31. Juli 291
Der Deutsche Kaiser an den Kaiser von Russland. ')
Weissbuch, Denkschrift.
Auf Deinen Appell an Meine Freundschaft und Deine
Bitte um Meine Hilfe habe Ich eine Vermittlungsaktion zwi-
schen Deiner und der Oesterreichisch-Ungarischen Regierung
aufgenommen. Während diese Aktion im Gange
war, sind Deine Truppen gegen das Mir ver-
bündete Oesterreich- Ungarn mobilisiert
worden, wodurch, wie Ich Dir schon mitgeteilt habe, Meine
Vermittelung beinahe illusorisch gemacht worden ist. Trotz-
Jemhabe Ich sie fortgesetzt. Nunmehr erhalte Ich
zuverlässige Nachrichten über ernste Kriegsvorbereitungen
auchan Meiner östlichen Grenze. Die Verantwor-
tung für die Sicherheit Meines Reiches zwingt Mich zu
deiensiven Gegenmassregeln. Ich bin mit Meinen
Bemühungen um die Erhaltung des Weltfriedens bis an die
äusserste Grenze des Möglichen gegangen.
Nicht Ich trage die Verantwortung für das Unheil, das jetzt der
ganzen zivilisierten Welt droht. Noch in diesem Augenblick
liegt es in Deiner Hand, es abzuwenden. Niemand be-
droht die Ehre und Macht Russlands, das wohl
auf den Erfolg Meiner Vermittelung hätte warten können. Die
Mir von Meinem Grossvater auf dem Totenbette überkom-
mene Freundschaft für Dich und Dein Reich ist Mir immer
heilig gewesen, und Ich habe treu zu Russland gestanden,
wenn es in schwerer Bedrängnis war, besonders in seinem
letzten Kriege. Der Friede Europas kann von Dir noch jetzt
erhalten werden, wenn Russland sich ent-
schliesst, die militärischen Massnahmen
einzustellen, die Deutschland und Oester-
reich-Ungarnbedrohen.
Der englische Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen, an den
englischen Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey.
Blaubuch Nr. 112.
Berlin.
Nach einer Nachricht, die die deutsche Regierung soeben
von ihrem Botschafter in St. Petersburg erhalten hat, sind
dasgesamte Meer und die ganze Flotte Russ-
lands mobilisiert worden. Der Reichskanzler sagte
mir, (dass die Regierung sogleich die «Kriegsgefahr »
Wb. Denkschrift. !) Dieses Telegramm kreuzte sich mit dem
vorher wiedergegebenen Telegramm des Zaren.
Kaiser Wil-
helm bittet
nochmals drin-
eend um die
Einstellung
der russischen
militärischen
Massnahmen.
Der Reichs-
kanzler erhält
die Nachricht
von der allge-
meinen Mobil-
machung in
Russland und
kündigt Sir
E. Goschen die
bevorstehende
Proklamation
der «Kriegs-
sefahr> an.