25. Juli 153
teressen in Serbien. Schliesslich erklärte er, dass durch die
Ucberreichung seines Briefes die diplomatischen Beziehungen
zwischen Serbien und Oesterreich-Ungarn vollständig abge-
brochen seien.
Die Königliche Regierung hat die Skupschtina für den
27. Juli nach Nisch einberufen, wohin heute abend alle Mini-
sterien mit ihrem Personal abreisen. Im Namen des Königs hat
der Kronprinz den Mobilmachungsbefehl des Heeres unter-
zeichnet; morgen oder übermorgen wird eine Proklamation
erscheinen, in der alle Bürger, die nicht zum Militär gehören,
ersucht werden, ruhig an ihren Wohnsitzen zu bleiben und
die Militärpflichtisen aufgefordert werden, zu ihren Fahnen zu
eilen und Serbien mit allen ihren Kräften zu verteidigen, falls
es angegriffen wird.
Der österreichisch-ungarische Minister des Aeusseren, Graf
Berchtold, an den österreichisch-ungarischen Botschafter
in St. Petersburg, Graf Szäpäry.
Rotbuch Nr. 26.
Wien.
In dem Augenblicke, wo wir uns zu einem ernsten Vor-
gehen gegen Serbien entschlossen haben, sind wir uns natür-
lich auch der Möglichkeit eines sich aus der serbischen Diffe-
renz entwickelnden Zusammenstosses mit Russ-
land bewusst gewesen. Wir konnten uns aber durch diese
Eventualität nicht in unserer Stellungnahme gegenüber Serbien
beirren lassen, weil grundlegende staatspolitische Konside-
rationen uns vor die Notwendigkeit stellten, der Situation ein
Ende zu machen, dass einrussischerFreibrief Serbien
die dauernde, ungestrafte und unstrafbare Bedrohung der Mo-
snarchie ermögliche.
Für den Fall, dass Russland den Moment für
die grosse Abrechnung mitden europäischen
Zentralmächten bereits für gekommen er-
achten sollte und daher von vorneherein zum Krieg ent-
schlossen wäre, erscheint allerdings nachstehende Instruierung
Euer Exzellenz überflüssig.
Es wäre aber immerhin denkbar, dass Russland, nach der
eventuellen Ablehnung unserer Forderungen durch Serbien und
angesichts der sich für uns ergebenden Notwendigkeit eines
bewaffneten Vorgehens, mit sich selbst zu Rate ginge und dass
es sogar gewillt sein könnte, sich von den kriegslustigen Fle-
menten nicht hinreissen zu lassen.
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Oesterreich
willsich durch
dieMöglichkeit
eines Konflik-
tes mit Russ-
land nicht ein-
schüchtern
lassen.