Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

222 Dr. Arthur Söhner 
des Mannes aus den Einkünften der Familie nicht mehr mitzubestreiten ist. Immerhin 
kann es aber auch hier Fälle geben, in denen die Gewährung der Unterstützung doch 
angebracht sein wird. Deshalb geben die Worte „in der Regel“ dem Lieferungsverbande 
das Recht, Ausnahmen zu machen und die Unterstützung zuzubilligen, falls das Ein- 
kommen nach TLage der Derhältnisse doch nicht als auskömmlich zu erachten ist. 
Außerdem wird der Lieferungsverband noch allgemein ermächtigt, Unterstützungs- 
anträge, die an sich begründet sein würden, abzulehnen, wenn Tatsachen die Annahme 
rechtfertigen, daß eine Unterstützung nicht nötig ist. Eine erschöpfende Aufzählung 
solcher Tatsachen ist nicht möglich. Als solche werden z. B. in Frage kommen: Dor- 
handensein erheblicheren Dermögens, geringe Zahl der Familienmitglieder (alleinstehende 
Ehefrauen), das Dorhandensein unterstützungspflichtiger und -fähiger Verwandter usw. 
Hat z. B. eine alleinstehende Ehefrau in Orten der Tarifklassen C und D 1150 M. 
Einkommen, so wird sie auskommen können und die Unterstützung nicht bedürfen, 
während einer Frau mit 3 Kindern in diesen Orten bei gleichem Einkommen die Unter- 
stützung zuzubilligen sein wird. — TLebt ferner eine Frau bei ihren Eltern oder 
sonstigen Derwandten oder leben die Eltern eines Eingetretenen bei einem andern 
Kinde, so wird die Unterstützung gegenüber einer Frau oder Eltern mit gleichem Ein- 
kommen, die allein ihre Wirtschaft führen, versagt werden können. 
Bei der Hrüfung werden auch die Einkommensverhältnisse der Verwandten und 
ihre dadurch bedingte Unterstützungsfähigkeit wesentlich ins Gewicht zu fallen haben. 
Ein Unterschied zwischen Familien mit gleichem Einkommen wird ferner auch 
dann gemacht werden können, wenn die eine Familie ihr Einkommen lediglich oder 
zum größten Teil aus Kapital= oder sonstigem Dermögen hat, die andere Familie aber 
nur auf Einkommen aus Arbeitsverdienst angewiesen ist. 
Sache der Lieferungsverbände wird sein, jeden einzelnen Fall genau zu prüfen. 
Daß die Anträge nach gewissen gleichmäßigen Grundsätzen beurteilt werden müssen. 
bedarf keiner weiteren Erwähnung. — Nach Min.-Erlaß vom 30. Junuar 1016. 
Danach sind also jetzt bestimmte Einkommensgrenzen nach der Steuer- 
veranlagung als äußere Merkmale der Bedürftigkeit angenommen. Durch 
den Hinweis auf die Tarifklasseneinteilung der Orte nach dem Besoldungs- 
gesetz für Zeamte wird auch der Derschiedenheit der Lebenshaltung ein 
SIugeständnis gemacht. Gleichwohl bleibt es mit Recht dabei, daß nur die 
Gesamtumstände des einzelnen Falls eine gerechte Beurteilung gestatten. 
In diesem Sinne wurde von den Lileferungsverbänden aber von jebher 
verfahren. „Lassen sich aber die Lieferungsverbände von dem Grundsatz 
leiten, daß jede Engherzigkeit in der Hrüfung der Bedürftigkeit zu ver- 
meiden ist, so werden sie im Einzelfalle die richtige Entscheidung treffen.“ 
F. Die Dauer des Unterstützungsanspruchs. 
a) Der Anspruch auf Kriegsfamilienunterstützung beginnt im all- 
gemeinen mit dem Tage der Einberufung zum Heeresdienst, wobei die 
Seit des Hinmarsches zum Truppenteil in die Unterstützungszeit mit ein- 
gerechnet wird. Der Anspruch selbst entsteht aber erst damit, daß die 
Angehörigen des Einberufenen bedürftig geworden sind. Sumeist trifft 
die Bedürftigkeit mit der Einberufung zusammen; aber wenn das Gehalt 
noch längere Seit voll weitergezahlt wird oder die Familie sonst noch ge- 
nügendes Einkommen hat, so setzt die Unterstützung erst ein, wenn diese 
Einkünfte wegfallen. Don dem Heitpunkt des Beginns der Be- 
dürftigkeit ist auszugeben. Wurde der Antrag auf Unterstützung 
später gestellt, so ist an sich die Unterstützung für die Swischenzeit nach-
	        
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