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Den Ausbruch des Krieges mit Russland als Folgeer-
scheinung des ersten Krieges mit Serbien stellt eine Ein-
leitung zum Rotbuche, welche die österreichisch-ungarische
Auffassung, wie sie sich in allen offiziellen Kundgebungen
äusserte, gut zusammenfasst, folgendermassen dar:
1. «Am 24. Juli hat der k. u. k. Botschafter dem russischen
Minister des Aeusseren gegenüber die Friedensliebe der Monarchie
hervorgehoben. Ihr einziges Ziel sei, dass der Bedrohung unserer
Dynastie durch serbische Bomben und unseres Territoriums durch die
revolutionären Umtriebe Serbiens ein Ende bereitet werde.
Dieses Ziel zu erreichen war eine Lebensfrage der Monarchie.
Sie konnte sich daher durch die Möglichkeit eines Zusammenstosses
mit Russland, falls dieses Serbien in Schutz nehmen sollte, nicht ab-
schrecken lassen, der unerträglichen Situation ein Ende zu bereiten,
dass ein russischer Freibrief dem Savekönigreiche die dauernde un-
gestrafte und unstrafbare Bedrohung Oesterreich-Ungarns ermögliche.>
2. «Am 30. Juli hat der englische Staatssekretär neuerdings
angeregt, dass sich Oesterreich-Ungarn in seinem Konflikte mit Serbien
der Vermittlung der Mächte bediene. Von dem Wunsche geleitet, ihr
Möglichstes zu tun, um den Weltfrieden zu erhalten, hat sich die
k. u. k. Regierung bereit erklärt, diese Vermittlung anzunehmen. Die.
Ehre und das Interesse Oesterreich-Ungarns aber erheischten, dass
dies nicht unter dem Drucke der drohenden Massnahmen Russlands
geschehe. Sie musste daher vor allem fordern, dass die feindseligen
Mobilisierungsmassnahmen des Zarenreiches vorerst rückgängig ge-
macht werden. Dieses Verlangen hat das Petersburger Kabinett mit
der Mobilisierung der gesamten russischen Streitkräfte beantwortet. >»
3. «Im Bunde mit der Selbstsucht Grossbritanniens und der
Revanchebegierde der französichen Republik hat die Petersburger
Regierung kein Mittel verschmäht, um der Tripleentente die Vorherr-
schaft in Europa zu sichern und sich selbst freie Bahn für ihre kühn-
sten Pläne zu schaffen. In ihren Lebensinteressen auf das schwerste
gefährdet, sahen sich Oesterreich-Ungarn und Deutschland vor die
Wahl gestellt, ihre Rechte und ihre Sicherheit zu verteidigen oder
vor den Drohungen Russlands zurückzuweichen. Sie sind den Weg
gegangen, den ihnen Ehre und Pflicht wiesen.»
(Einleitung zur Volksausgabe des Rotbuches.)
Die englische Regierung legte ihre Haltung vor-
nehmlich in der Rede Greys am 3. August nach Ausbruch
des Festlandskrieges, der Rede Asquith’s vom 6. August,
nach Ausbruch des deutsch-englischen Krieges, und in
einem Expose zum Blaubuch nieder. Ausführlich behan-