Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Cambon fragt 
von Jagow, ob 
er den Kriegs 
wolle. 
188 27. Juli 
  
  
chisch-russischen Konfliktes zu arbeiten ) 
aber dass er nicht in dem österreichisch-serbischen Konflikte 
intervenieren könne. «Der eine ist die Folge des anderen» 
sagte ich, « und es ist wichtig, dass man das Auftauchen eines 
neuen Ereignisses verhindert, das die Intervention Russlands 
herbeiführen könnte. » 
Da der Staatssekretär weiter darauf beharrte, dass er 
gezwungen sei, seine Verpflichtungen Oesterreich gegenüber 
innezuhalten, fragte ich ihn, ob er sich verpflichtet habe, 
Oesterreich mit geschlossenen Augen überall hin zu folgen, 
und ob er von der serbischen Antwort an Oesterreich, die der 
serbische Geschäftsträger ilım heute morgen überreicht hatte, 
Kenntnis genommen habe. «Ich habe noch keine Zeit dazıı 
gehabt», sagte er mir. «Ich bedaure es. Sie werden sehen, dass 
abgesehen von Einzelheiten, Serbien sich vollständig unter- 
wirft. Es scheint also, dass, da Oesterreich die Genugtuung 
erhalten hat, die Ihre Unterstützung ihm verschaffte, Sie ihm 
heute raten können, sich damit zu begnügen oder mit Serbien 
den Wortlaut der Antwort zu prüfen.» 
Da Herr von Jagow mir nicht klar antwortete, fragte 
ich ihn, ob Deutschland den Krieg wolle. Er 
protestierte lebhaft dagegen, indem er sagte, er wisse, dass 
ich dies dächte, aber das sei vollständig unrichtig. — «Sie 
müssen dann», sagte ich weiter, «entsprechend handeln. Wenn 
Sie die serbische Antwort lesen, wägen Sie den Wortlaut mit 
Ihrem Gewissen, ich bitte Sie im Namen der Menschheit da- 
rum, und nehmen Sie nicht persönlich Anteil an der Verant- 
wortlichkeit für die Katastrophe, deren Entstehen Sie zulassen.» 
Merr von Jagow protestierte von neuem, indem er hinzufügte, 
er sei bereit, sich England und Frankreich in einer gemein- 
samen Bemühung anzuschliessen, aber dass man für diese 
Intervention eine Formel finden müsse, die er annehmen könne, 
und dass die Kabinette sich hierüber verständigen sollten. 
«Uebrigens», fügte er hinzu, «sind zwischen Wien und 
Petersburg direkte Unterhaltungen angeknüpft worden, die 
andauern; ich erwarte davon viel Gutes und bin 'hoffnungs- 
voll.» 
Als ich ihn verliess, sagte ich ihm, dass ich heute mor- 
gen den Eindruck hatte, als habe die Stunde der Entspannung 
geschlagen, aber ich sähe wohl, dass dem nicht so sei. Er 
antwortete mir, ich täusche mich, er hoffe, dass die Dinge 
Gib.Nr. 74. ?) Das hat Deutschland nie abgelehnt. Der Drei- 
verband aber wollte im Grunde von einer Vermittlung zwischen Oester- 
reich-Ungarn und Russland nichts wissen, sondern ging auf eine 
Vermittlung zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien aus.
	        
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