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6. «Die beigische Neutralität, die England zu schützen
vorgab, ist eine Maske. Am 2. August, abends um 7 Uhr, teilten wir
in Brüssel mit, die uns bekannten Kriegspläne Frankreichs zwängen
uns, um unserer Selbsterhaltung willen durch Belgien zu marschieren.
Aber schon am Nachmittage dieses 2. August, also bevor in London
das geringste von unserer Demarche in Brüssel bekannt war und be-
kannt sein konnte, hatte England Frankreich seine Unterstützung zu-
gesagt und zwar bedingungslos zugesagt für den Fall eines Angriffs
der deutschen Flotte auf die französische Küste. Von der belgischen
Neutralität war dabei mit keinem Wort die Rede. Diese Tatsache ist
festgestellt durch die Erklärung, die Sir Edward Grep am 3. August
im englischen Unterhaus abgab, und die mir am 4. August infolge
des erschwerten telegraphischen Verkehrs nicht in extenso bekannt
war, und bestätigt durch das Blaubuch der englischen Regierung
selbst. Wie hat da England behaupten können, es habe das Schwert
gezogen, weil wir die belgische Neutralität verletzt hätten ?>
(Rede des Reichskanzlers von Bethmann Hollweg im Deut-
schen Reichstag am 2. Dezember 1914.)
Die für Oesterreich-Ungarn massgebende Auffassung
über den Ausbruch des Krieges mit Serbien erhellt am
Klarsten aus folgenden Sätzen des Manifestes, das Kaiser
Franz-Joseph am 28. Juli an seine Völker richtete:
l. «Ein verbrecherisches Treiben greift über die Grenzen, um
im Südosten der Monarchie die Grundlagen staatlicher Ordnung zu
untergraben. Eine Reihe von Mordanschlägen, eine planmässig vor-
bereitete und durchgeführte Verschwörung, deren furchtbares Gelingen
mich und meine treuen Völker ins Herz getroffen hat, bildet die weit-
hin sichtbare blutige Spur jener geheimen Machenschaften, die von
Serbien aus ins Werk gesetzt und geleitet wurden. >»
2. «Diesem unerträglichen Treiben muss Einhalt geboten, den
unaufhörlichen Herausforderungen Serbiens ein Ende bereitet werden,
soll die Ehre und Würde meiner Monarchie unverletzt erhalten und
ihre staatliche, wirtschaftliche und militärische Entwicklung vor be-
ständigen Erschütterungen bewahrt bleiben. >»
3. «Serbien hat die massvollen und gerechten Forderungen
meiner Regierung zurückgewiesen und es abgelehnt, jenen Pflichten
nachzukommen, deren Erfüllung im Leben der Völker und Staaten die
natürliche und notwendige Grundlage des Friedens bildet. So muss
ich denn daran schreiten, mit Waffengewalt die unerlässlichen Bürg-
schaften zu schaffen, die meinen Staaten die Ruhe im Inneren und den
dauernden Frieden nach Aussen sichern sollen.»
(Manifest des Kaisers.)