1. August
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tralität Belgiens die Gefühle dieses Landes angeht. Wenn
Deutschland einen Weg sehen könnte, die gleiche positive Ant-
wort zu geben, wie diejenige, die von Frankreich gegeben
worden ist, würde dies wesentlich dazu beitragen, die Be-
sorgnis und die Spannung hier zu beheben, während es auf
der andern Seite äusserst schwierig sein würde, die Öffent-
liche Stimmung in diesem Lande zurückzudämmen, wenn eine
Verletzung der Neutralität Belgiens durch einen der Käm-
pfenden stattfände, während der andere sie respektierte. »
Auf meine Frage, ober unter der Bedin-
gung, dass wir die belgische Neutralität
wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neu-
tralität Grossbritanniens abgeben könne, erwiderte der Mi-
nister, das seiihm nicht möglich, doch würde diese
Frage eine grosse Rolle bei der hiesigen öffentlichen Meinung
spielen. Verletzten wir (die belgische Neutralität in einem
Kriege mit Frankreich, so würde sicherlich ein Umschwung
in der Stimmung eintreten, die es der hiesigen Regierung er-
schweren würde, eine freundliche Neutralität einzunehmen.
Vorläufig beständen nicht die geringsten Absichten, gegen uns
feindlich vorzugehen. Man würde dies, wenn irgend möglich,
zu vermeiden wünschen. Es liesse sich aber schwerlich eine
Linie ziehen, bis wohin wir gehen dürften, ohne dass man dies-
seits einschreite. Er kam immer wieder auf die belgische
Neutralität zurück und meinte, diese Frage würde iedenfalls
eine grosse Rolle spielen. Er habe sich auch schon gedacht,
ob es denn nicht möglich wäre, dass wir und Frankreich uns
im Falle eines russischen Krieges bewaffnet gegenüberstehen
blieben, ohne uns anzugreifen. Ich frug ihn, ob er in der Large
reich, wünschte nichts sehnlicher als den Krieg mit
Frankreich zu vermeiden. Der Deutsche Kaiser selbst erklärte
dies feierlich am 1. August. Deutlicher selbst als die Dokumente
des Gib., Bib. und Ob., aus denen der entschiedene Wille Frank-
reichs, mit Russland und England zusammen den Kampf zu wagen,
hervortritt, beweisen diese Akten ausserdem, dass Frankreich seinem
eigenen Willen gehorchend, gegen Deutschlands Willen, in den Krieg
eintrat, dass damit auch für England, selbst bei bindenden Abma-
chungen im Falle einer deutschen « Aggression», nicht der Schatten
einer Verpflichtung zur Unterstützung Frankreichs vorlag. Wie Deutsch-
land durch die allgemeine russische Mobilmachung zum Kriege mit
Russland, so wurde es durch Frankreichs und Englands Willen zum
Kriege mit diesen Mächten gezwungen. Frankreich wollte nicht neu-
tral bleiben. England wollte nichts tun, um Frankreich die Neutra-
lität nahe zulegen. Es wollte ferner nichts tun, um selbst vor seinem
eigenen Gewissen neutral bleiben zu können. Das bewies bereits
hinreichend Bib. 123. Der Bericht Lichnowskyps über seine Frage,
ob Grey «unter der Bedingung, dass wir die belgische Neutralität
wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neutralität Gross-
britanniens abgeben könne>, bestätigt das. Grey hatte einen Kabi-
Grey weigert
sich neutral zu
bleiben, auch
wenn Deutsch-
land Belgiens
Neutralität
achtet.
Grey schlägt
vor, dass
Frankreich
neutral bleiben
soll.