Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

X. 
Die Genossenschaften und der Krieg. 
Don 
A. Crecelins in Berlin. 
A. Wesen, Arten und Bedeutung der Genossenschaften. 
a) Wesen der Genossenschaften. 
Was dem Wirtschaftsleben der letzten 50 Jahre das eigenartige Gepräge 
gibt, ist die große Derbreitung der wirtschaftlichen Unternehmungen in 
der Forom von Gesellschaften. Sie sind entstanden aus dem Zestreben, 
über die Grenzen der Leistungsfähigkeit, die dem einzelnen Menschen gesetzt 
sind, hinauszuwachsen, die Kräfte des einzelnen durch Susammenschluß 
zu vermehren. „VLereinter Kraft gar leicht gelingt, was einer nicht zuwege 
bringt“, sagt ein altes Sprichwort, und die gleiche Erfahrung ist es, die auch 
im Wirtschaftsleben den letzten Grund für die Unternehmung in Gesell- 
schaftsform abgibt. Die gewaltigen KFortschritte der deutschen Dolkswirt- 
schaft auf allen Gebieten sind ohne diesen GSusammenschluß nicht denkbar. 
Man unterscheidet zwei Gruppen dieser gesellschaftlichen Unter- 
nehmungen: die Kapitalgesellschaften und die Dersonalgesellschaften. 
Unter den ersteren versteht man die Gesellschaften, zu deren Errichtung ein 
bestimmtes Mindestkapital gehört und bei denen dieses Kapital die Grund- 
lage des Unternelmens bildet. Die bekanntesten Gesellschaften dieser Art 
sind die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter 
Baftung. Die Aktiengesellschaft wird vornehmlich zu Unternehmungen 
größten Umfangs benutzt; die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird 
angewandt, wenn es sich um Aufbringung kleinerer Kapitalien handelt 
und nur einige wenige Hersonen als Gesellschafter in Betracht kommen. 
Sie muß ein Mindestkapital von 20 O00 M. haben. 
Die Hersonalgesellschaften erheischen ein solches Mindestkapital nicht; 
cs genügt, daß sich mehrere Hersonen — und zwar mindestens sieben — 
zusammenschließen zu einer Genossenschaft. Swar haben auch sie wie 
jedes geschäftliche Unternehmen zur Erreichung ihrer Swecke Geldmittel 
nötig, und die Mitglieder einer Genossenschaft müssen sich mit solchen be- 
teiligen, aber es genügt, wenn sie sich im Laufe ihres Daseins das notwendige 
Kapital beschaffen. Die Beteiligung einer Mehrheit von Hersonen zur 
Erreichung eines wirtschaftlichen Oweckes ist das entscheidende. 
Die Gründer des deutschen Genossenschaftswesens, Schulze-Delitzsch 
und Raiffeisen, sind von der Erwägung ausgegangen, daß weite Kreise
	        
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