Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

24. Juli 123 
  
  
  
  
  
sagten, dass Oesterreich den Mächten eine Note über seinen 
Zwiespalt mit Serbien überreicht habe, ob er sie erhalten habe 
und was er darüber denke. 
Herr von Jagow antwortete mir beiahend, indem er hinzu- 
fügte, dass die Note energisch sei und dass er sie billige, da 
die gerbische Regierung seit langem Oesterreichs Geduld er- 
müdet habe. Er betrachte übrigens diese Frage als eine in- 
nere Anzelegenheit Desterreichs undhofie, dass 
sielokalisiert bleiben wird. 
Ich fuhr fort, indem ich sagte, da ich noch keinerlei In- 
struktionen erhalten habe, wolle ich mit ihm nur rein persön- 
liche Ansichten austauschen. Ich fragte ilın darauf, ob das Ber- 
liner Kabinett wirklich nichts von den österreichischen For- 
derungen gewusst lıabe, und als er das bestätigte, sprach ich 
iım meine Ueberraschung darüber aus, dass er sich anschicke, 
Ansprüche zu unterstützen, deren Grenze und Tragweite er 
nicht kenne. 
Herr von Jagow unterbrach mich, indem er sagte : « Nur 
weil wir privat miteinander plaudern, erlaube ich Ihnen, mir 
das zu sagen.» «Gewiss,» sagte ich, «aber wenn Peter T. sichı 
demütigst, so wird Serbien zweifellos inneren Unruhen aus- 
geliefert werden, das öffnet die Tür neuen Möglichkeiten, und 
wissen Sie, wohin Wien Sie führen wird? «Ich fügte hinzu, 
die Sprache der deutschen Zeitungen sei nicht die Sprache vou 
Leuten, die der Angelegenheit gleichgiltig und fremd gegen- 
überständen, sondern kündige eine tätige Unterstützung an. 
Schliesslich bemerkte ich, dass die kurze Frist, die Serbien 
gegeben sei, um sich zu unterwerfen, auf Europa unangenehm 
wirke. Herr von Jagow antwortete mir, er erwarte wohl 
«ein wenig Aufregung» seitens der Freunde Serbiens, aber 
er rechne damit, dass sie ihm gute Ratschläge geben werden. 
« Ich zweifle nicht daran, » sagte ich darauf, « dass Russland 
sich bemühen wird, das Belgrader Kabinett zu annehmbaren 
Konzessionen zu veranlassen; aber wartım soll man, was man 
von dem einen verlangt, nicht auch von dem andern verlangen? 
Und wenn man damit rechnet, dass in Belgrad Ratschläge er- 
teilt werden, ist es «dann nicht gerecht, andererseits auch mit 
Ratschlägen, die in Wien erteilt werden, zu rechnen? » 
Der Staatssekretär liess entschlüpfen, das hinge von den 
Umständen ab, aber wiederholte dann, indem er sich ver- 
besserte, dass die Angelegenlıeit lokalisiert bleiben müsse. Er 
fragte mich, ob ich die Lage wirklich als ernst ansehe. « Sicher- 
lich, » antwortete ich ilın, « demm wenn man die Geschehnisse 
vorbedacht hat, verstehe ich nicht, warm man die Brücken 
hinter sich abbrach. » 
Jules Cambon 
verdächtigt 
von Jagows 
Erklärung, 
dass Deutsch- 
land die Note 
nicht gekannt 
hat. 
Cambon ver- 
langt Deutsch- 
lands Interven- 
tion in Wien.
	        
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