Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

106 24. Juli 
  
  
unannehmbare Missregeln fordern könne: (die serbische Re- 
gierung, selbst wenn sie sich unterwerfen wolle, liefe Gefahr, 
von einer Revolution fortgefegt zu werden. 
Ich gab gleichfalls Herrn von Schön zu verstehen, dass 
seine Note nur zwei Hypothesen ins Auge jasse : die einer 
vollständigen Ablehnung oder die einer herausfordernden Hal- 
tung Serbiens. Eine dritte Hypothese (die einer Verständigung 
die Tür öffnete) müsste jedenfalls in Betracht gezogen werden: 
die Hypothese einer Annahme der Note durch Serbien, das 
einwillige, sogleich alle Genugtuungen zur Bestrafung der 
Mitschuldigen und alle Garantien zur Unterdrückung der 
österreichisch-feindlichen Propaganda, die mit seiner Souverä- 
nität und Würde vereinbar seien, zu geben. 
Ich fügte hinzu, dass, wenn innerhalb dieser Grenzen die 
von Oesterreich bezweckte Genugtuung annehmbar sei, die 
Modalitäten ihrer Durchführung geprüft werden könnten; wenn 
Serbien offenbare Beweise von Gutwilligkeit gebe, könne man 
nicht verstehen, dass Oesterreich nicht zu einer Unterhaltung 
bereit sei. 
Vielleicht wäre es nicht angebracht, es dritten Mächten, 
die sich weder moralisch noch gefühlsmässig an Serbien des- 
interessieren können, zı schwer zu machen, eine dem Wunsche 
Deutschlands nach Lokalisierung des Konfliktes entsprechende 
Haltung einzunehmen. 
Herr von Schön erkannte den Wert dieser Bemerkungen 
an und erklärte unbestimmt, dass diese Hoffnung immer noch 
möglich bliebe. Als ich ihn fragte, ob die österreichische Note 
den Charakter einer einfachen « mise en demeure » habe, die 
eine Diskussion zulässt, oder eines Ultimatums, antwortete er, 
dass er darüber keine persönliche Meinung habe.?) 
Gib. Nr. 28. ?) Diese Darstellung, die Bienvenu-Martin gibt, wider- 
spricht ihrem Inhalt, mehr noch ihrem Geiste nach einem Bericht, den Graf 
Szecsen auf Grund der Mitteilungen von Schöns an Berchtold tele- 
graphierte, Rb. Nr. 15. Es heisst da vor allem: «Herr Bienvenu- 
Martin hat ihm gesagt, er könne sich noch nicht definitiv äussern, 
soviel könne er aber schon jetzt sagen, dass die französische Re- 
gierung auch der Ansicht sei, unsere Kontroverse mit Serbien 
ginge nur Belgrad und Wien an und dass man hier hoffe, dass. 
die Frage eine direkte und friedliche Lösung finden werde». 
Diese Darstellung stimmt dagegen mit Rb. Nr. 11 überein. Vergleiche 
auch die Denkschrift des Wb., in der es heisst: «Auf unsere Er- 
klärung, dass die deutsche Regierung die Lokalisierung des Konflikts 
wünsche und erstrebe, wurde sowohl von der französischen als der 
englischen Regierung eine Wirkung in dem gleichen Sinne zugesagt». 
Es ist merkwürdig, dass sowohl der Bericht Bienvenu-Martins über 
die erste Österreichische wie über die erste deutsche Demarche ganz 
wesentlich von den entsprechenden deutschen und Österreichischen. 
Berichten abweicht.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.