Grey befürwor-
tet Deutsch-
land gegen-
über eine Vier-
mächte - Inter-
vention in
Wien und St.
Petersburg.
128 24. Juli
Mein russischer Kollege und ich, der es für äusserst
schwierig für seine Regierung hält, nicht Serbien zu unter-
stützen, ?) fragten uns, was für eine Intervention dem Kon-
flikt Einhalt gebieten könnte.
Da Sir Edward Grey mich auf heute Nachmittag berufen
hat, habe ich vor, bei ihm anzuregen, eine offiziöse Inter-
vention der deutschen Regierung in Wien zu fordern, um
einen plötzlichen Angriff zu verhindern.?)
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey,
an den englischen Geschäftsträger in Berlin, Sir H. Rum-
bold.
Blaubuch Nr. 11.
London.
Der deutsche Botschafter teilte mir die Ansicht der
deutschen Regierung über die österreichischen Forderungen an
Serbien mit. Ich höre, dass die deutsche Regierung dieselbe
Mitteilung an die anderen Mächte richtet.
Ich sagte, falls das österreichische Ultimatum an Ser-
bien nicht zu Schwierigkeiten zwischen Oesterreich und Russ-
land führe, ich nichts damit zu tun hätte; ich hätte noch nichts
aus Petersburg gehört, aber ich wäre sehr besorgt über die
Stellungnahme, die Russland zu der Lage nehmen würde. Ich
erinnerte den deutschen Botschafter daran, dass er vor einigen
Tagen die persönliche Hoffnung ausgesprochen habe, ich
würde, wenn es notwendig wäre, einen mässigenden Einfluss
in St. Petersburg ausüben; aber nun, angesichts des ausser-
ordentlich unbeugsamen Charakters der österreichischen Note,
der Kürze der zugebilligten Frist und des Umfanges der öster-
reichischen Forderungen an Serbien, fühle ich mich Russland
gegenüber ganz hilflos und ich glaube nicht, dass irgend eine
Macht allein Einfluss ausüben könne.
Ich sähe nur eine Möglichkeit eines vermittelnden und
beschwichtigenden wirksamen Einflusses: den Einfluss den die
vier Mächte Deutschland, Italien, Frankreich und wir zusammen
Gib. Nr. 33. ?) Auch ohne Kenntnis des Wortlautes der Note.
») Wie schon oben, verlangt Cambon jetzt wieder ein Eingreifen
Deutschlands. Dieses Verlangen stellt sich als eine rein französische
Initiative dar, die über Greys Anregungen hinausgeht. Man muss das
im Auge behalten, wenn man den späteren Vorwurf Bienvenu-Martins
und Vivianis liest, dass Deutschland sich zwischen Oesterreich und
die Mächte gedrängt habe. Frankreich, das sich überhaupt nicht um
Oesterreich kümmerte, sondern in Deutschland den Anstifter sah, will
von vornherein Deutschland zum Dazwischentreten zwingen.