Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

31. Juli 293 
  
  
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey, 
an die englischen Botschafter in Paris und Berlin. 
Blaubuch Nr. 114. 
London. 
Ich vertraue immer noch darauf, dass die Lage nicht völlig 
hoffnungslos ist, aber da die Mobilisation Deutschlands bevor- 
steht, ist es für Seiner Majestät Regierung äusserst wichtig, im 
Hinblick auf die bestehenden Verträge, zu fragen, ob die franzö- 
sische (die deutsche) Regierung gewillt ist, die Neutrali- 
tät Belgiens zu achten, so lange als keine andere 
Macht sie verletzt. 
Die gleiche Frage wird an die deutsche (französische) 
Regierung gerichtet. Es ist wichtig, dass eine Antwort bald 
eintrifft. ') 
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey, 
an den englischen Gesandten in Brüssel, Sir F. Villiers. 
Blaubuch Nr. 115. 
  
Londor. 
In Anbetracht der bestehenden Verträge teilen Sie dem 
belgischen Minister des Aeusseren mit, infolge der Gefahr 
eines europäischen Krieges hätte ich die Regierungen Frank- 
reichs und Deutschlands gefragt, ob jede von ihnen die Neu- 
tralität Belgiens achten wolle, solange sie von keiner anderen 
Macht verletzt werde. 
Bib. Nr. 114. ') Hier schneidet Sir Edward Grey selbst die 
belgische Frage an. Man kann dieses Telegramm nicht besser cha- 
rakterisieren, als wenn man mit Dr. Karl Helfferichs vorzüglicher 
Arbeit « Die Entstehung des Weltkrieges usw. >, S. 36, darauf 
hinweist, dass die Petersburger Meldung über die allgemeine Mobil- 
machung als Nr. 113 figuriert und sofort darauf Nr. 114 die obenstehende 
Anfrage enthält. «Also Greys Antwort», schreibt Helfferich «auf die 
russische Mobilmachung war nicht ein Schritt in Petersburg, sondern 
das Aufwerfen der belgischen Neutralitätsfrage in Berlin — die An- 
frage in Paris war selbstverständliich Komödie — um den Aus- 
gangspunkt für Englands Eingreifen zu gewinnen». 
Jetzt wusste Grey, dass der Krieg unvermeidlich war, d. h. un- 
vermeidlich, wenn England nicht in St. Petersburg und Paris erklärte, 
es würde neutral bleiben und somit Russland zum Einlenken zwang. 
Das tat Grey nicht. Er hatte jetzt nur noch einen Gedanken: die <wei- 
tere Entwicklung» herbeizuführen, d. h. den Kriegsgrund zu finden, 
mit dem er das Kabinett und das Parlament zum Eintritt in den Krieg 
veranlassen konnte, zu dem er selbst sich bereits Frankreich gegen- 
über verpflichtet hatte. 
Bei Erhalt der 
Nachricht von 
der russischen 
allgemeinen 
Mobilmachung 
richtet Grey 
die Anfrage an 
Deutschland 
und Frank- 
reich, ob sie die 
belgische Neu- 
tralität achten 
wollen. 
Grey fordert 
Belgien auf, 
seine Neutrali- 
tät auf das 
Aeusserste zu 
verteidigen.
	        
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