der 
Ausbildung machte das Heer in dieser Zeit nicht, obwohl 
im Jahre 1804 ein „neuverbessertes Exerzierreglement für 
die Infanterie“ erschien; es brachte in der Hauptsache einen 
rascheren Marsch mit 90 statt 75 Schritten in der Minute 
Cetzt 114). Die Bewaffnung blieb der „Kuhfuß“, eine 
gerade, locker und kurz geschäftete Flinte. Der steife alte 
Gamaschendienst, dessen Höhe in tadellosem Auftreten bei 
Wachen und Paraden erreicht schien, wurde durch einige 
Exerzierlager, wie 1802 bei Striesen, 1803 bei Mühlberg, 
nicht weiter belebt. Die Manöverschlachten wurden nach 
einem festen Plane abgeleistet; weder der Führer noch der 
Mann konnte dabei lernen, nur das militärische Auge jener 
Tage hatte seine Freude an Richtung, Vordermann und dem 
Klipp-klapp des maschinenmäßigen Deills. Daß mit den 
am Anfang des Jahrhunderts richtigen, nun sinnlos ge- 
wordenen, erstarrten Formen der Linientaktik dem neuen 
Geiste der Kriegskunst nicht Widerstand geleistet werden 
konnte, ahnte man wohl in den fruchtlosen Kämpfen der 
letzten Jahre, aber man tat nichts Ernstes. Es mußten 
schwerere Schläge kommen. 
Mit einem Heere von 21961 Infanteristen, 6631 Rei- 
tern, aber nur schwacher Artillerie trat Sachsen in die 
nelle Zeit. 
Das anhebende 19. Jahrhundert fand nach den vergeb- 
lichen ruhmlosen Kriegen gegen Frankreich das Heilige 
Nömische Reich deutscher Nation in einem trostlosen Zer- 
fall. Die Feindschaft der beiden größten Staaten, Preußen 
und Osterreich, war seit dem Basler Frieden im bedrohlichen 
Wachsen, voll Eifersucht und Neid betrachteten sich die 
mittleren, kleineren und winzigen. 
Feindschaft, Verstimmung, Mißmut, Argwohn überalll 
Was die Feinde in den Kämpfen seit dem Dreißigjährigen 
Kriege nicht ganz erreicht hatten, die völlige Zerstörung der 
Reste kaiserlicher Macht, das besorgten nun die Deutschen 
selbst gründlich. Nach langem Raten, Janken und Feilschen 
bam er unter dem Drucke des Auslands zum Reichsdeputa- 
tionshauptschluß vom 25. Februar 1803. Da wurde nach 
Herzenslust mediatisiert und säkularisiert, wie heute sozia- 
lisiert werden soll. Man glaubte etwas sehr Großes ge- 
leistet zu haben und hatte nur das Reich erschlagen und 
sich selbst wehrlos gemacht. Im folgenden Jahre nahm 
der Deutsche Kaiser Franz II. den Titel eines Kaisers von 
Osterreich an. Schon in dem 1805 ausbrechenden Kriege
	        
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