Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

116 24. Juli 
  
  
sorisches Vorgehen gegen Serbien, wobei er bemerkte, dass 
man in St. Petersburg immer präokkupiert gewesen sei, ob 
nicht unsere Demarche die Form einer Demütigung für Serbien 
annehmen werde, was nicht ohne Reperkussion in Russland 
bleiben könnte. 
Ich liess mir angelegen sein, den russischen Geschäfts-. 
träger in dieser Richtung zu beruhigen. Unser Ziel bestehe 
darin, die unhaltbare Situation Serbiens zur Monarchie zu. 
klären und zu diesem Zwecke die dortige Regierung zu veran- 
lassen, einerseits die gegen den derzeitigen Bestand der Mo-. 
narchie gerichteten Strömungen öffentlich zu desavouieren und 
durch administrative Massnahmen zu unterdrücken, anderer- 
seits uns die Möglichkeit zu bieten, uns von der gewissenhaften. 
Durchführung dieser Massnahmen Rechenschaft zu geben. Ich 
führte des längern aus, welche Gefahr ein weiteres Gewähren- 
lassen der grosserbischen Propaganda nicht nur für die Inte- 
grität der Monarchie, sondern auch für das Gleichgewicht und 
den Frieden in Europa nach sich ziehen würde und wie sehr 
alle Dynastien, nicht zuletzt die russische, durch die Einbürge- 
rung der Auffassung bedroht erscheinen, dass eine Bewegung 
ungestraft bleiben könne, die sich des Mordes als eines nationa- 
listischen Kampfmittels bedient. 
Schliesslich verwies ich darauf, dass wir keine Ge- 
bietserwerbung, sondern bloss die Erhaltung 
des Bestehenden bezweckten, ein Standpunkt, der bei 
der russischen Regierung Verständnis finden müsse. 
Fürst Kudascheff bemerkte darauf, dass er den Stand- 
punkt seiner Regierung nicht kenne und auch nicht wisse, wie 
sich Serbien zu den einzelnen Forderungen stellen werde. 
Zum Schlusse unserer Unterredung betonte der Herr Ge- 
schäftsträger, dass ernichtermangeln werde, seiner 
Regierung die Auskünfte zur Kenntnis zu bringen, die ich ihm 
über unseren Schritt gegeben, namentlich auch in der Rich- 
tung, dass unsererseits keine Demütigung Ser- 
biens beabsichtigt sei‘) 
Rb.Nr. 18. ?) Diese wichtige Unterredung, deren Wiedergabe an 
Sasonow Kudascheff ausdrücklich verspricht, ist im Ob. nicht wieder- 
gegeben. Dieses erste bedeutsame Kommentar, das Berchtold selbst an die 
Ueberreichung der Note knüpfte mit der Erklärung, dass die serbische 
Integrität respektiert werde, wird in der russischen Veröffentlichung 
übergangen. Das erste Telegramm des Ob. aus Wien ist vom 25. Juli 
datiert. Kudascheff erklärt dort, dass Berchtold in Ischl weile und er 
daher das russische Verlangen nach Fristverlängerung dorthin telegra- 
phieren musste. Dadurch wird offenbar der Anschein erweckt, als 
wenn Berchtold überhaupt nicht in der Angelegenheit zu sprechen 
gewesen wäre. Ueber dieses Gespräch, ohne nähere Inhaltsangabe, 
telegraphiert übrigens auch Sir M. de Bunsen nach London, Bib. 7.
	        
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