ländlichen Verwaltungsbezirk besteht ein Verein Heimat-
dank, an dessen Spitze der Amtshauptmann bzw. das
Stadtoberhaupt steht. Diese Vereine Heimatdank, in deren
Bezirken sich in kleineren Orten auch noch Zweigvereine
gebildet haben, schließen sich in jedem Regierungsbezirke zu
einem Kreisverband zusammen, der vom Kreishaupt=
mann und dem ihm zur Seite stehenden Kreisrat geleitet
wird. Die Stiftung Heimatdank gibt der gesamten
Organisation das finanzielle Rückgrat und wird vom Mi-
nister des Innern geleitet; ihr zur Seite steht als be-
ratendes und mitbeschließendes Organ der Landesrat; in
ihm sind die Vereine durch dieselben Abgeordneten wie in
ihrem Kreisrat vertreten. Zur Bewältigung der Gesamt-
aufgaben des Heimatdankes sind neun Arbeitsausschüsse
eingesetzt, und zwar der Presseausschuß, Finanzausschuß,
Verfassungsausschuß, Ausschuß für Kleinwohnungsfürsorge,
Ausschuß für ländliche Kleinsiedlung, Ausschuß für Kriegs-
binterbliebenenfürsorge, für Heilbehandlung, für Berufs-
beratung und Arbeitsvermittlung, für Berufsausbildung.
Die frei gewählten Vorsitzenden dieser Ausschüsse bilden
neben fünf vom Stiftungsvorstand berufenen Mitgliedern,
sowie den Kreishauptleuten, den Vertretern der Großstädte
des Landes und der Kriegsbeschädigtenorganisationen das
Direktorium, dem auch die Schriftleitung der Heimat-
dank-Nachrichten untersteht, welche als geistiges Band
alle Mitarbeiter des Heimatdankes zu umschließen bestimmt
sind. Jahlreich ist die Anzahl der Männer und Frauen,
welche sich unentgeltlich in den Dienst der Sache gestellt
haben, und daß auch die Vertreter der Kriegsbeschädigten-
organisationen sich eifrig in den Vereinen Heimatdank be-
tätigen bönnen, gereicht der Sache nur zum Vorteile. Es
sei noch besonders betont, daß der Heimatdank partei-
politisch und religiös völlig neutral ist. Auf dem Gebiet
der Kriegshinterbliebenenfürsorge ist die Stiftung
Heimatdank zugleich Sächsischer Landesausschuß der Na-
tionalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege
Gefallenen in Berlin. Ebenso ist die Stiftung Heimatdank
im Reichsausschuß für Kriegsbeschädigtenfür-
sorge in Berlin vertreten, zu welchem sich lols sämtliche
deutschen Hauptfürsogeorganisationen zusammengeschlossen
haben. Die Mittel, welche der Stiftung und den Vereinen
Heimatdank zu Gebote stehen, betrugen Ende 1917 etwa
16 Million Mark; eine stattliche Summe, die bei recht-
zeitiger Verwendung imstande ist viel Segen zu stiften. Frei-
lich sind die Anforderungen, die an den Heimatdank ge-
stellt werden, auf den verschiedensten Fürsorgegebieten auch
recht große. Eine gewisse Unterstützung und Entlastung auf
einzelnen Gebieten erhält der Heimatdank durch einige zweck-
verwandte Organisationen, welche ihre Arbeit im engen
Einvernehmen mit dem Heimatdank ausüben, und diese
Arbeitsteilung hat sich bisher durchaus bewährt. Es sei an
dieser Stelle genannt: der Frauendank, der Jugend-
dank, der Akademische Hilfsbund, der Offiziers=
hilfsbund, der Sächsische Künstlerhilfsbund,
die Landessiedlungsgesellschaft und die Ver-
einigung zur Beschaffung von Hausgerät für
Kriegsgetraute.
Entsprechend dem Zwecke des Heimatdankes, die reichs-
gesetzliche Versorgung der Kriegsinvaliden und Kriegs-
binterbliebenen durch soziale Fürsorge zu ergänzen, bat er
den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf dle Berufsbera-
tung, Berufsausbildung und Arbeitsvermitt-
lung besonders für die Schwerkriegsbeschädigten gelegt. Die
Berufsberatung stellt an denjenigen, der zu ihrer Ausübung
berufen ist, große Anforderungen und legt ihm ein hobes
Mas Lon Verantwortung auf. Nur der ist zum Berufs-
berater geeignet und geschickt, der mit reichen Kenntnissen
des praktischen Lebens ein hohes Verantwortungsgefühl ver-
bindet, das getragen wird von einem warmen Herzen für
Sachsen in großer Zeit. Band IlII
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unsere Kriegsbeschädigten. Schon im Lazarett und Ge-
nesungsheim beginnt der Berufsberater seine Tätigkeit, die
zunächst mehr vorbereitend ist und darin besteht, die Mut-
losigkeit des Kriegsbeschädigten zu bekämpfen und ihm klar
zu machen, wieviel bei gutem Willen auch der in seiner Ge-
sundheit Geschädigte oder im Gebrauch seiner Glieder be-
schränkte Mensch noch leisten kann. Wenn auch der Ver-
trauenomann dem Kriegsbeschädigten im Lazarett zumeist noch
nicht bestimmte Natschläge hinsichtlich des zukünftigen Be-
rufes erteilen kann, da sich während der Behandlung der
zukünftige Zustand des Kriegsbeschädigten nicht immer vor-
aussagen läßt, so kann er doch in vielen Fällen ein etwaiges
Streben der Kriegsbeschädigten nach Beamtenstellen und
leichten Posten bei Behörden entgegentreten, besonders mit
dem Hinweise auf die geringe Anzahl der zur Verfügung
stehenden Stellen, auf die bessere Bezahlung der Fach-
arbeiter und auch auf die hohen Anforderungen, die bin-
sichtlich der Schulbildung an Beamtenanwärter gestellt
werden. Sobald der Zustand eines Kriegsbeschädigten sich
überblicken läßt, erfolgt dann unter Zuziehung eines ortho-
pädisch gebildeten Arztes und eines erfahrenen Fachberufs-
beraters an einer meist in Verbindung mit einem ortho-
pädischen Lazarett bestehenden Hauptberatungsstelle die
eigentliche Berufsberatung, deren oberster Grundsatz ist, den
Kriegsbeschädigten, wenn möglich, seinem Berufe zu er-
halten oder ihn einem verwandten Berufe zuzuführen,
bziv. einem Berufe, in dem er wenigstens einen Teil
der bisher erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten ver-
werten kann. Nur in den dringlichsten Fällen findet eine
gänzliche Umschulung statt. Hierbei sind Berufe zu ver-
meiden, welche stets an Uberfüllung leiden und hierber ge-
hört in erster Linie der kaufmännische Beruf, dem zahlreiche
Kriegsbeschädigte zustreben trotz der Warnungen, welche die
kaufmännischen Berufsverbände wieder und wieder ver-
öffentlichen. Auch auf die Bedeutung des Gartenbaues und
der Kleintlerzucht hat die Berufsberatung binzuweisen, so-
wohl im Interesse der Kriegsbeschädigten, als auch aus
volkswirtschaftlichen Gründen. Viele Kriegsbeschädigte, die
vom Lande stammen und dahin wieder zurückkehren, können
sich durch Bienen= und Geflügelzucht, Obst= und Gemüse-
bau einen einträglichen Nebenerwerb schaffen.
Wir glauben mit Vorstehendem unsern Lesern einen
kleinen Einblick in die soziale Fürsorge des Heimatdankes,
soweit sie sich auf das weite Gebiet der Berufsberatung
bezieht, gegeben zu haben. Aber hiermit ist es allein nicht
getan. Dem Kriegsbeschädigten muß nun auch durch Ge-
währung von Ausbildungsmöglichkeiten Gelegenheit, sich
für einen neuen Beruf vorzubereiten, gegeben werden. Und
gerade in dieser Beziehung ist im Freistaat Sachsen Her-
vorragendes geleistet worden: Sachsen ist das bklassische
Land der Schulen und der vorwiegend industrielle Charakter
des Landes bedingt auch das Vorhandensein zahlreicher Fach-
schulen, welche sich fast ausnahmslos in den Dienst der
Kriegsbeschädigtenfürsorge gestellt haben. Die Lehrkräfte
staatlicher, städtischer und privater Schulen wetteiferten
geradezu miteinander, ihre Dienste dem Heimatdank ehren-
amtlich und unentgeltlich zu widnen. Vor allem waren es
die Gewerbeschulen des Landes und die Gewerbeakademie in
Chemnitz, welche, meist mit Lehrwerkstätten verbunden, den
Gewerbetreibenden und Facharbeitern unter den Kriegs-
verletzten die Möglichkeit weiterer Ausbildung, unter anderem
auch durch Vorbereitung zur Meisterprüfung, gewährten.
Und zwar geschah diese Ausbildung teils durch Veranstal-
tung besonderer Lehrgänge, teils durch Aufnahme der Kriegs-
verletzten in die bestehenden Unterrichtsklassen. In äbnlicher
Weise waren auch die öffentlichen Handelslebranstalten der
größeren Städte, aber auch private Handelsschulen tätig.
An den landwirtsehaftlichen Lehranstalten Lon Bautzen,
Cheimnitz, Leipzig, Großenhain und Freiberg wurden Kriege-
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