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b) Die Verhandlungen zwecks Beteiligung an der Landes-
siedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“.
JP0) Die Verhandlungen zwecks Anderung des Gesetzes über
die Landeskulturrentenbank.
d) Sonstige den Kleinwohnungsbau und das Siedlungs-
wesen fördernde Maßnahmen, insbesondere die Errich-
tung des Landeswohnungsamtes und dessen Tätigkeit.
a) Die Verhandlungen zwecks Schaffung eines Ansiedlungsgesetzes
für Kriegsteilnehmer
Noch bevor im Reichstage die Frage der Kriegerheim-
stätten zur Besprechung kam, stand sie im Sächsischen Land-
tage zur Verhandlung. Anlaß dazu gab einmal ein von der
Kgl. Staatsregierung vorgelegter Gesetzentwurf — auf die
einen solchen Schritt mit vorbereitende, anregende und för-
dernd begleitende Tätigbeit des Heimatdank und der Zentral-
stelle für Wohnungsfürsorge wurde an gegebenem Orte be-
reits hingewiesen — und sodann fast gleichzeitig ein am
6. April 1916 in der zweiten Ständekammer eingebrachter
Antrag der nationalliberalen Abgeordneten Dr. Sepyfert,
Dr. Niethammer und Genossen auf Schaffung von Krieger-
heimstätten. Alle weiteren Beschlüsse gründen sich auf dieses
beiderseitige Vorgehen. In beiden Fällen handelt es sich
darum, unbeschadet der Schaffung eines Reichskriegerheim-
stättengesetzes, dessen Verabschiedung den Zeitumständen un-
terliegt, Schritte zu tun, um für alle Fälle die Verwirk-
lichung des Gedankens der Kriegerheimstätten für Sachsen
zu sichern und möglichst bald auch herbeizuführen.
I. Die Behandlung des Regierungsentwurfs
1. Gesetzentwurf vom 27. März 19156, die An-
siedlung von Kriegsteilnehmern betreffend
und seine Begründung.
Der Gesetzentwurf lautet:
1.
Die Kreishauptmannschaft Dreoden als Generalkommis-
sion für Ablösungen und Gemeinheitsteilungen hat die An-
siedlung von hierfür geeigneten Teilnehmern an dem gegen-
wärtigen Kriege, insbesondere von Kriegsbeschädigten, zu
vermitteln.
Zu diesem Zwecke wird ihr ein beratender Ausschuß zur
Seite gestellt, dessen Mitglieder von dem Ministerium des
Innern nach Gehör des Landeskulturrates und des Landes-
rates der Stiftung Heimatdank berufen werden.
&2.
Die Bezirksverbände haben bei der Ansiedlung von Kriegs-
teilnehmern mitzuwirken und hierbei den Aufträgen der Ge-
neralkommission Folge zu leisten.
Insbesondere werden sie ermächtigt, zu diesem Zwecke
geeignetes Land zu erwerben und an die Ansiedler zu ver-
kaufen oder Erbbaurecht daran zu bestellen, die Ansied-
lungsstellen zu beleihen oder für die Kauf= und Baugelder-
hppotheken gemeinschaftlich mit der Gemeinde als Ansied-
lungsort Bürgschaft zu übernehmen.
63.
Die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen näheren
Bestimmungen werden vom Ministerium des Innern ge-
troffen.
2. Aus den Ausführungen des Bericht-
erstatters Oberbürgermeister Dr. Sturm in der Ersten
Kammer am 31. März 1916, 25. Sitzung (Lt. Mitt. 1. K.
S. 404 A—D):
„M. h. H.! Das Dekret, über welches ich zu berichten
habe, betrifft die Errichtung von Kriegerheimstätten. Die
Bestrebungen, die auf die Gründung von Kriegerheimstätten
gerichtet sind, gewinnen mehr und mehr an Boden, es haben
sich sogar besondere Vereine gebildet, die diese Bestrebungen
unterstützen, und sie verdienen auch in jeder Beziehung ge-
fördert zu werden. Sie gehen davon aus, daß dem, der sein
Leben eingesetzt hat für den Schutz der Heimat, soweit als
möglich die Gelegenheit gegeben werden soll, ein Stück
dieses Heimatbodens sein eigen zu nennen und als Nah-
rungoquelle für sich und seine Familie zu benutzen.
In dankenswerter Weise hat für Sachsen unsere Staats-
regierung die Lösung dieser Frage in die Hand genommen.
Sie läßt sich dabei von dem durchaus zu billigenden Grund-
satz leiten, daß man nicht Kriegsbeschädigten-Kolonien grün-
den soll, was natürlich viel leichter sein würde, sondern daß
man vielmehr über Städte und Dörfer zerstreut ländliche
Handiverker= und Arbeiterstellen mit einem Stück Nutzland
schaffen soll, das gerade groß genug ist, um den eigenen Be-
darf des Besitzers und seiner Familie an Gemüse und Kar-
toffeln zu decken und etwas Kleinvieh darauf zu halten,
und sie verspricht sich hiervon wichtige Dienste für die Volks-
ernährung und Volkögesundbeit, zugleich auch für die Volks-
vermehrung und Wehrkraft. Zugleich erhofft sie hiervon
einen teilweisen Ersatz für den voraussichtlich großen Mangel
an landwirtschaftlichen Arbeitern und ländlichen kleinen
Handwerkern.
Wenn die Regierung diese Siedlungen auf das ganze
Land verteilen will, ist eine Zentralstelle nötig, bei der die
Fäden zusammenlaufen. Ale solche ist die Kreishauptmann-
schaft Dresden in ihrer Eigenschaft als Generalkommission
für Ablösungen und Gemeinheitsteilungen vorgesehen. Ihre
Aufgabe soll es sein, die in Betracht kommenden Grund-
stücke auf ihre Eignung zu prüfen, sie den Ansiedlungs-
werbern nachzuweisen und die Abtrennung und grund-
bücherliche Vereinigung der Grundstücke herbeizuführen. Ihr
soll ein beratender Ausschuß zur Seite stehen usw.
Es ist noch erwogen worden, ob nicht für alle Geschäfte
Gebührenfreiheit festgesetzt werden soll; dem stehen aber
wegen der Vielseitigkeit der Geschäfte nach der Begründung
unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Doch soll im
Erlaßwege weitgehende Gebührenfreiheit gewährt werden.“
3. Die befürwortenden Ausführungen des Vor-
sitzenden des Landesverbandes Königreich Sachsen des Bun-
des deutscher Bodenreformer Wirkl. Geh. Rats Dr. Waen-
tig, Exzellenz (ugl. Seite 298). "
„Meine hochgeehrten Herren! Ich fühle mich in meiner
besonderen Eigenschaft als Mitglied des Bundes deut-
scher Bodenreformer gedrungen, der Regierung ganz
besonderen Dank auszusprechen, daß sie die Sache der
Kriegerheimstätten, die der Bund deutscher Bo-
denreformer seit mehr als Jahresfrist sich zur beson-
deren Aufgabe gestellt hat, mit den ihm zu Gebote stehen-
den Mitteln zu fördern, auch ihrerseits in unserem engeren
Vaterlande dadurch in die Wege zu leiten sich entschlossen
hat, daß sie uns den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf vor-
gelegt hat.
Ich weiß sehr wohl, daß man dem großen und schönen
Gedanken, unseren draußen im Felde kämpfenden Brüdern,
die ihr Blut und Leben einsetzen für die Verteidigung des
Vüaterlandes, dadurch den Dank dieses Vaterlandes an den
Tag zu legen, daß man Mittel und Wege zu finden sucht,
ihnen in der Heimat ein Stück Boden bereitzustellen, auf
dem sie, wenn wieder Friede geworden ist im deutschen
Lande, ihre friedliche Tätigkeit aufnehmen und wo sie na-
mentlich eine gesicherte Wohnstätte für sich und die Ihrigen
finden, wo sie ihre Kinder aufziehen können zu gesunden
und bräftigen deutschen Bürgern, die dermaleinst, wenn
vielleicht wieder neidische Nachbarn uns mit Krieg über-
ziehen, denselben opferwilligen Weg gehen können wie ihre
Väter — ich weiß, daß man diesem großen und schönen
Gedanken auch anhängen und ihn fördern kann, wenn man
nicht Bodenreformer ist, aber trotzdem möchte ich doch be-
haupten, daß er in einer engen Beziehung steht auch zu den
Bestrebungen, die der Bund deutscher Bodenrefor-