Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

IX. Die soziale Versicherung und der Krieg 275 
Erwerbstätigkeit durch Tod, Verwundung oder Gefangenschaft gehindert 
werden, während der Dauer des jetzigen Krieges Wochenhilfe aus Mitteln des 
Reichs, sofern sie vor Eintritt in den Kriegsdienst nach der Reichsversicherungs- 
ordnung oder bei einer knappschaftlichen Kasse in den vorangegangenen zwölf 
UMonaten mindestens 26 Wochen oder unmittelbar vorher mindestens sechs 
Wochen gegen Krankheit versichert waren. Die Wochenhilfe besteht in einem 
Suschuß zu den Entbindungskosten in Höhe von 25 Mark, ferner in einem 
Wochengeld von einer Mark täglich für acht Wochen, von denen sechs in die Seit 
nach der Tiederkunft fallen müssen, außerdem in einer Beihilfe bis zu zehn Mark 
für erforderliche Hebammendienste und ärztliche Behandlung. Stillende 
erhalten eine halbe Mark täglich als Stillgeld bis zum Ablauf von zwölf 
Wochen nach der UNiederkunft. Es kann statt der baren Beihilfe freie Ze- 
handlung und Arznei aber nur allen Wöchnerinnen der Kasse allgemein 
gewährt werden. Die Wochenhilfe wird durch die Kasse geleistet, der der Ehe- 
mann angehört oder zuletzt angehört hat. Da die Bekanntmachung ver- 
sicherten Wöchnerinnen, die Anspruch auf das Wochengeld nach der Reichs- 
versicherungsordnung, nicht aber auf die Wochenhilfe nach § 1 der Bekannt- 
machung haben, den Anspruch auf diese Wochenhilfe gewährt, wird anzu- 
nehmen sein, daß sie auch solchen weiblichen Kassenmitgliedern zusteht, deren 
Ehemänner nicht am Kriege teilnehmen, und ebenso ledigen weiblichen 
Kassenmitgliedern. Für diese Mitglieder hat die Kasse aus eignen Mitteln 
die Wochenhilfe zu leisten. 
Ergänzende Bestimmungen enthält eine Derordnung des Bundesrats 
vom 28. Januar 10915. Nach ihr soll auch den Ehefrauen nach der Reichs- 
versicherungsordnung gegen Krankheit nicht versicherter Kriegsteilnehmer, 
die zur Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge gehören und für die nur 
nach der Seemannsordnung und dem BHandelsgesetzbuch der Reeder die 
Krankenfürsorge übernimmt, Wochenhilfe zuteil werden, wenn die Ehemänner 
nicht mehr als 2500 Mark Jahresarbeitsverdienst bezogen. In diesen Fällen 
ist die Gewährung der Seeberufsgenossenschaft und der örtlich der Wöch- 
nerin nächsten Krankenkasse übertragen. Erwähnt sei noch, daß auch solche 
Wöchnerinnen ein Wochengeld beziehen sollen, deren Ehemänner als land- 
wirtschaftlich Zeschäftigte nach der Reichsversicherungsordnung von der 
Krankenversicherungspflicht befreit sind. — ZMach einer weiteren Derordnung 
vom 23. April 1015 wird Woöchnerinnen, die nicht schon auf Grund der 
beiden eben erwähnten Derordnungen Anspruch auf die Wochenhilfe aus 
Mitteln des Reichs haben, diese während der weiteren Kriegsdauer gewährt, 
wenn ihre Ehemänner dem Reiche Kriegs-, Sanitäts= oder ähnliche Dienste 
leisten oder an einer Erwerbstätigkeit durch Tod, VDerwundung, Erkrankung 
oder Gefangennahme verhindert sind und wenn die Ehefrauen minder- 
bemittelt sind, d. h. wenn sie nach dem Gesetz vom 28. Februar 1888/4. August 
1914 über die Unterstützung von Familien in den Heeresdienst eingetretener 
Mannschaften Unterstützung erhalten (vgl. Bundesratsverordnung vom 
21. Januar 1916), oder wenn ihr und ihres Ehemannes Gesamteinkommen 
in dem Jahre oder Steuerjahre vor dem Diensteintritt den Betrag von 
2500 Mark nicht überstiegen hat, oder ihr Einkommen nach der Einberufung 
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