228 29. Juli
gerad entweder als genügend betrachte oder aber als Grund-
lage für Besprechungen annehme. Was die Aussprache des
Herrn englischen Staatssekretärs zu Fürst Lichnowsky be-
trifft, möchte die k. und k. Regierung zunächst darauf aufmerk-
sam machen, dass die serbische Antwiortnote keineswegs, wie
dies Sir E. Grey anzunehmen scheint, eine Zustimmung zu
allen unseren Forderungen mit einer einzigen Ausnahme ent-
halte, dass vielmehr in den meisten Punkten Vorbehalte for-
nulliert sind, welche den Wert der gemachten Zugeständnisse
wesentlich herabdrücken. Die Ablehnung betrefife aber gerade
jene Punkte, welche einige Garantie für die faktische Errei-
chung des angestrebten Zweckes enthalten.')
Die k. und k. Regierung kann ihre Ueberraschung über
die Annahme nicht unterdrücken, als ob ihre Aktion gegen
Serbien Russland und den russischen Einfluss am Balkan
treffen wolle, denn dieshätte zur Voraussetzung,
dass die gegen die Monarchie gerichtete
Propaganda nicht allein serbisch, sondern
russischen Ursprungs sei. Wir sind bisher viel-
mehr von der Auffassung ausgegangen, dass das cffizielle
Russland diesen der Monarchie feindlichen Tendenzen fern-
stehe und richtet sich unsere gegenwärtige Aktion ausschliess-
lich gegen Serbien, während unsere Gefühle für
Russland, wie wir Sir E. Grey versichern können,
durchaus freundschaftliche sind.
Im übrigen muss die k. und k. Regierung darauf hin-
weisen, dass sie zu ihrem lebhaften Bedauern nicht mehr in der
Lage ist, zu der serbischen Antwortnote im: Sinne der eng-
lischen Anregung Stellung zu nehmen, da im Zeitpunkte des
hier gemachten deutschen Schrittes der Kriegszustand zwi-
schen der Monarchie und Serbien bereits eingetreten war und
die serbische Antwortnote demnach durch die Ereignisse be-
reits überholt ist.
Die k. und k. Regierung erlaubt sich bei diesem Anlasse
darauf aufmerksam zu machen, dass die königlich serbische
Regierung noch vor Erteilung ihrer Antwort mit der Mobili-
sierung der serbischen Streitkräfte vorgegangen ist und dass
sie auch nachher drei Tage verstreichen liess, ohne die Ge-
neigtheit kundzugeben, den Standpunkt ihrer Antwortnote zu
verlassen, worauf unsererseits die Kriegserklärung erfolgte.
Wenn im übrigen das englische Kabinett sich bereit
findet, seinen Einfluss auf die russische Regierung im Sinne
Rb. Nr. 44. !) Siehe die Gegenüberstellung der serbischen
Antwortnote mit dem Kommentar der Österreichisch-ungarischen Re-
gierung S. 144 ff.