22. Juli 85
Die Geschichte der letzten Jahre nun, und insbesondere
der schmerzlichen Ereignisse des 28. Juni, haben das Vor-
handensein einer subversiven Bewegung in Serbien erwiesen,
deren Ziel es ist, von der österreichisch-ungarischen Monarchie
gewisse Teile ihres Gebietes loszutrennen. Diese Bewegung,
die unter den Augen der serbischen Regierung entstand, hat
in der Folge jenseits des Gebiets des Königreichs durch Akte
des Terrorismus, durch eine Reihe von Attentaten und durch
Morde Ausdruck gefunden.
Weit entfernt, die in der Erklärung vom 31. März 1909
enthaltenen formellen Verpflichtungen zu erfüllen, hat die Kö-
niglich Serbische Regierung nichts getan, um diese Bewegung
zu unterdrücken. Sie duldete das verbrecheriscdhe Treiben der
verschiedenen gegen ' die Monarchie gerichteten Vereine und
Vereinigungen, die zügellose Sprache der Presse, die Verherr-
lichung der Unheber von Attentaten, die Teilnahme von Offi-
zieren und Beamten an subversiven Umtrieben, sie duldete
eine ungesunde Propaganda im Öffentlichen Unterricht und
duldete schliesslich alle Manifestationen, wieldhe die serbische
Bevölkerung zum Hasse gegen die Monarchie und zur Verach-
tung ihrer Einrichtungen verleiten konnten.
Diese Duldung, der sich die Königlich Serbische Regierung
schuldig machte, hat noch in jenem Moment angedauert, in
dem die Ereignisse des 28. Juni der ganzen Welt die grauen-
haften Folgen solcher Duldung zeigten.
Es erhellt aus den Aussagen und Geständnissen der ver-
brecherischen Urheber des Attentats vom 28. Juni, dass der
Mord von Serajiewo in Belgrad ausgeheckt wurde, dass die
Mörder die Waffen und Bomben, mit denen sie ausgestattet
waren, von serbischen Offizieren und Beamten erhielten, die
der Narodna Odbrana angehörten, und dass schliesslich die
Beförderung der Verbrecher und deren Waffen nach Bosnien
von leitenden serbischen Grenzorganen veranstaltet und durch-
geführt wurde.
Die angeführten Ergebnisse der Untersuchung gestatten
es der k. und k. Regierung nicht, noch länger die Haltung zu-
wartender Langmut zu beobachten, die sie durch Jahre jenen
Treibereien gegenüber eingenommen hhatte, die ihren Mittel-
punkt in Belgrad haben und von da auf die Gebiete der Mo-
narchie übertragen wenden. Diese Ergebnisse legen der k. und
k. Regierung vielmehr die Pflicht auf, Umtrieben ein Ende zu
bereiten, die eine beständige Bedrohung für die Ruhe der Mo-
narchie bilden. |
Um diesen Zweck zu erreichen, sieht sich die k. und K.
Regierung gezwungen, von der serbischen Regierung eine
Die serbische
Regierung dul-
dete die gross-
serbische Pro-
paganda.