Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

24. Juli 115 
  
  
Der österreichisch-ungarische Minister des Aeusseren, Graf 
  
Berchtold, an den österreichisch-ungarischen Botschafter 
in London, Graf Mensdorff. 
Rotbuch Nr. 17. 
  
  
Wien. 
Zu Euer Exzellenz gestrigem Telegramm. 
Ersuche, Sir E. Grey sofort aufzuklären, dass unsere 
gestrige Demarche in Belgrad nicht als formelles Ultimatum 
zu betrachten sei, sondern dass es sich um eine befristete De- 
marche handle, die, wie Euer Exzellenz Sir E. Grey streng ver- 
traulich mitteilen wollen, — wenn die Frist fruchtlos abläuft — 
einstweilen nur von dem Abbruche der diplomatischen Bezie- 
hungen und von dem Beginne notwendiger militärischer Vor- 
bereitungen gefolgt sein wird, da wir unbedingt entschlossen 
sind, unsere berechtigten Forderungen durchzusetzen. 
Euer Exzellenz sind ermächtigt beizufügen, dass wir aller- 
dings, wenn Serbien nach Ablauf des Termines nur unter dem 
Drucke unserer militärischer Vorbereitungen nachgeben würde, 
es zum Ersatze der uns erwachsenen Kosten verhalten müss- 
ten; bekanntlich mussten wir zweimal (1908 und 1912) Ser- 
biens wegen mobilisieren.') 
Der österreichisch-ungarische Minister des Aeusseren, Graf 
  
Berchtold, an den österreichisch-ungarischen Botschafter 
  
in St. Petersburg, Graf Szäpäry. 
Footbuch Nr. 18. 
  
Wien. 
Ich habe den russischen Geschäftsträger am 24. Juli vor- 
mittags empfangen und ihn versichert, dass ich spezielles Ge- 
wicht darauf lege, ihn sobald als möglich von unserem Schritte 
in Belgrad in Kenntnis zu setzen und ihm diesbezüglich unseren 
Standpunkt darzulegen. 
Indem Fürst Kudascheff) für diese Aufmerksamkeit dankte, 
verhehlte er mir nicht seine Beunruhigung über unser kate- 
Rb.Nr. 17. !) Oesterreich beabsichtigte also nicht, bei ergebnisiosem 
Ablauf der Frist Serbien mit Krieg zu überziehen, sondern rechnete gege- 
benenfalls mit einer weitern Annahme der Forderungen. Wie aus Bib. 14 
und Ob. 16 hervorgeht, gab Grep diese Mitteilung sogleich am 25. Juli 
nach Paris und Petersburg weiter. Grey (Blb. 14) bemerkt dazu, dass 
hierdurch die «unmittelbare Lage etwas weniger gespannt» werde. 
Rb. Nr. 18. ') Russischer Geschäftsträger in Wien. 
Berchtold er- 
klärt, dass die 
Demarche in 
Belgrad kein 
Ultimatum und 
die Ablehnung 
nicht sofort 
den Krieg 
bedeute. 
Oesterreich- 
Ungarn will 
Serbiens Inte- 
grität und den 
Status Quo re- 
spektieren.
	        
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