Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

1. August 
337 
tralität Belgiens die Gefühle dieses Landes angeht. Wenn 
Deutschland einen Weg sehen könnte, die gleiche positive Ant- 
wort zu geben, wie diejenige, die von Frankreich gegeben 
worden ist, würde dies wesentlich dazu beitragen, die Be- 
sorgnis und die Spannung hier zu beheben, während es auf 
der andern Seite äusserst schwierig sein würde, die Öffent- 
liche Stimmung in diesem Lande zurückzudämmen, wenn eine 
Verletzung der Neutralität Belgiens durch einen der Käm- 
pfenden stattfände, während der andere sie respektierte. » 
Auf meine Frage, ober unter der Bedin- 
gung, dass wir die belgische Neutralität 
wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neu- 
tralität Grossbritanniens abgeben könne, erwiderte der Mi- 
nister, das seiihm nicht möglich, doch würde diese 
Frage eine grosse Rolle bei der hiesigen öffentlichen Meinung 
spielen. Verletzten wir (die belgische Neutralität in einem 
Kriege mit Frankreich, so würde sicherlich ein Umschwung 
in der Stimmung eintreten, die es der hiesigen Regierung er- 
schweren würde, eine freundliche Neutralität einzunehmen. 
Vorläufig beständen nicht die geringsten Absichten, gegen uns 
feindlich vorzugehen. Man würde dies, wenn irgend möglich, 
zu vermeiden wünschen. Es liesse sich aber schwerlich eine 
Linie ziehen, bis wohin wir gehen dürften, ohne dass man dies- 
seits einschreite. Er kam immer wieder auf die belgische 
Neutralität zurück und meinte, diese Frage würde iedenfalls 
eine grosse Rolle spielen. Er habe sich auch schon gedacht, 
ob es denn nicht möglich wäre, dass wir und Frankreich uns 
im Falle eines russischen Krieges bewaffnet gegenüberstehen 
blieben, ohne uns anzugreifen. Ich frug ihn, ob er in der Large 
reich, wünschte nichts sehnlicher als den Krieg mit 
Frankreich zu vermeiden. Der Deutsche Kaiser selbst erklärte 
dies feierlich am 1. August. Deutlicher selbst als die Dokumente 
des Gib., Bib. und Ob., aus denen der entschiedene Wille Frank- 
reichs, mit Russland und England zusammen den Kampf zu wagen, 
hervortritt, beweisen diese Akten ausserdem, dass Frankreich seinem 
eigenen Willen gehorchend, gegen Deutschlands Willen, in den Krieg 
eintrat, dass damit auch für England, selbst bei bindenden Abma- 
chungen im Falle einer deutschen « Aggression», nicht der Schatten 
einer Verpflichtung zur Unterstützung Frankreichs vorlag. Wie Deutsch- 
land durch die allgemeine russische Mobilmachung zum Kriege mit 
Russland, so wurde es durch Frankreichs und Englands Willen zum 
Kriege mit diesen Mächten gezwungen. Frankreich wollte nicht neu- 
tral bleiben. England wollte nichts tun, um Frankreich die Neutra- 
lität nahe zulegen. Es wollte ferner nichts tun, um selbst vor seinem 
eigenen Gewissen neutral bleiben zu können. Das bewies bereits 
hinreichend Bib. 123. Der Bericht Lichnowskyps über seine Frage, 
ob Grey «unter der Bedingung, dass wir die belgische Neutralität 
wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neutralität Gross- 
britanniens abgeben könne>, bestätigt das. Grey hatte einen Kabi- 
Grey weigert 
sich neutral zu 
bleiben, auch 
wenn Deutsch- 
land Belgiens 
Neutralität 
achtet. 
Grey schlägt 
vor, dass 
Frankreich 
neutral bleiben 
soll.
	        
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