Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

so vieler kleiner Opfer, die gebracht wurden von solchen, 
die es nicht vom Überfluß gaben, denken all der kraft- und 
zeitraubenden Bemühungen, die im Dienste der Sache nicht 
gescheut wurden — freilich der Dankesschuld ist damit 
gewiß noch immer nur unvollkommen Genüge ge- 
tan angesichts der Größe der Opfer an Leben, Gesundbeit, 
Gut und Blut derer, die fürs Vaterland die vielen Jahre 
hindurch die Gefahren, Mühen und Entbehrungen auf sich 
nahmen, bis die Übermacht der Verhältnisse und Umstände 
und die Arglist unserer Gegner die Widerstandskraft von 
innen heraus gebrochen hatten, vor allem aber eins: blingt 
nicht doch auch ein Ton des Vorwurfs dabei mit, des 
Vorwurfs, daß die große Sache solcher Mühe bedurfte, 
ehe sie in die Bahn der Verwirklichung geleitet werden 
konnte? Dieser Vorwurf zilt einmal der Verständnislosig= 
keit weiter Kreise 
gegenüber dem, wo: 
rum es sich handelt — 
unserem Volke fehlte 
der Blickfür die staats- 
bürgerlichen Notwen- 
digkeiten — der Vor- 
wurf gilt denen, die 
dieser großen Sache 
bedauerlicherweise 
entgegenwirkt, wir 
denken der Wendung: 
die Kriegerheimstät- 
tensachesei „minderen 
Rechtes“, gedenken 
der Beschränkung der 
freihändigen Ver- 
äußerbarkeit der 
Heimstätten auf nur 
zwei Jahre beim Kapitalabfindungsgesetz, eines Umstandes, 
der gerade die Hauptsache betrifft, dle in der Art der 
dauernden Bindung gesicherte Ausschaltung der gemein- 
schädlichen Spekulation — wer damit rechnet, sein Anwesen 
nach zwei Jahren günstig zu verkaufen, denkt gar nicht 
daran, hingebende Arbeit in solch ein Anwesen zu stecken, 
und die Nachbesitzer wohnen dann wieder auf teurem 
Grunde und das Übel in größer als zuvor — wir denken 
endlich des Mangels an Entschlußkraft der maßgebenden 
Stellen im Reiche, die die Verabschiedung des ersirebten 
Reichsgesetzes immer und immer nicht herbeizuführen ver- 
mochten, eine verhängnisvolle Verzögerung, weil sie Un- 
zufriedenheit, Mißmut, Mißtrauen gerade bei denen er- 
weckte, denen ein solches Gesetz die Widerstandskraft zu 
stärken berufen gewesen wäre. 
So kam es und ist es Tatsache, daß im Blick aufs Ganze 
wir doch immer erst von Vorarbeit sprechen können, 
von Vorarbeit, die erkennen lehrt, wie wichtig die ab- 
schließende Regelung der Angelegenheit durch ein groß- 
zügiges Reichsgesetz doch nach wie vor ist, ein Gesetz, 
welches das Wesen der Heimstätten erst voll verwirklicht 
und auch in geldlicher Hinsicht das Maß der Mittel ge- 
währleistet, ohne welches der große Gedanke nur unvoll= 
kommen zum Schaden seiner selbst sich auswirken würde. 
Gleichwohl wäre es nicht recht, sollten Vorwurf und Be- 
mängelung das letzte Wort sein. Neben diesem Unerfreu- 
lichen ist doch auch anzuerkennen als erfreulich die er- 
ziehliche Wirkung, die die Verbreitung des Gedankens 
der Kriegerheimstätten in weiten Kreisen unseres Volkes 
ausgeübt. Unser Volk hat zugenommen an Verständnis für 
die Lebensnotwendigbeiten. Der Krieg selbst hat nicht wenig 
dazu mit beigetragen, die Einsicht zu wecken in den Wert 
der eigenen Scholle mit ihrer Möglichkeit der Selbstoersor- 
gung. die Lust zu landbebauender Tätigkeit, die Freude am 
Schaffen in unmittelbarer Verbundenheit mit der Natur, 
  
Kriegersiedlung Oelsnitz i. V. 
Entwurf von Architelt Zerrgibl, Kamenz 
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der Urquelle aller Kraft, hat unverbennbar zugenommen. 
Und in den Kreisen der Gesetzgeber haben die von der Bo- 
denreform gepredigten Wahrheiten, ihre Vorschläge von 
Mitteln zum Ausschluß der volksverderbenden Spekulation: 
Erbbaurecht, Wiederkaufsrecht, Vorkaufs- 
recht, Enteignungsrecht doch entschieden auch an An- 
erkennung und Beachtung gewonnen, vor allem ist über- 
haupt der Gedanke des Siedelns Gemeingut des 
Volkes geworden. 
So ist es zwar nur erst Vorarbeit, um die es sich handelt, 
aber zielbewußte, auf bewährte Erfahrung gegründet, daher 
segen- und erfolgverheißende für die Jeit, wenn unser schwer 
heimgesuchtes Volk nach der aufregenden geit des Krieges 
und der Umwälzung sich erst wieder selbst gefunden haben 
wird. Gerade die Auswirkung des Gedankens der Heim- 
stätte an Hand der 
erlassenen Gesetze und 
die geschaffenen Ein- 
richtungen werden be- 
rufen sein, dem Wie- 
deraufbau unseres ge- 
samten Volks= und 
Staatslebens in wei- 
testgehendem Maße 
geradezu als Vor- 
aussetzung und 
Vorbedingung zu 
dienen. Wie die 
Schaffung des er— 
strebten Gesetzes ge- 
eignet ist, das Für- 
einander aller Glieder 
unseres Volkes zu 
lebendiger Betätigung 
zu bringen, so wird seine Verwirklichung wesentlich dazu 
beitragen, einen vielseitigen Ausgleich der Interessen 
und die so dringend nötige soziale Versöhnung auf 
dem Grunde einer bodenständig gegründeten Kul- 
tur herbeizuführen. 
Sachsen voran auf dem Wege der 
Kriegerheimstätten, 
wir haben diesen Beitrag so überschrieben in dem Sinne, 
daß wir meinen, daß tatsächlich es gleichwohl so ist: 
unser Sachsen steht in wichtigen Punkten bei dieser Frage 
voran. 
Zunächst ist Sachsen schon rein zeitlich mit am ehesten 
hervorgetreten in ganz Deutschland. Im Dezember 1915 
war bereits die Denkschrift der Zentralstelle für Wohnungs- 
fürsorge über Ansiedlung erschienen, nachdem schon bei 
Gründung des Heimatdank am 11. Juni 1915 der Sied- 
lungsaufgabe gedacht worden war, und bereits am s. Mai 
lol#é war das Sähchsische Ansiedlungsgesetz Tatsache ge- 
worden. 
Sodann zeichnet sich unser Sachsen aus durch die 
Gründlichkeit und Vielseitigkeit der Bearbeitung des zu ver- 
wirklichenden Gedankens. Wir haben gezeigt, wie eine Zu- 
sammenarbeit aller Instanzen stattgefunden in gegenseitiger 
Fühlungnahme und Ergänzung in edlem Wetteifer. 
Endlich dürfte auch das, was geschaffen worden — 
wir meinen die Art der gesetzlich begründeten Organisation — 
als musterhaft und vorbildlich zu bezeichnen sein, zumal da 
es dem wichtigen Gesichtspunkte der Gemeinnützigkeit des 
Unternehmens unter grundsätzlicher und dauernder Fern- 
haltung spekulativer Sonderinteressen wirksam begegnet. 
So meinen wir, besteht der Ausdruck: 
Sachsen voran auf dem Wege der 
Kriegerheimstätten,
	        
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