zahlt wurden, 15 v. H. niedriger sich stellten als die des
Großhandels und sich um 50 v. H. unter denen des Klein-
handels hielten. Nicht immer freilich haben sich die Formen
des Zwischenhandels ausschalten lassen. Die menschliche
Selbstsucht hat auch hier ihre Opfer gefordert.
Den Lagern nun, insonderheit den großen, erwuchsen
durch die Einführung der Eigenwirtschaft auf dem Gebiete
der Ernährung sowie durch die straffe Vereinheitlichung in
dieser Hinsicht bedeutende Aufgaben, denen gegenüber die
Lieferungen durch das Kriegsministerium nicht allzusehr
ins Gewicht fielen. Ihre Lösung im allgemeinen lag der
Küchenverwaltung ob, die in jedem Lager einzurichten war.
Sie bestand aus dem Verpflegsoffizier, dem Lagerarzt und
dem Zahlmeister. Diese Männer hatten darüber zu wachen,
daß die von der Wissenschaft und der Verwaltung auf-
gestellten Grundsätze in der Küche auch wirklich durchgeführt
wurden.
Diese war im Laufe der Zeit erstaunlich zweckmäßig ein-
gerichtet worden. In der Regel hatte jedes große Lager
soviel Küchen, als es getrennt voneinanderliegende Teile
aufwies, etwa eine für Franzosen, eine für NRussen, eine
für die übrigen Gefangenen. Jede Küche befand sich in
einem geräumigen lichten Holzhause, in einer Wehrhalle
oder auch in einem andern Gebäude. Darin sind je nach
der Größe des Raumes und nach der Zahl der zu ver-
pflegenden Gefangenen zwei oder mehr Kessel aufgestellt,
deren jeder etwa 500 Liter fassen kann und an eine Wasser-
leitung angeschlossen ist. Elektrische Lichtanlagen sorgen für
Beleuchtung während der Nacht. Die übrige Ausstattung
besteht aus zahlreichen Blechgefäßen, hölzernen Bottichen,
Maschinen aller Art, die zur Vorbereitung der Rohstoffe,
wie des Fleisches, der Kartoffeln, des Gemüses notwendig
sind, aus Bänken und Tischen. Der Wochenspeiseplan, von
dem wir ein Beispiel kennen, hängt, vom Lagerbefehlshaber
und dem Verpflegsoffizier unterschrieben, an einer auf-
fallenden Stelle, damit sich jeder Gefangene davon über-
zeugen kann, wieviel ihm an Nahrungsmitteln in rohem
Zustande zusteht.
In der Nähe der Küchen liegen die Keller und übrigen
Vorratsräume. Überall arbeiten die Männer fleißig. An
den Kesseln stehen die kriegsgefangenen Köche, von denen
viele Meister in ihrem Berufe sind und in ihrer Heimat
einen Ruf genossen. In den Kellern und anderen Vorrats-
gelassen arbeiten andere Gefangene; sie schaffen die Roh-
stoffe herbei, die der Bearbeitung harren. Gegen 60 Mann.
schälen Kartoffeln Tag für Tag. So leisten die Kriegs-
gefangenen selbst die Hauptküchenarbeit für ihre Kameraden.
Dieser Umstand flößt den Kostgängern großes Vertrauen
ein und gibt ihnen die Gewißheit, daß aus den Nährmitteln
eine gute Mahlzeit bereitet wird.
Die Aufsicht führt ein deutscher Küchenunteroffizier, von
dessen Reinlichkeitssinn, Ordnungsliebe, Rechtlichkeit und
Gewissenhaftigkeit das leibliche Wohl seiner Pflegebefoh-
lenen zu einem guten Teile abhängt. Ihm unterstehen
auch der kleine Herd, auf dem Tunken hergestellt und Fette
ausgebraten werden, und die Probierküche, in der neue
Gerichte nach Art, Menge und Preis ausgeklügelt werden
können.
Zu den einzelnen Mahlzeiten — morgens, mittags und
abends — kommen die Kriegsgefangenen der einzelnen
Häuser oder Zelte mit großen Eimern oder Kübeln zur
Küche und holen die für sie bestimmten Mengen ab. Die
Verteilung erfolgt dann in der Unterkunft durch die
Altesten. An langen Tischen nehmen die Gefangenen das
Mahl ein. Schüssel, Löffel, in vielen Fällen sogar Messer
und Gabel, sind ihre Eßbestecke. Nicht immer mundet das
Dargebotene, und nicht alle sind damit zufrieden. Die
Feinschmecker greifen dann in ihre Kisten und Kasten und
holen Gaben heraus, die ihnen die Heimat gespendet.
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Eine der größten Sorgen bereitete der Lagerverwaltung
die Zubereitung des Brotes, das im Laufe von reichlich
vier Jahren mannigfacher Anderung in bezug auf Menge
und Güte unterworfen gewesen ist. Das wundert uns
nicht. Der Vorgang erklärt sich aus den gleichen Gründen,
aus denen auch jedem Deutschen im Kriege der Brotkorb
allmählich höher, ja sehr hoch gehängt werden mußte. Den
Lagern überließ man gegen Bezahlung Mehl. Daraus
stellten sie in eigenen oder in der Nachbarschaft gelegenen
leerstehenden Bäckereien Brot her. Auch hier leisteten die
Kriegsgefangenen selbst die Arbeit unter Aufsicht von
Deutschen.
Um sich in mancher Hinsicht unabhängiger vom Lebens-
mittelmarkt zu machen, gingen die Lager dazu über, selbst
Nahrungemittel zu erzeugen. Sie pachteten in ihrer Um-
gebung größere oder kleinere Güter und trieben darauf
Landwirtschaft, Gemüsebau und Viehzucht. Wo die richtigen
Männer am rechten Platze gestanden, d. h. wo Fachleute
die Betriebe geleitet haben, dort sind bedeutende Erfolge
erzielt worden; im andern Falle hat es an Mißwirtschaft
nicht gefehlt.
Denn es war keine Kleinigkeit, in mustergültiger Weise
die Flächen zu bebauen und einen zweckentsprechenden Vieh-
bestand zu beschaffen und zu erhalten. Die Facharbeiter
dafür fand man unter den Kriegsgefangenen, besonders
den Russen und Serben. Sie haben da gelernt, was es
heißt, zum Teil dürftigem Boden Schätze abzugewinnen.
Weite Flächen haben sie bestellt, um Roggen, Gerste und
Hafer hineinzusäen oder Kartoffeln hineinzulegen. Die
Ernten waren wie alle Kriegsernten nicht immer mittel-
mäßig.
In den Lagern oder auf den Gütern hielt man große
Hühnervölker, um Eier für die Kranken oder andere Zwecke
zu gewinnen, und Gänseherden, um den deutschen Mann-
schaften wenigstens zu Weihnachten einen Braten bescheren
zu können. Wichtiger aber erschien die Schafzucht und die
Pflege der Rinder und Schweine. Diese ergab von selbst
die Einrichtung der Milchwirtschaft, der Molkerei, Käserei
und Schlachtanstalt. Dadurch gelang es, die deutschen
Truppen, die übrigen Lagerbewohner und die Gefangenen
bis zu einem gewissen Grade zu ernähren, ohne dem be-
nachbarten Gemeindeverband zur Last zu fallen, und alle
Küchenabfälle, die bei einer solchen Massenverpflegung sehr
reichlich immer vorhanden waren, am sinngemäßesten zu
verwenden. Man denke nur an eine Kleinigkeit, an die
Verarbeitung der Knochen. Wieviel Fett ergab sie zur Be-
reitung der Margarine und wieviel Knochenmehl zur
Düngung der Felder. So entwickelten sich einzelne Lager
zu einem ganz selbständigen Ernährungsbereiche.
Freilich reichten all die Erzeugnisse der Landwirtschaft,
der Gärtnerei und Viehzucht bei weitem nicht aus, um
die größte Zahl der Lagerinsassen vollständig zu ernähren.
Kartoffeln, Gemüse und Mehl mußten nach wie vor von
auswärts bezogen werden.
Aber selbst bei sorgsamster Lagerverpflegung hatten viele
Gefangene das Bedürfnis, diese nach ihrem Geschmacke zu
ergänzen. Dazu dienten einmal die Liebesgaben, die ihnen
die Heimat oder irgendein Ausschuß der gegen uns ver-
bündeten Länder spendete, und zwar in ungeheuren Massen,
das andere Mal die Verkaufsstellen, die in jedem Lager ein-
gerichtet worden waren und besonders 1914—17 auch
Nahrungemittel feilhielten.
Auch diese Lagerläden waren im ersten Halbjahre in
den Händen der Unternehmer und wurden später von der
Lagerverwaltung übernommen. Sie boten den Gefangenen
alles, was sie zum Leben brauchten; besonders in den ersten
beiden Jahren des Krieges glichen sie Großstadtwaren=
häusern, nicht allein in Hinsicht auf die Reichhaltigkeit der
Lager, sondern auch in bezug auf den Verkehr, der sich