Full text: Unsere Reichsverfassung und deutsche Landesverfassungen.

§ 15. Einzelne Freiheitsrechte. 71 
Bayern; dort besteht noch ein Einspruchsrecht der Heimat- 
gemeinde. 
VIII. Denkfreiheit. Hreßfreiheit. Wenn in den 
Verfassungen von Denkfreiheit die Rede ist, so bedeutet 
das, daß jedermann sich mit allen Gegenständen des mensch- 
lichen Wissens beschäftigen und seine Gedanken schriftlich 
(auch durch den Druck) und mündlich jedem anderen, auch 
in Versammlungen mitteilen darf, soweit dadurch nicht die 
bestehenden Gesetze verletzt werden. Die Denkfreiheit äußert 
sich besonders als Preßfreiheit; diese ist jetzt durch das 
Reichsgesetz über die Presse vom 7. Mai 1874 gewähr- 
leistet. Nach dessen Bestimmungen haben Deutsche und Aus- 
länder das Recht, Preßgewerbe zu betreiben, Preßerzeug- 
nisse herauszugeben und zu vertreiben. Zugelassen sind 
nur die im Preßgesetz ausdrücklich genannten Beschrän- 
kungen. 
IX. Gewissensfreiheit (Religionsfreiheit, Bekenntnis- 
freiheit) ist das durch das Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 
betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürger- 
licher und staatsbürgerlicher Beziehung sichergestellte Recht, 
seine religiösen überzeugungen ohne irgend welchen Rechts- 
nachteil bekennen zu dürfen. Eine Konsequenz dieses Rechts 
ist die Befugnis des Austritts aus den Kirchen zwecks Über- 
tritts zu einer anderen Religionsgemeinschaft oder auch ohne 
Anschluß an eine solche. Niemand aber kann sich seinen 
bürgerlichen Pflichten unter Berufung auf sein Glaubens- 
bekenntnis entziehen. Ebenso findet die Bekenntnisfreiheit 
eine Schranke an den Strafgesetzen (Beleidigung, Gottes- 
lästerung usw.), sowie an der öffentlichen Ordnung und 
Wohlfahrt. (Gesetze über Vereins= und Versammlungsrecht, 
Straßenpolizei, Einschreiten gegen die Mormonenmissionen 
und dergl.). 
X. Vereins= und Versammlungsrecht. Das Ver- 
einswesen unterliegt zwar nach Artikel 4 Ziff. 16 der Reichs-
	        
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