324
bestehend aus Wohnküche, Waschküche, drei bis vier Wohn-
und Schlafräumen, Stallanbau für Kleintiere. Zu jedem
Haus gehören 200—800 Quadratmeter Gartenland. Außer-
halb der Stadt Chemnitz sollen Wohnheimstätten von ähn-
licher Art, gegebenenfalls als Zweihausgruppen, oder auch
Wirtschaftsheimstätten mit Feldgrundstück, Größe je nach
Bedarf, errichtet werden. Das in seinem Auftrage nach den
Mlänen der Chemnitzer Kriegersiedlung erbaute Haus über-
nimmt der Siedler zu vollständigem Eigentum gegen eine
Anzahlung von wenigstens 15 % des normalen Bauwertes.
Das Restkaufgeld wird von der Gesellschaft als Hypotheken-
belastung unkündbar gegen zeitgemäße niedere Verzinsung
und Tilgung gestundet. Das Grundstücksland wird in Erb-
baurecht gegen mäßigen Erbbaurechtszins durch Abschluß
eines Erbbaurechts-Vertrages auf 100 Jahre abgegeben, so
daß der Siedler eine Kapitalanlage auf dasselbe nicht not-
wendig hat. Die Anzahlung würde für Wohnheimstätten
auf den Chemnitzer Siedlungsgeländen je nach Größe und
Wert des Hauses 1200—2000 Mark betragen. Der Bau
und die Eigentumsübernahme der Wohn= und Wirtschafts-
beimstätten außerhalb der Stadt Chemnitz erfolgt zu gleichen
Bedingungen, die Überlassung von Land nach besonderen
Vereinbarungen. Die Pflichten des Siedlers sind
folgende: er hat, da er Grundstückseigentümer wird, die
Hypothekenzinsen und damit die Tilgung sowie den Erk-
baurechtszins pünktlich zu entrichten, die auf dem Grund-
stück lastenden Steuern und Abgaben zu zahlen und sich
etwa notwendig machende Reparaturen und Erneuerungen
am Haus und dessen Einfriedigung auf seine Kosten vor-
nehmen zu lassen. Zur Erleichterung der letztgenannten Ver-
pflichtungen will die Kriegersiedlung die Siedler ihrer städti-
schen Siedlungen zu Wirtschafts-Genossenschaften
zusammenschließen. (Seite 220 und 324 rechte Spalte.)
Im Unterschied zu den anderen Bezirkegesellschaften darf
die Siedlungsgesellschaft Oresden Stadt und
Land die Kleinwohnungen und Heimstätten nicht selbst
errichten; auch nicht ausnahmsweise und ergänzend wie die
Landessiedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“. Sie soll
in erster Linie Kredit vermitteln, sodann beraten und Land
beschaffen, auch Land zur Erhaltung oder Beschaffung von
Grünflächen und Gärten, auch soll solches für sonstige
öffentliche und gemeinnützige Zwecke erworben werden können.
Was die Höhe der verfügbaren Mittel anlangt,
so bestehen ebenfalls und naturgemäß bedeutende Unter-
schiede. Obenan steht die Siedlungsgesellschaft Dresden
Stadt und Land mit einem Kapital von 2 700 oo Mark,
dann folgt die Chemnitzer Kriegersiedlung mit 550 o00
Mark, hierauf die Bezirkbsgesellschaft Flöha mit 500 ooo
Mark, Zittau-Land mit 350 doo Mark, Oberes Vogtland
(Olsnitz) mit 322 000 Mark, Pirna mit 300 doo Mark,
die geringste Summe beträgt 150 000 Mark.
Die Siedlungsgesellschaften sind in folgender zeitlicher
Reihenfolge gegründet: zuerst Leipzig am 12. Oktober 1916,
dann Freiberg am 20. September 1917, dann Flöha am
6. Dezember 1917, Kamenz am 16. April 1918, Dresden
lim Mai, am 20. Juni Löbau, am 24. Juli Pirna, am
13. August Chemnitz, Jittau am 24. Januar, Olsnitz im
Mai 1910.
Die Gesellschaften sind sämtlich auf der Grundlage der
Gemeinniitzigkeit gegründet. Der Gewinnanteil darf 4 bis
50% der eingezahlten Stammeinlagen jährlich nicht über-
steigen, auch steht ihnen bei Auflösung der Gesellschaft oder
der Rückzahlung ihrer Stammeinlagen bein Kapitalgewinn
zu, etwaige Uberschüsse stehen den beteiligten Bezirksrer=
bänden für gleiche Zwecke zur Verfügung, wie sie in den
Gesellschaftsverträgen vorgesehen sind. Bei der Stiftung
Bergheimat in Freiberg wird der jährliche Reingewinn
nach Beschluß des Stiftungsrates zur Besserung der Woh-
nungs= und Gesundheitspflege des Volkes und zu sonstigen
gemeinnützigen Einrichtungen verwendet. Es können auch
Rücklagen zu besonderen Zwecken, insbesondere für Miet-
ausfälle angelegt und regelmäßige und einzelne Zuwen-
dungen gemacht werden.
Wie sie aber selbst nicht spekulativ sich verhalten,
so ist auch in bezug auf die Erstellung der Siedlungen bzw.
Wohnungen ihr Absehen auf Ausschaltung und Fernhal-
tung der Spekulation gerichtet. Durch Anwendung
don Vorkaufs-, Wiederkaufs= und Erbbaurecht
wird dieser Absicht entsprochen.
Die Gesellschaften sind die gesetzlich gegebenen Vermittler
gegenüber der Zentralbehörde, den Ansiedlungsbewerbern
gegenüber sind sie die gegebenen Organe für Beratung und
Entgegennahme der Siedlungsansuchen.
Fragen wir endlich nach den Leistungen, so ist fol-
gendes zu sagen: es ist vielerlei in Vorbereitung, aber doch
auch schon mancherlei verwirklicht.
Die Chemnitzer Kriegersiedlung ist nach Ge-
währung von 867 000 Mark Überteuerungszuschuß in die
Lage versetzt, 30 Siedlungshäuser auf Gablenzer Gebiet
(Öststraße) zu erstellen. Es sollen bis 1. April 1920 eine
Anzahl Wohnungen dort. bezugsfertig werden. Diese Häuser
sind Einfamilienhäuser im Reihenhausbau mit zirka 200 bis
500 Quadratmeter Gartenland. Sie bestehen aus Wohn-
küche, Spülküche, Wohnstube im Erdgeschoß und drei Schlaf-
räumen im Obergeschoß. Die Siedler werden nach Über-
nahme der Häuser zu Eigentum zu Heimstättengenossen-
schaften als Wirtschaftsgenossenschaften zusammengeschlossen
werden (vgl. linke Spalte oben und Seite 299).
Beträchtlich sind die Leistungen der unter dem früheren
Amtshauptmann, jetzigem Vortragenden Nat im Ministerium
des Innern (Landeswohnungsamt) Dr. Edelmann be-
gründeten und tatkräftig geleiteten Bezirkssiedlungs-
gesellschaft Flöha. Ausführungen darüber im Flöhaer
Tageblatt vom 19. Oktober lolg von Baumeister Ernst
Richter-Plaue-Bernsdorf entnehmen wir folgendes, was
allgemeiner Beachtung wert sein dürfte.
Zunächst: im Laufe der ersten Hälfte des Oktobers wur-
den die ersten 12 Wohnungen nach dem Kriege neu ersiellt,
in Flöha bezogen. In Sschopau ist ein Haus vom glei-
ehen Typ wie in Flöha errichtet, vier weitere enthalten je
sechs Wohnungen mit nur drei Wohnräumen. Von den
Wohnungen sind außer in Flöha noch 18 in ISschopau be-
zogen, ebenso sechs in Erdmannsdorf. 64 Wohnungen sind
in Ischopau, Erdmannsdorf, Grünhainichen, Borstendorf,
Auerswalde und Plaue-Bernsdorf im Bau, sie werden eben-
falls zum großen Teile noch in diesem Jahre bezugsfertig.
Sodann, Flöha anlangend: den Bauplatz erwarb die
Bezirkssiedlungsgesellschaft aus Gemeindebesitz im sogenann-
ten Auengelände — an fertig ausgebauter Strasse, beschleust
und mit Wasserleitung versehen — das Quadratmeter ein-
schließlich Anliegerleistungen zu rund fünf Mark, es konnten
für jede Wohnung 120 Quadratmeter Gartenland gegeben
werden. Den Umständen entsprechend kam Mietwohnung
im Mehrfamilienhaus in diesem Falle in Frage. Fast das
gesamte Baugewerbe und Handwerk der Gemeinde Flöha
waren an den Bauten — für Lehrer, Beamte, Angestellte
und Arbeiter — beschäftigt. Ein großer Teil der Baustoffe
wurde noch rechtzeitig gesichert. Die Wohnbedingungen be-
treffend sehen die Mietverträge vor, daß die Wohnungen
von der Bezirkssiedlungsgesellschaft nicht gebündigt werden
können, solange der Mieter seinen vertraglichen Pflichten
nachkommt. Ebenso kann die Miete ohne nachgewiesene
zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit nicht gesteigert wer-
den. Eine Uberschreitung des Hauowirtschaftsplanes wird
den Mierern nachgewiesen und dann durch prozentuale Um-
lagen auf die Miete gedeckt. Jeder Mieter muß sich ver-
pflichten, Mitglied der zu gründenden Heimstättengenossen-