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Die 23. Reservedibision
1. In der Champagne und an der Somme 1016
An der Spitze der Division stand seit 26. Januar 1913
Generalleutnant v. Watzdorf, bisher Kommandeur der 46.
Infanteriebrigade. Die Division umfaßte die Infanterie-
brigaden 45 und 46, Grenadier-Reserveregiment 100 und
die Reserve-Infanterieregimenter 101, 102 und 103, das
Reserve-Jägerbataillon 12, 2. Eskadron des Reserve-Hu-
sarenregiments 25, Reserve-Pionierbataillon 12 sowie das Re-
serve-Feldartillerieregiment 23. General Fortmüller mit dem
Stab der 45. Reserve-Infanteriebrigade und Grenadier-Reser-
veregiment loo blieben in der alten Champagnestellung zurück.
Die übrige Dibdision wurde am 23. Juli l9#16 an die
Somme berufen, trat dort zur ersten Armee, zur Gruppe
Goßler (VI. Reservekorps) und vom 30. Juli ab wieder
unter das XII. Reservekorps. Beli letzterem ist die Tätig-
keit der Dioision im ersten Halbjahr 1916 in der Champagne
und auch die Beteiligung an der Sommeschlacht im Juli—
August 10916 bereits geschildert worden.
Die Front der Division bildete bei Monacuferme dicht
nördlich der Somme einen rechten Winkel, West= und
Südschenkel je drei Kilometer lang. Die Südfront war
durch die Sumpfniederung der Somme gedeckt. Die West-
front bildete die Hauptangriffsfront, die stets unter dem
Kreuzfeuer von der Hemhöhe und vom Südufer der Somme
lag. Die Franzosen versuchten den Eckpfeiler, den die Divi-
sion bei Monacuferme bildete, mit aller Kraft zu vernichten,
ehe sie auf der ganzen Front beiderseits der Somme zu
neuen Großangriffen schritten. Ihre schwere Artillerie, 22=
und 28-em-Geschütze, hielt das ganze Gelände bis auf zehn
Kilometer Tiefe unter ständigem Kreuzfeuer. Ihren an Zahl
um das Vielfache überlegenen Fliegern, die mit großer
Kühnheit oft nur 2—300 Meter über den Boden hinstrichen,
entging nicht die geringste Einzelheit der Sachsenstellung.
Stark überlegenes Minenfeuer ergänzte die Wirkung der
Artillerie. Dagegen mußte sich die schwache deutsche Ar-
tillerie auf das Niederkämpfen besonders lästiger feindlicher
Flankierungobatterien mit den weittragenden schweren Ge-
schützen beschränken. Ihre wichtigste Kampfhandlung blieb
im übrigen das Sperrfeuer gegen feindliche Angriffe und
Truppenansammlungen. Die deutschen Minenwerfer konnten
nur aus der zweiten Stellung wirken, vorn wurden sie so-
fort durch Kreuzfeuer zugedeckt. Die Reserven fanden in
dem vertieften Hohlweg Maurepas—Cléry, der zweiten
Stellung, etwas Schutz. Die vorderste Stellung bildeten
Geschoßtrichter entlang des Weges Maurepas—Monacu-
ferme. Weder Hindernisse noch Annäherungswege durch
den völlig zerpflügten Boden waren vorhanden. Trotzdem
hat die Infanterie neunzehn Tage dort ausgehalten und der
französischen Infanterie jegliche Angriffslust unterbunden.
Beim Kampf Mann gegen Mann blieb die sächsische In-
fanterie, selbst nach wochenlanger Zermürbung, den Fran-
zosen weit überlegen. Doch verstanden es die Franzosen
meisterhaft, bei Nacht und Nebel kleine Überraschungen
durchzuführen und so gewonnene Nester, insbesondere in
der Monacuferme schnell mit Maschinengewehren wider-
standsfähig auszubauen. Die drei Sachsenregimenter nah-
men je zwei Bataillone in der Kampfstellung, das dritte
ruhte für wenige Tage hinten. Die vorderste Linie war nur
ganz schwach — auf je zehn Meter etwa ein Mann —
besetzt, flankierend wirkende Maschinengewehre boten ihr den
nötigen Rückhalt. Bereitschaften in zweiter Linie säuberten
das Vorfeld bei Eindringen feindlicher Stoßtrupps und
traten bei stärkeren Angriffen sofort und stets erfolgreich
zum Gegenstoß an. Nur bei Wegnahme der Monacuferme
war ein sofortiger Gegenangriff nicht möglich, weil die
ganze Bereitschaft dahinter vernichtet war.
Im einzelnen verlief die Neunzehntageschlacht wie folgt:
Am 26. Juli übernahm die Dioision die Stellung von
der 11. Reservedivision, rechts wurde Verbindung mit der
S. bayerischen Reservedivision, links mit der 28. Infanterie-
division hergestellt.
Die drei Regimenter nahmen je ein Bataillon vor, rechts
102, links 103, dahinter je ein Bataillon in Bereitschaft.
Die Ruhebataillone von 101 und 102 bildeten zugleich die
Division, das Ruhebataillon 103 die Brigadereserve. Gleich
die ersten 24 Stunden, ohne jeden direkten Angriff, kosteten
46 Tote und 120 Verwundete, allein durch das feindliche
Artilleriefeuer.
Dasselbe reichte zurück bis Templeux, dem Didisions-
stabsquartier.
Am 27. Juli vormittags und nachmittags erfolgte gegen
die Mitte ein schwächlicher Angriff, der mühelos abge-
wiesen wurde. Dasselbe wiederholte sich am 28. Juli. Die
41. französische Infanteriedivision wurde dabei vor der
Front festgestellt. Am 29. Juli lüftete der Gegner seine
Fronthindernisse und vergaste die ganze Divisionsecke. Nach
mehrstündigem Trommelfeuer, Vergasung und Einnebelung
schritt der Gegner 7 Uhr vormittags zum Angriff gegen
die Westfront der Division. Rechts wurden alle Wellen
abgewiesen. In der Mitte drang der Franzose bis zum
Hohlweg vor. Ein Gegenstoß des II. Bataillons Grenadier-
Reserveregiments 101 unter Hauptmann Kirsten warf ihn
wieder zurück.
Links ging im Nebelkampf die Monacuferme zunächst
verloren. Der Gegenstoß von 3. Kompagnie Reserve-Infan-
terieregiments 103 unter Hauptmann Israel und Leut-
nants Ebert und Moritz brachte die Ferme wieder in
deutschen Besitz. Aber in der Sandgrube westlich davon
bielt sich der Franzose. Abends 10 Uhr griff er nochmals
an und drang in den Haltepunkt Hem ein. Auch hier kam die
Stellung schließlich wieder in vollen Besitz der Division. s Offi-
ziere und 307 Gefangene von drei Regimentern der 41.
Infanteriedivision, zwei Regimentern der 11. Infanterie-
division und Zuaven und Turkos der 48. Infanteriedivision
wurden eingebracht. Auch die Sachsenverluste waren schwer.
Erst am nächsten Abend 10 Uhr schritt der Feind wieder
zum Angriff. Er wurde abgewiesen, bei Monacuferme nach
erbittertem Nahkampf, westlich des Bahnhofs Hem blieb
ein Franzosennest.
Zwei preußische Bataillone des Reserve-Infanterteregi-
ments 17 und III. Bataillon Infanterieregiments §1 trafen
hinter der Division ein, zunächst als Reserve. Die bisherigen
Ruhebataillone der Dibision rückten weiter vor.
Am 1. August trommelte der Feind sechzehn Stunden
lang auf die Westfront der Dioision, griff von abends
8 Uhr ab wiederholt bis gegen " Uhr früh an. Die Monacu-
ferme wurde, weil Geschoßfang, aufgegeben, die Stellung
in den Garten der Ferme östlich davon verlegt. Auch beim
Bahnhof weiter nördlich mußte ein Stück des vorderen
Grabens, der durch Gegenstoß hatte zurückgenommen wer-
den sollen, dem Gegner überlassen werden. Ohne warme
Verpflegung verblieben die Tapferen nun die zweite Nacht
am Feind und wiesen auch am Nachmittage des 2. August
wiederholte feindliche Angriffe ab. Fünf Züge von III. Ba-
taillon Reserve-Infanterieregiments 17 griffen abends ein
und warfen im Gegenstoß den Feind aus der Mitte der
Stellung zurück. Ein plötzlicher Vorstoß gegen Monacu--
ferme scheiterte an der Wachsamkeit der Franzosen. Abends
griff der Feind zwischen 8 und 10 Uhr wiederholt an.
Erst nach 11 Uhr trat Ruhe ein. An einigen Stellen hatte
der Feind längs des Weges Maurepas—Monacu Fuß ge-
fasst. Ein einheitlicher Nachtangriff unter Leitung des Haupt-