Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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heimischer und österreichischer Leistungen veranstaltet. Auch 
in den Dresdener Ausstellungen (Künstlervereinigung 
1917) war viel Gutes zu sehen; der Dürerbund brachte 
Veröffentlichungen, um anregend und geschmackläuternd 
zu wirken; das Kgl. Kupferstichkabinett bot einmal eine 
historisch lehrreiche Zusammenstellung von Kriegsbildern 
aus fünf Jahrhunderten. 
Das künstlerische Leben ging aber nicht in Kriegsaufgaben 
gänzlich auf, sondern führte die Kulturarbeit des Friedens 
unverdrossen weiter. Uber Erwarten glückte dies in der 
Kunsistadt Dresden, deren Ruhm man jetzt wohl nicht 
mehr so leicht mit dem schmückenden Beiwort „Elbflorenz“ 
wird erhöhen wollen. Hier gelang es sogar, das neue 
städtische Ausstellungsgebäude zu vollenden und 1916 zu 
eröffnen; um die gleiche Zeit wurden staatliche Mittel für 
eine neue Gemäldegalerie bewilligt. Der Sächsische Kunsi- 
verein nahm sichtlichen Aufschwung; in bezug auf das Aus- 
stellungswesen traf er eine Vereinbarung mit der Künstler- 
vereinigung (unter Prof. Gußmann und Sterl) und der 
Kunstgenossenschaft; ein Dresdener Künsilerbund trat neu 
auf den Plan zu dem Künstlerverband. Neben den gemein- 
sam von Künstlergruppen veranstalteten Ausstellungen 
gab es eine beträchtliche Anzahl fesselnder Sonderausstel- 
lungen. Unter ihnen durften besondere Bedeutung die in der 
Galerie Arnold gebotenen beanspruchen: nach einer Ausstellung 
deutseher „Expressionisten“ (1914) eine Ausstellung fran- 
zösischer Malerei des 10. Jahrhunderts und noch bemerbens- 
wertec die von Werken der deutschen Malerei im 19. Jahr- 
hundert (1918). Zwei Ausstellungen galten namhaften 
Dresdener Künstlern, die zugleich eine Lehrwirksamkeit zu 
entfalten berusen waren: die eine dem bedeutenden Maler 
Gotthardt Kühl (41915), die andere dem als Nachfolger 
Herm. Prells an die Kunstakademie gewählten Ludwig 
v. Hofmann. Die Tätigkeit des Leipziger Kunstvereins, der 
sich während des Krieges zunächst mit Ausstellungen aus 
Leipziger Privatbesitz behelfen mußte und sodann eine zu 
Otto Greiners Gedächtnis (1917) folgen ließ, kam den 
Leistungen der Dresdener Vereine nicht gleich; aber auch 
hier vermochte die Leipziger Jahresausstellung ihre gewohnte 
Ausstellungstätigkeit für zeitgenössische Kunst fortzusetzen. 
Doch erlebte Leipzig ein bedeutsames künstlerisches Ereignis, 
indem Max Klinger, dessen 60. Geburtstag in die Kriegs- 
zeit fiel (1917), ein neues großes Monumentalgemälde 
vollendete, das unmittelbar neben dem Wandbild der Uni- 
versitätsaula für einige Zeit mit der Möglichkeit eines 
lehrreichen Vergleichs zu sehen war; für die Stadt Chemnitz 
bestimmt, stellt es werktätige Arbeit und geistige Kultur 
dar, im Hintergrunde eine Stadt mit Industrie an reich- 
belebtem Handelshafen, vorn auf freiem Plane die neun 
Musen, Gestalten, in denen sich ein freudig bewegtes hheres 
Leben geistiger Art verkörpert. 
Galten all diese Leistungen der Förderung einer erlesenen 
Kunst, deren Genuß und Verständnis nur einem kleinen 
Teile der Bevölkerung erschlossen ist, so fand im Kriege 
auch eine Kunst volkstümlicher Art Pflege und Verbreitung. 
Da der grausame Schnitter Tod seine reiche Ernte hielt, 
erwuchs aus Trauer und Herzeleid, aus Liebe und Treue 
eine Grabkunst, welcher edle und schöne Aufgaben gestellt 
waren. Doch nicht nur dem einzelnen Gefallenen galt 
solche Fürsorge; überhaupt war es vielerorten ein stark 
empfundenes Verlangen, die Taten der Krieger und das 
Gedächtnis des erlebten gewaltigen Stückes Welt= und 
Heimatsgeschichte durch ein würdiges Denkmal zu ehren. 
An anderer Stelle des Werks „Sachsen in großer Zeit“ 
ist diesen Bestrebungen eine anschauliche Schilderung ge- 
widmet. In dem Wunsche, daß nur Treffliches geschaffen 
werden möge, nahm sich der Landesverein Sächsi- 
scher Heimatschutz eifrig der Sache an; aber nicht 
darauf allein richtete er seine wachsame Aufmerksamkeit. 
In einer Zeit, in welcher aus Heimatssehnsucht und Hei- 
matssorge die Liebe zur Heimat und zu all den Werten, 
die sie in sich birgt, so ungewöhnlich lebhaft erweckt war, 
da wurde — zumal dank dem unermüdlichen Vorkämpfer 
für echte und gute Volkskunst, Hofrat O. Seyffert in 
Dresden — bei den Sachsen im Felde und daheim durch 
Wort und Bild viel getan, um die klaren Augen für die 
reizvolle Schönheit der Heimat weit zu öffnen und den 
Willen zu stärken, auf die Wahrung und Pflege solch böst- 
lichen Guts bedacht zu sein. 
5. Kirchliches Leben 
In der ersten Erregung, als die Kriegsfurie an den 
Landesgrenzen sichtbar ward, als die Vergänglichkeit irdischen 
Guts ängstigend vor die Seele trat und nur das Ewige un- 
verlierbar blieb, hatte ein starker religiöser Drang die 
Gemüter erfaßt. Ernste Christen mochten wohl meinen, 
daß die furchtbare innerliche wie äußere Not eine Abkehr 
von Sünde und ungöttlichem Wesen, eine Läuterung der 
Gesinnung und des Lebenswandels wirken werde; schien 
nicht die wachsende Zahl der Abendmahlsgäste und der 
Besucher kirchlichen Gottesdienstes ein Zeichen dafür zu 
sein? Wie der Geist von 1014 im allgemeinen, so wirkte 
auch solcher religiöse Aufschwung noch lange kräftig fort, 
im Felde wohl nachhaltiger als in der Heimat. Indes als es 
erschreckend klar wurde, daß der Krieg „kaum begonnen, 
nicht halb schon gewonnen“ war, als die Kriegsgreuel 
Jahr für Jahr zunahmen und schon das Gewissen sich an 
das Entsetzliche zu gewöhnen begann, da gestaltete sich 
die Lage für Christentum und Kirche schwierig. Getwiß, 
wer der christlichen Heilstatsachen sicher war, fühlte sich 
in Gott gegen die Nöte der Zeit gewappnet. Aber war 
es nicht eine vielfach aus recht irdischen Motiven entstandene 
Bewegung religiöser Art gewesen, die in den Massen wogte, 
obschon von christlichen Gedanken aus der Tiefe lebendig be- 
einflußt? Nun ergriff das zum Grübeln reizende Problem 
„Christentum und Krieg“ quälend die Gemüter. Niemand 
unter den geistig Schaffenden bonnte so leicht in die heftigsten 
Seelenkämpfe verstrickt werden oder auf Hemmungen seines 
Wirkens stoßen wie der Geistliche, der nach seinem Amte 
Gott als den allmächtigen Herrn und liebenden Vater 
aller Menschen und Völker zu verkünden hat und nun in 
einem Kriege, in welchem die Macht des Widergöttlichen 
in der Welt ungehemmt ins Niesenhafte stieg, dazu berufen 
war, Trost aus Gottes Verheißungen zu spenden und 
dem eigenen Volke die Widerstandsfähigkeit gegen Feinde 
ringsum durch Stärkung seiner besten Kräfte, der religiösen 
und sittlichen, erhalten zu helfen. Die evangelische Landes- 
kirche in Sachsen mußte für ihr Volk eintreten, wenn sie 
nicht aufhören wollte, volkskirchliche Bedeutung zu be- 
wahren; und auch der katholische Geistliche fühlte mit 
seinem Volke, obschon die römische Kirche eine internationale 
Organisation ist. In der Tat hat die christliche Geistlich- 
keit Sachsens während des Weltbkrieges an ihrem Teile 
in aufopferndem Dienste an Brüdern und Volksgenossen 
Leistungen vollbracht, deren die Geschichtschreibung in ge- 
rechter Würdigung zu gedenken haben wird. 
Der religiösen Versorgung der sächsischen Truppen im 
Felde während des Krieges ist schon in anderem Zusammen- 
hang dieses Werkes eine Schilderung von berufenster Feder 
gewidmet worden. Es sei hiee dessen in Kürze gedacht, 
wav die Kirche der Heimat dazu half. Die einzelnen 
Kirchgemeinden unterhielten einen regelmäßigen Ver- 
kehr mit ihren Mitgliedern aufrecht; Liebesgaben zum Weih- 
nachtsfeste wurden gesandt, Nachrichten über Vorgänge in 
der Gemeinde, am vollkommensten durch Zusendung des 
birchlichen Gemeindeblatts. Viel Mühe tnachten sich die 
Pastoren durch Briefe, die sie mit Feldgrauen wechselten, 
zumal wenn deren Angehörige minder schreibgewandt waren.
	        
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