Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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daß eine Uberwachung der Sendungen eingeführt wurde zum 
Zwecke der Verhinderung von Spionage, eine Maßnahme, die 
weitgehenden Einfluß auf Handel und Industrie ausüben 
mußte usw. Es ist nicht Aufgabe dieser Jeilen, eine 
vollständige Darstellung dieser Verordnungen zu geben, 
ihre Zahl war bereits in den ersten Kriegswochen eine sehr 
große, und sie ist ja nach und nach ins Ungeheure gewachsen, 
so daß die Gesamtziffer der Kriegsverordnungen sich sicher- 
lich auf viele Tausende beläuft und in ihrer Zusammen- 
stellung einige stattliche Bände ausmacht. Ihr Zweck war, wie 
erwähnt, zunächst eben der, die wirtschaftlichen und 
Rechtsgrundlagen des Wirtschaftslebens, des Verkehrs, 
der verschiedenen Verhältnisse auf allen Gebieten der Wirt- 
schaft, Handels= und Sozialpolitik den völlig veränderten 
Verhältnissen des, wie man damals allgemein annahm, 
kurzen Krieges anzupassen und damit wieder Beruhigung 
und Ordnung zu schaffen, ein Ziel, das ja allmählich auch 
erreicht wurde, wie die immer schneller sich vollziehende 
Wiederbelebung von Industrie und Handel beweist. 
So stellte sich denn allmählich auch der Bedarf auf 
dem Inlandsmarkte wieder ein. Man begann, wenn 
auch zunächst vorsichtig, wieder zu bestellen, Lieferungs- 
verträge einzugehen und laufende oder unterbrochene zu er- 
füllen. Gemeindeverwaltungen, Staats= und Reichsregie- 
rung ließen Notstandsarbeiten in größerem Umfange 
durchführen, und die bald einen großen Umfang an- 
nehmende Versorgung des Heeres mit Liebesgaben 
brachte ebenfalls Aufträge an eine ganze Reihe von In- 
dustrien. Insbesondere stellte sich aber schon kurz nach 
Kriegsausbruch heraus, daß eine bedeutende Vermehrung 
des Heeres erfolgen müsse und die Ausrüstung, Unter- 
haltung und Verpflegung dieser Millionen von Kämpfern 
zu Lande, zur See und in der Luft brachte Aufträge an die 
Industrie in einem Umfange, den wohl niemand vorher 
geahnt hatte. So begann denn auch die sächsische Industrie 
sehr bald, sich für Heeresaufträge zu interessieren, 
schon im September und Oktober 1915 in einem Umfange, 
der damals noch gar nicht befriedigt werden konnte. Denn 
da nur bestimmte Artikel gebraucht wurden, und zwar sehr 
schnell bei der damaligen Dringlichkeit des Heeresbedarfes, 
so konnten nur bestimmte Industriezweige sofort beschäf- 
tigt werden und auch hier nur die Betriebe, welche darauf 
eingerichtet waren oder sich sehr schnell einrichten ließen. 
Das Vorhandensein von Rohstoffen, bestimmten Maschinen, 
eingerichteten Arbeitskräften war erforderlich, weil die Auf- 
träge in kürzester Frist erledigt werden mußten. Leider 
war für einen Teil des Heeresbedarfes die sächsische In- 
dustrie damals noch nicht ausreichend eingerichtet. Der große 
Bedarf an Beschlägen und gewissen Gesenkschmiedearbeiten 
z. B. konnte damals in Sachsen nicht gedeckt werden, weil 
die hierfür erforderlichen Betriebsanlagen nicht vorhanden 
und nur mit großen Opfern an Zeit und Geld zu beschaffen 
waren. Für andere Artikel, die in einer großen Jahl säch- 
sischer Betriebe vielleicht herstellbar gewesen wären, erwies 
sich die in den ersten Monaten des Krieges große Dringlich- 
keit des Bedarfes als hinderlich, die die militärischen Stellen 
veranlaßte, die Waren dort zu bestellen, wo man schnelle 
Lieferung in Aussicht stellte. Darum fanden in diesen ersten 
Monaten nur verhältnismäßig wenig sächsische Betriebe Be- 
rücksichtigung, namentlich auch nur wenig Betriebe der fein 
spezialisierten sächsischen Metall= und Maschinen-= 
industrie, deren Arbeitslosenzahl noch im Oktober 1914 
hohe Ziffern aufwies. Was auf dem Weltmarkte ihre 
Stärke war, die besondere Einrichtung auf bestimmte Spe- 
zialitäten, erwies sich vielfach für einen raschen ÜUbergang 
auf Heeresartikel hinderlich. Teilweise haben sich aber doch 
Fabriken des Metallgewerbes auf Herstellung von Bedarf 
für Hecresausrüstung sehr schnell eingerichtet, so z. B. 
Gießereien, Wagenbauanstalten, Betriebe mit großen 
Schmiedewerkstätten, Aluminium-, Blech-, Emaillierwerk- 
stätten und Werkstätten für Eisenbonstruktion, und diese 
Betriebe waren sofort gut beschäftigt. Wenig Verwendung 
dagegen fanden in dieser Zeit noch die Erzeugnisse der aus- 
gedehnten sächsischen Holzindustrie, in welcher daher 
in dieser Zeit noch eine bedeutende Auftragslosigkeit 
herrschte. Neben der Metallindustrie, dem Bau= und dem 
Transportgewerbe zeigte sie die höchste Arbeitslosenziffer. 
Um vieles günstiger lagen die Verhältnisse in den In- 
dustriezweigen, die ihrer Natur nach sofort für Heeres- 
lieferungen in Frage kommen mußten, wie die Herstellung 
grober Wirkwaren, die Wollwarenfabrikation, die Tuch- 
fabriken, Wolldecken= und Schubfabrikation, das Nahrungs- 
und Genußmittelgewerbe, die Lederindustrie usv. Natur- 
gemäß hob sich auch die Beschäftigung in den zahlreichen 
Betrieben, die Halb= oder Teilfabrikate für die obengenannten 
Industriezweige herstellten: Spinnereien, Lederfabriken usw. 
Die dritte Periode 
Anpassung an die Kriegsverhältnisse, Umssellung auf die Arbeit für 
das Heer 
Nach Uberwindung der in den ersten Kriegsmonaten 
eingetretenen Verwirrung und der Einstellung auf die durch 
den Krieg veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse, ins- 
besondere, nachdem man sich mit der Abschneidung von 
großen Gebieten der Weltwirtschaft einigermaßen abgefunden 
hatte, richtete sich das wirtschaftliche Leben auf dieser be- 
schränkten Basis ein, die sich erstreckte auf die noch neutralen 
Staaten, zu denen in dieser Zeit auch noch Amerika, Rumänien 
und Italien gehörte, und auf die verbündeten Mächte. Mit 
Rücksicht darauf, daß der Erport auch nach diesen Ge- 
bieten aus Kriegonotwendigkeiten wesentlich beschränkt wer- 
den mußte, stellte sich die früher weltwirtschaftlich gerichtete 
deutsche Volkswirtschaft auf eine vorzugsweise den Binnen- 
markt versorgende Wirtschaft ein. Deutschland wurde damit 
im Laufe des Krieges mehr und mehr ein sogenannter „ge- 
schlossener Wirtschaftsstaat“. Es trat ein verstärkter Privat= 
bedarf hervor, und wo dieser nicht auftrat oder nicht be- 
friedigt werden konnte, wendete die sächsische Industrie ihr 
Interesse den Heereslieferungen zu. Umstellungen und 
Anpassungen der Betriebe auf andere Rohstoffe und Be- 
triebsmaterialien, die in den späteren Jahren des Krieges 
sehr häufig notwendig wurden, wurden in dieser Periode 
noch verhältnismäßig wenig gefordert. Die Einfuhr aus 
dem neutralen Auslande war noch vielfach ohne be- 
sondere Schwierigkeiten möglich, Vorräte aller Art an 
Rohstoffen und Warenbeständen waren noch in erheblichem 
Umfange vorhanden, die Beschlagnahmen wurden, wo 
sie angeordnet waren, noch nicht so bemerkbar und wirksam, 
weil man ja seitens der militärischen Stellen in dieser Nich- 
tung anfangs auch noch nicht so scharf vorging, immer dar- 
auf bedacht, das wirtschaftliche Leben in so großem Umfange 
wie möglich in Gang zu halten. Da die Preise der Einfuhr= 
produkte, von der Aufsicht des Staates noch nicht kon- 
trolliert, stiegen, der Geldwert aber infolge der be- 
ginnenden Geldverschlechterung (Inflation — Zahlungsmittel- 
vermehrung) sank, so stiegen allmählich auch für die säch- 
sischen Verarbeitungsindustrien die Gewinnmöglichkeiten. Das 
anfängliche Uberangebot von Arbeitern begann sich infolge 
der vermehrten Einberufungen zum Heer und der Beschrän- 
kung der Arbeitozeit in das Gegenteil umzukehren, nament- 
lich bei Facharbeitern. Frauen wurden in erheblichem Maße 
eingestellt. Verordnungen über Einschränkung der Produk- 
tion, Beschlagnahme von Rohstoffen, Eingriffe in den Be- 
trieben waren noch verhältnismäßig gering, und man kann 
von dieser Periode sagen, daß sie, trotzdem mit der staatlichen 
Bewirtschaftung in einzelnen Industriezweigen, so in denen 
der Ernährung und der Herstellung des Heeresbedarfes, schon 
begonnen wurde (die Bekanntmachung der Kriegsrohstoff-
	        
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