Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

nicht empfiehlt, diese Berechnung selbst wiederzugeben. Wir 
begnügen uns, als Ersatz dafür einige Erwägungen grund- 
sätzlicher Art anzustellen, die geeignet erscheinen dürften zu 
zeigen, daß der Siedler bei richtiger Wirtschaftsweise sehr 
wohl auf seine Kosten kommen kann. Ee ist zunächst außer 
Frage, daß die Kosten für die Erstellung der Siedlungs- 
gebäude sich unverhältnismäßig gesteigert haben. Das hat 
zur Folge, daß auch die Verzinsung entsprechend gestiegen 
ist. Demgegenüber ist aber zu beachten, daß derselbe Sied- 
ler, wenn er statt sich anzusiedeln eine Kleinwohnung mieten 
wollte, diese auch nur zu erhöhtem Preise würde haben 
können. Ihm steht, wenn er sich ansiedelt, die Möglichkeit 
höheren Erlöses aus seinen Erzeugnissen zur Seite, falls 
er sie absetzt, oder entsprechenden Ersparnisses, wenn er sie 
für sich verwendet und also nicht teurer einzukaufen braucht. 
Dabei bleibt der Bodenpreis nach wie vor billig, das kommt 
ihm sogar besonders zustatten. 
Das maßgebende sächsische Organ der Schrebervereine hat 
die Gesamtarbeitsleistung für die intensive Bewirtschaftung 
der 2500 Quadratmeter auf zehn Stunden täglich berechnet. 
Bei größerem Gelände, das pro 1000 Quadratmeter je nach 
Kaufpreis und Aufschließung nur rund 30 bis 100 Mark 
für Zinsen und Abzahlung erfordert, sind der dann erfor- 
derlichen Mehrarbeit entsprechend auch die Erträgnisse höher. 
Wenn man bedenkt, daß die Preise der Erzeugnisse nicht 
unerheblich gestiegen sind, die teils als entsprechend hohe 
Ersparnisse, teils als höhere Einnahmen in die Erscheinung 
treten, so ist die Möglichkeit der Aufbringung sehr wohl 
vorhanden, immer unter Vergegenwärtigung der Tatsache, 
daß andererseits die Preise der Mietwohnung auch erheblich 
gestiegen und eine Ersparnis bzw. ein Gewinn aus Ge- 
ländebebauung nicht damit verbunden ist. 
7. Welche Erfahrungen für das Gelingen der 
Ansiedlung liegen vor? 
Die Aufbringung der Beträge für Verzinsung (4 /0) 
und Tilgung (3/1%) dürfte nach den von Fachleuten im 
allgemeinen und in der Auenhainer Kolonie im besonderen 
tatsächlich gemachten Erfahrungen sicher nicht unerfüllbar 
schwer halten und wird mit den Jahren immer leichter wer- 
den. Erfahrungsgemäß haben die in der Hauptsache in Frage 
kommenden Leute bisher sowieso schon gleich hohe Beträge, 
oft mehr, monatlich im Durchschnitt für Wohnungs= und 
Gartenmiete aufgebracht, dafür aber meist nur recht be- 
scheidene Stube, Kammer, Küche, Zubehör und nur ein paar 
Hundert, oft weit abgelegene Quadratmeter Pachtland gehabt. 
Wenn irgendwo, so zeigt es sich hier, daß die persönliche 
Eignung nach Fähigkeiten und sonstigen Umständen aller- 
dings stark ins Gewicht fällt, daß es darum Grundvoraus- 
setzung sein muß, nur wirklich geeignete Leute in solchen 
Siedlungen unterzubringen. 
Es erübrigt zur weiteren Kennzeichnung der Sächsischen 
Kriegersiedlung einige weitere Punkte der Satzungen mitzu- 
teilen, nämlich: 
1. Nach § 10 derselben sind die Mitglieder u. a. berechtigt, 
sich um käufliche Überlassung eines Hauses zu bewerben, 
sofern sie mindestens vier Geschäftsanteile erworben haben. 
2. Nach & 11 sind sie verpflichtet, mindestens einen Geschäfts- 
anteil zu erwerben, für die Verbindlichkeiten der Genossen- 
schaft mit So Mark auf jeden Geschäftsanteil zu haften. 
3. Der auf 50 Mark fesigesetzte Geschäftsanteil ist inner- 
halb eines Monats nach dem Tage der Beitrittserklärung 
zu zahlen, doch sind monatliche Zahlungen von fünf Mark 
auf Antrag statthaft. So nach § 12. 
4. Nach ## dienen zur Deckung eines Verlustes, der sich 
aus der Bilanz ergibt, die gesetzlichen Rücklagen. In die- 
selben fließen die Eintrittsgelder, der volle Reingewinn 
des ersten Geschäftsjahres und späterhin mindestens 20% 
des jährlichen Reingewinnes, bis die Rücklagen 50 % der 
Haftsummen erreicht haben. 
323 
Im übrigen entspricht die Satzung sinngemäß den an sie 
nach dem Genossenschaftsgesetz zu stellenden Anforderungen. 
„Das Ergebnis der im November 1917 erfolgten Revi- 
sion ist dahin zusammenzufassen, daß die Gesellschaft, so- 
weit sich bisher übersehen läßt, mit großem Geschick und 
großer Hingabe der Verwaltungsmitglieder den Weg zur 
Schaffung von Kriegerheimstätten erstmalig in Sachsen 
praktisch beschritten hat. Die geleistete Arbeit ist von großer 
allgemeiner Bedeutung, da vielfach ein unbekanntes Arbeits- 
gebiet gemeinnütziger Tätigkeit betreten wurde.“ 
Über die entfaltete Tätigkeit der Gesellschaft liegen die 
Jahresberichte auf die Jahre 1916—1918 vor. 
O) Die Bezirkssiedlungsgesellschaften 
Es bestehen zurzeit, d. h. bis Ende 1919, im ganzen 
10 Bezirkssiedlungsgesellschaften, und zwar in Chemnitz 
(Chemnitzer Kriegersiedlung), Dresden (Dresden Stadt 
und Land), Flöha, Freiberg (Stiftung Bergheimat), 
Kamenz, Leipzig (Sichsische Kriegersiedlung), Löbau, 
Olonitz i. V. (Oberes Vogtland), Pirna und Zgittau 
(Zittau-Land). Sie verteilen sich annähernd gleichmäßig 
über das Land, merkwürdig ist immerhin, daß das Erz- 
gebirge überhaupt keine, das Vogtland nur eine aufweist, 
auch ist Westsachsen nur durch Leipzig vertreten, wir er- 
wähnten schon früher, daß dort, wo derartige Gesellschaften 
fehlen, die Landessiedlungsgesellschaft oder auch die Säch- 
sische Heimstättengesellschaft gegebenenfalls eintreten kann. 
Weitere Bezirksgesellschaften sollen gegründet werden. 
Wenn nun schon alle diese Gesellschaften im Siedlungeinter- 
esse tätig sind, so haben sie doch keineswegs alle die gleiche 
Grundanlage. Die Freiberger Gesellschaft hat die Form 
einer Stiftung, sie erinnert an die Stiftung Heimatdank. 
Ihr Jweck ist ein ziemlich umfassender. Nach § 2 der Stif- 
tungsurkunde gilt es, den aus dem Weltkriege heimkehrenden 
Kriegern die Ermietung oder den Erwerb eines gesicherten 
Heimes zu ermöglichen, überhaupt auf gemeinnütziger Grund- 
lage das Wohnungswesen der minderbemittelten Bezirks- 
eingesessenen zu fördern. Die Stiftung übernimmt ins- 
besondere die im Ansiedlungegesetz dem Bezirksverband über- 
tragenen Rechtsgeschäfte und die Rückbürgschaft für die 
Bürgschaft des Bezirksverbandes sowie die Geschäfte der 
unteren Verwaltungsbehörde im unmittelbaren Verkehr mit 
der Landessiedlungsstelle. Außerdem aber dient sie der Woh- 
nungsfürsorge im allgemeinen sowie der Beschaffung ge- 
sunder und zweckmäßig eingerichteter Kleinwohnungen für 
Minderbemittelte zu billigen Preisen. Als Einzelaufgaben 
werden genannt: Erwerb, Erschließung, Verwertung und 
Bebauung von Land, Erwerb schon gebauter Häuser, Über- 
nahme von Bauarbeiten und deren Finanzierung, die Ver- 
äußerung oder Vermietung von Kleinwohnungen und Klein- 
häusern. Dieser Zweck wird vorwiegend durch die Stiftung 
selbst gefördert, gegebenenfalls aber auch durch Unterstützung 
anderer gemeinnütziger Bauunternehmungen. Ec verdient 
hervorgehoben zu werden, daß ein Bezirkswohnungs= 
nachweis eingerichtet wurde, der sich als sehr zweck- 
mäßig erwiesen hat, eine vorbildliche Maßnahme zumal 
in der Zeit hoher Wohnungsnachfrage, es bonnte eine große 
Reihe Wohnungen vermittelt werden. Geschlossene Sied- 
lungen sind in Brand Erbisdorf und Sayda in Vor- 
bereitung, im übrigen bedingt die Eigenart der Erwerbs- 
und Wohnungsverhältnisse des Bezirkes in der Hauptsache 
die verstreute Einzelansiedlung in Wohn= und Wirtschafts- 
heimstätten. Im wesentlichen stimmen die übrigen Gesell- 
schaften im Zwecke des Unternehmens damit überein. Auch 
die Befestigung bestehenden Besitzes, andererseits die Kre- 
ditvermittlung bzw. Darleihung von Mitteln werden teil- 
weise besonders aufgeführt. Die „Chemniter Krieger- 
siedlung“ baut in der Stadt Chemnitz Einfamilienhäuser, 
213
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.