Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Cambon über, 
das monarchi- 
sche Empfin- 
den. 
Grey befürwor- 
tet eine Ver- 
mittlung in 
Wien und St. 
Petersburg. 
124 24. Juli 
  
  
Alles weist darauf hin, dass Deutschland sich anschicki, 
die österreichische Haltung in seltsam energischer Weise zu 
unterstützen. Die Schwäche, die der österreichisch-ungarische 
Verbündete seit einigen Jahren zeigte, minderte das Vertrauen, 
das man hier in ihn setzte. Man fand, dass Oesterreich schwer 
nachzuziehen war. Die schlimmen Prozesse, wie die Affäre 
von Agram und die Affäre Friediung, machten seine Polizei 
verabscheuenswert und gleichzeitig lächerlich. Man verlangte 
von ihm nur Stärke, aber man ist befriedigt, dass es nun Bru- 
talität zeigt. 
Ein im Lokalanzeiger von heute Abend erschienener 
Artikel deutet auch auf Stimmungen in der deutschen Kanzlei, 
denen wir natürlich in Paris nicht genug Rechnung tragen, ich 
meine das Gefühl monarchischer Solidarität. Ich bin überzeugt, 
dass dieser Gesichtspunkt sehr in Betracht gezogen werden 
muss, um die Haltung Kaiser Wilhelms zu verstehen, dessen 
eindrucksfähige Natur durch die Ermordung eines Fürsten, 
dessen Gast er wenige Tage vorher gewesen war, betroffen 
worden sein muss. 
Es ist darum nicht minder auffallend, die Sorgfalt zu be- 
achten, mit der Herr von Jagow und alle ihm unterstellten 
Beamten ostentativ aller Welt erklären, dass sie die Tragweite 
der an Serbien gerichteten österreichischen Note nicht kannten. 
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey, 
an den englischen Botschafter in Paris, Sir Francis 
Bertie. 
Blaubuch Nr. 10. 
London. 
Nachdem ich Herrn Cambon heute von der österreichi- 
schen Note an Serbien gesprochen hatte, die ich heute Morgen 
empfing, und von den Kommentaren, die ich dem Grafen Mens- 
dorfi darüber gestern machte, sagte ich Herrn Cambon, dass 
ich heute nachmittag mit dem deutschen Botschafter sprechen 
würde, der mich einige Tage vorher privat ersucht hatte, einen 
beschwichtigenden Einfluss in St. Petersburg auszuüben. Ich 
würde dem Botschafter sagen, dass, wenn die Ueberreichung 
des Ultimatums an Serbien nicht zu Konflikten zwischen 
Oesterreich und Russland führe, wir uns natürlich nicht darum 
zu kümmern brauchten; aber wenn Russland das österreichi- 
sche Ultimatum so aufnehme, wie nach meiner Meinung jedes
	        
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