Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

214 28. Juli 
  
  
rauf, uns zu versichern,dass sieSympathienfür un- 
seren Standpunkt hege und unsere Grieis ge- 
gen Serbien vollkommen verstehe.) 
Wenn somit England keinen Grund habe, unseren Streit- 
fall mit Serbien an sich zum Gegenstand besonderer Prä- 
okkupation zu machen, so könne derselbe doch nicht der Auf- 
merksamkeit des Londoner Kabinetts entgehen, weil dieser 
Konflikt weitere Kreise ziehen und dadurch den europäischen 
Frieden in Frage stellen könne.) 
Nur aus diesem für England in Betracht kommenden 
Grunde habe sich Sir E. Grey veranlasst gesehen, eine Ein- 
ladung an die Regierungen jener Staaten zu richten, die an 
diesem Konflikt nicht näher interessiert seien (Deutschland, 
Italien und Frankreich), um gemeinschaftlich mit ihnen im 
Wege fortlaufenden Gedankenaustausches die Möglichkeiten 
zu prüfen und zu erörtern, wie die Differenz möglichst rasch 
ausgeglichen werden könnte. Nach dem Muster der Londoner 
Konferenz während der letzten Balkankrise sollten, nach An- 
schauung des englischen Staatssekretärs, die Londoner Bot- 
schafter der genannten Staaten sich zu dem angegebenen 
Zwecke in fortlaufendem Kontakte mit ihm halten. Sir E. Grey 
habe bereits von den betreffenden Regierungen sehr freund- 
schaftlich gehaltene Antworten erhalten, worin dieselben dem 
angeregten Gedanken zustimmen. Gegenwärtig wäre es der 
Wunsch des Herrn Staatssekretärs, wenn möglich, den Aus- 
bruch der Feindseligkeiten zwischen Oesterreich-Ungarn und 
Serbien in elfter Stunde zu verhindern, wenn dies aber nicht 
tunlich wäre, doch vorzubeugen, dass es zu einem blutigen 
Zusammenstosse komme, eventuell dadurch, dass die Serben 
sich zurückziehen könnten, ohne den Kampf aufzunehmen. Die 
von Serbien an uns eingelangte Antwort scheine die Möglich- 
keit zu bieten, eine Basis für eine Verständigung abzugeben, 
England sei gerne bereit, hiebei in unserem Sinne und nach 
unseren Wünschen seinen Einfluss zur Geltung zu bringen. 
Rb. Nr. 41. ') Wenn Grep den Standpunkt Oesterreich-Ungarns 
verstand, so musste er das nicht nur in Wien, sondern auch in St. Pe- 
tersburg und Paris sagen! Das ist nie geschehen. Im Gegenteil: die 
englische Diplomatie billigte durchaus die russisch-französisch-ser- 
bische Haltung. Wie wir aus Bib. Nr. 12 sahen, beruhigte sie Russland 
und Frankreich durchaus nicht, sondern ordnete sich ihnen in der ser- 
bischen Frage unter. Später ergriff Grep sogar offen für Serbien 
Partei. Grey blieb also in dem eigentlich Österreichisch-serbischen 
Streit durchaus nicht gleichgültig, sondern stärkte die serbische Partei. 
?) Das ist ein Sophismus. Denn es war nicht möglich zu 
sagen: «Wir kümmern uns nur um die Angelegenheit, soweit sie 
europäisch ist!>, ohne sie gleichzeitig damit zu einer europäischen 
zu machen. War Grey wirklich in dem Österreichisch-serbischen Streit
	        
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