Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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Form, unterstützt von den Konservativen, dem Zentrum und 
einem Teile der Nationalliberalen führte, jedoch ohne daß 
die Regierung der Reichstagsentschließung Folge leistete — 
und in einem jüngeren, in dem einesteils Belgien und 
Frankreich, andernteils die Balkanländer hervortreten. Hatte 
die Bewegung in jenem vorwiegend agrarpolitischen Charak- 
ter, so war sie in diesem mehr wohnungspolitischer Art. 
Im früheren Zeitraume handelte es sich mehr um erste Ver- 
suche, im späteren kam es zu praktischen Verwirklichungen, 
in der Durchführung dem ursprünglichen Sinne der ameri- 
kanischen Heimstättensiedlung wieder näher verwandt. 
Doch genug dieser Andeutungen nach der erwähnten 
Quelle — worauf es ankommt, dürfte sich an dem Mit- 
geteilten hinlänglich ver deutlichen lassen: es handelt sich um 
eine Schutzmaßregel gegen Ausbeutung durch 
Bodenspekulation. Das Wesentliche ist, daß die Heim- 
stätte eine Siedlungsform ist, die den Schutz des Siedlers 
um des erwähnten Zweckes willen durch eine Rechtsform 
erstrebt, kraft welcher dem Siedler ein unpfändbares Besitz- 
recht eingeräumt wird. Unter Heimstätte, können wir 
sagen, versteht man den einer Familie durch zweck- 
mäßige gesetzliche Bestimmungen gewährlei- 
steten, gegen Verpfändung sichergestellten, 
vererbbaren dauernden Besitz eines Stückes 
be bauungofähigen Landes nebst zugehöriger 
Eigenhauswohnung. Zu den zweckmäßigen gesetzlichen 
Bestimmungen gehört nach dem Bisherigen vor allem 
1. die grundsätzliche Unbelastbarkeit durch Hypotheken, 
wenigstens soweit sie nicht mit den Baulichkeiten und 
mit etwaigen Verbesserungen zusammenhängen, 
2. die grundsätzliche Unpfändbarkeit bei unverschuldeter 
Verschuldung, 
3. die grundsätzliche Unteilbarkeit. 
Weitere Bestimmungen, die sich als nicht minder notwendig 
aus der Erfahrung ergeben haben, wird die fernere Dar- 
stellung an geeigneter Stelle (rechte Spalte unten) hinzu- 
zufügen haben, der Grundgedanke, der Sinn dürfte aus der 
Betrachtung der Geschichte der Heimstättenbewegung vorerst 
deutlich genug geworden sein. 
Zwei Momente waren so bedeutsam genug hervorgetreten: 
einmal die Notwendigkeit weiträumiger Anlagen, andrerseits 
diejenige einer den Besitz einer Siedlungsstelle dauernd 
sichernden Rechtsform, die freilich noch keineswegs allen An- 
forderungen der Gegenwart völlig Rechnung trug. 
Der Gedanke der Heimstätte trat eine Zeitlang der ein- 
setzenden Gartenstadtbewegung gegenüber in den Hinter- 
grund. Diese wiederum wurde von dem Baugenossenschafts- 
wesen, das rasch zur Blüte kam, gewissermaßen abgelöst, es 
war gerade sein Vorzug, die Besitzfestigung, der aus mehr- 
fachen Gründen den Gedanken der Heimstätte nicht zur Aus- 
wirkung kommen ließ. 
Gleichwohl blieb er lebendig. Der Bund deutscher 
Bodenreformer war es, der ihn aufgriff und neu be- 
lebte. Am 28. Januar 1012 sprach Dr. Adolf Damaschke, 
der erste Vorsitzende dieses Bundes, vor einem Kreise ge- 
ladener Bodenreformer von der Bedeutung eines Heim- 
stättenrechtes. Man beschloß, die Angelegenheit weiter zu ver- 
folgen. 
Im Jahre 1913 veröffentlichte Herr Adolf PHohlman, der 
zweite Vorsitzende den Bundes deutscher Bodenreformer, in 
Nr. 6 der „Bodenreform 1913“ das vorläufige Ergebnis 
der ersten Beratungen einer erweiterten Bundesvorstands- 
sitzung vom 31. Januar und 1. Februar 1913, Vorschläge 
für die Gestaltung eines Heimstättengesetzes, mitgeteilt zur 
Aussprache. 
Da kam der Weltkrieg mit seinen das gesamte wirtschaft- 
liche Leben unsers Volkes gründlich genug umwandelnden 
inneren Folgen und seinen inhaltsschweren Lehren. Die Um- 
wandlungen der Lebensbedingungen erstrecken sich auch auf 
das Wohnwesen, damit aber auf eine Grundvoraussetzung 
gedeihlichen Familienlebens, gesunden Volkslebens, leßtbin 
des Staates selbst als der geformten Zusammenfassung der 
auf die Familie gegründeten Volkszusammengehörigkeit — 
auf eine Grundovoraussetzung alles höheren Lebens über- 
haupt, deren Nichtbeachtung oder Vernachlässigung die aller- 
schwersten und nachhaltigsten Wirkungen natur= und er- 
fahrungsgemäß nach sich ziehen muß. Es galt einen Weg 
zu finden zu einer glücklichen Lösung der entstandenen 
Schwierigkeiten, einen Weg, der zugleich den das Wohn- 
problem und das Problem der Bevölkerungsmehrung, der 
Ertüchtigung, der Gesunderhaltung, Wehr= und Leistungs- 
fähigmachung betreffenden Lehren des Krieges Rechnung 
trägt. Einen solchen Weg zuerst, rechtzeitig, 
gangbar und großzügig gefunden und der All- 
gemeinheit gebührend zum Bewußtsein ge- 
bracht zu haben, ist das unbestreitbare hohe 
Verdienst des von Dr. Adolf Damaschke in Berlin 
zielbewußt und durch gegnerische Entstellungen und Be- 
mängelungen unbeirrbar geführten Bundes deutscher 
Bodenreformer, aus dessen Mitte der Gedanke der 
Schaffung von Kriegerheimstätten als Heimstätten in neu- 
zeitlicher, eine große Reihe praktischer Erfahrungen mit- 
berücksichtigenden Form hervorgegangen ist. 
2. Der Hauptausschuß für Kriegerheimstätten in 
Berlin 
Kriegerheimstätten, unzweifelhaft eine Wiederauf- 
nahme der seinerzeit von Freiherrn von Riepenhausen erstreb- 
ten Schaffung von Heimstätten überhaupt, aber eben mit Be- 
schränkung auf unsere Krieger, deren Witwen und Kinder 
und in einer eben sowohl den Erwerb möglichst erleichtern- 
den wie den Schutz des Siedlers wirksam begründenden, den 
Anforderungen der besonderen Gegenwartsverhältnisse ent- 
sprechenden Rechtsform, Kriegerheimstätten so gedacht, das 
war das Ziel, zu dessen Verwirklichung der Bund eine ihm 
dienende besondere Organisation schuf: den Hauptaus- 
schuß für Kriegerheimstätten in Berlin. 
Es liegt auf der Hand, daß die Schaffung eines Heim- 
stättengesetzes für Krieger nur erst den Anfang bildet der 
Verwirklichung, der endlichen Verwirklichung des Heim- 
stättengedankens in Deutschland als der zeitgemäßesten und 
zweckmäßigsten Sonder= und Eigenart der Siedlung — nach 
Möglichkeit wird einer späteren Zeit die Verallgemeinerung 
der Gültigkeit des Gesetzes geboten erscheinen, eine Aufgabe, 
die zurzeit schon deshalb unterbleiben muß, weil es dazu 
eines Überganges, einer Erprobung zugleich bedarf, ohne die 
die Verwirklichung von vornherein in Frage gestellt wäre. 
Welche Beschränkung wäre aber treffender als die auf 
die Kriegsteilnehmer und deren Angehörige und Hinter- 
bliebene — sie, die für den heimischen Boden gekämpft, 
mit Opfern an Gesundheit, Lebensglück, an Hab und Gut, 
ja ihres Lebens für ihn gestritten. Welch würdigere Form 
dauernden Dankes wäre denkbar als die Ermöglichung der 
Segnungen einer Heimstätte, um so mehr als der Staat 
damit zugleich am wirksamsten seiner Fürsorgepflicht waltet. 
In einer, wie wir sagten, verbesserten Rechtsform. Dazu 
gehört des weiteren, und damit setzen wir die obige Cha- 
rakterisierung fort (linke Spalte Mitte): 
4. ihr Erwerb auf dem Wege unkündbarer Tilgungs- 
hypothek — aus öffentlicher Hand, auch durch Stif- 
tungen, Vermächtnisse usw., 
5. der Ausschluß des freihändigen Verkaufs und 
6. der Ausschluß des freiwilligen Verzichts auf die Be- 
stimmungen unter 1 bis §, 
lauter Bestimmungen, die nur scheinbar Erschwerungen, tat- 
sächlich notwendige Sicherungen und heilsame Beschrän-
	        
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