l. August 329
tet habe. Da Deutschland von England eine Neutralitätsklausel
verlangt und sie nicht erhalten habe, bliebe die englische Re-
gierung Herrin ihrer Aktion, und diese könne sich in verschie-
denen Hypothesen äussern.
Zunächst sei die belgische Neutralität für England sehr
wichtig. Frankreich hat sogleich das Versprechen, sie zu respeK-
tieren, erneuert. Deutschland erklärte, « nicht in der Lage zu
sein, zu antworten». Sir Edward Grey wird dem Kabinett
diese Antwort vorlegen und die Ermächtigung verlangen, Mon-
tag im Unterhause zu erklären, dass die englische Regierung
keine Verletzung der belgischen Neutralität erlauben wird.
Zweitens sind die englischen Geschwader mobilisiert, und Sir
Edward Grey hat vor, von seinen Kollegen die Erklärung zu
verlangen, dass die Geschwader sich einer
Durchfahrt durch die Meerenge widersetzen
werden oder, falls sie stattfindet, jeder Demonstration an den
französischen Küsten.') Der Kabinettsrat vom Montag wird
über 'diese beiden Fragen verhandeln ; ich bemerkte dem
Ersten Staatssekretär gegenüber, dass, wenn bis dahin irgend
ein Zwischenfall sich ereignete, man sich nicht dadurch über-
raschen lassen dürfe und dass man daran denken müsse,
rechtzeitig zuintervenieren.
Gib. Nr. 126. ') Hiermit tritt England bereits aus seiner Neu-
tralität heraus, ohne dass die belgische Frage damit etwas zu tun hat:
Es verspricht Frankreich die Unterstützung seiner Flotte, d. h. die
Beteiligung an einem deutsch-französischen Kriege. Grey hätte es
zweifellos vorgezogen, erst die Verletzung der beigischen Neutralität
abzuwarten. Diese konnte aber erst nach Ausbruch des deutsch-fran-
zösischen Krieges vor sich gehen. Frankreich war aber angesichts
der offenbaren Schwierigkeiten, die Grey hatte, den Ministerrat mit-
zureissen, damit nicht gedient. Es wollte unbedingt die Zusicherung
der englischen Hilfe haben, ehe es Deutschland eine ablehnende Ant-
wort erteilte. Ohne die Sicherheit der englischen Hilfe wäre Frank-
reich offenbar neutral geblieben. Dieses Dilemma führte wohl auch
Grey zu der sonst unverständlichen Anregung, Frankreich und Deutsch-
land mögen einander bewaffnet gegenüberstehen, ohne loszuschlagen.
(Siehe S. 335 und Anmerkung). Auf das unaufhörliche Drängen
Frankreichs, das auf die Entente Cordiale-Abmachungen pochte, dessen
Neutralität in dem deutsch-russischen Kriege Grep natürlich nicht wollte,
das aber ohne eine englische Zusicherung nicht losschlagen wollte,
musste Grep endlich auf seinen Plan verzichten, die « weitere Ent-
wicklung », die belgische Frage, heranreifen zu lassen. Er musste da-
mit bereits vor dem Ausbruch des deutsch-französischen Krieges, der
allein ja erst die beigische Frage spruchreif machen konnte, Frank-
reich die bewaffnete Unterstützung versprechen. Das hinderte Grep
allerdings nicht, vor dem Tribunal der Oeffentlichkeit die belgische
Frage an den Anfang zu stellen, wie er ja auch darüber hinwegglitt,
dass die belgische Neutralität nie verletzt werden konnte, wenn England
neutral geblieben wäre.
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Grey ver-
spricht, vom
abinettsrat
dieBeteiligung
der englischen
Flotte am
Kriege zu
fordern.